Josef und Zacharias – 4. Adventssonntag A

Autorin:
csm_Gabriele_Kraatz_2015-05-13_EBO-MA_137n_fb567737d8Gabriele Kraatz, Dekanatsreferentin in Heidenheim

 
Impuls:
Josef und Zacharias

Liebe Leserin, lieber Leser,
wie viele Eltern erschienen auch die Paare in der Bibel „selten allein“. So soll es sein: sich gegenseitig unterstützen und helfen. Manches Mal kommen wir aber auch nicht zusammen, zu unterschiedlich sind Wert- und Erziehungsvorstellungen.

Wir erleben in der Geburtsgeschichte Jesu zwei Paare, die über ihre Kinder aufeinander bezogen sind: Zacharias und Elisabet – Eltern von Johannes, dem Täufer und Maria und Josef – Eltern Jesu. Damit sind Frauen- und Männerbilder im Fokus der Geschichte um Jesus verbunden. Es lohnt sich, diese miteinander in Beziehung zu setzen und einen Versuch zu wagen, wie Gott wohl auf diese blickt. An diesem Sonntag geht es um Josef, den „Vater“ Jesu – wie auch immer – und den Mann Mariens. Mit ihm schaue ich „nebenbei“ auch auf den anderen Vater und Ehemann Zacharias. Zacharias ist Priester – gehört also zur leitenden Kaste im Judentum, als Einziger darf er „hinter den Vorhang“ im Heiligtum schauen. Und ihm begegnet Gott in Gestalt eines Engels, um ihm die Geburt von Johannes anzukündigen. Und dem, der mit Privilegien all überall ausgestattet ist – als Mann und Priester und Adressat einer Engelvision – nützt dies alles nicht in der Gottesbegegnung. Er widerspricht und bringt Einwände, die für Gott – so müsste er doch wissen – keine sind. Er traut – trotz oder vielleicht wegen allem – seiner eigenen inneren Wahrnehmung nicht. Er scheint zu sagen „Ich weiß es doch besser“ – und prompt folgt auf diesen Hochmut die Konsequenz: Ihm wird – eine Zeit lang – die Stimme genommen. Sprechen sitzt in der Kehle, Kehle bedeutet im Hebräischen auch „Seele“ bzw. ist Sitz der Seele (nefesch), der Lebensenergie. Es ist also kein Zufall, dass gerade das Sprechen, ein zentraler Ausdruck der Seele, verschlossen wird.

Ganz anders Josef. Als einfacher Zimmermann und Galiläer ist er das Gegenstück. Ganz und gar nicht privilegiert und dazu noch taktvoll, denn er will das Mädchen Maria nicht bloßstellen. Auch er erfährt das Privileg, ein Mann zu sein und Gott in Gestalt des weisenden Engels zu begegnen. Aber er begegnet ihm im Traum. Wie anders als Zacharias: Er träumt nicht nur, er erinnert sich an den Traum, als er erwacht und er traut dem Traum und lässt ihn seine Absicht und sein Handeln verändern. Im Schlaf ist die Seele für Bilder und Eindrücke des Größeren besonders offen. Josef nimmt das erst, er widerspricht nicht – im Gegenteil er handelt. Nicht umsonst bezeichnet Sigmund Freud die Träume als Königsweg der Selbsterkenntnis.

Josefs Seele ist geöffnet und berührbar für das Wunderbare – vielleicht gerade, weil er keine herausgehobene Stellung hat, kein großes „ich aber“ ihm im Weg steht. Hier schon zeigt sich, wo Gott steht: Es wird deutlich, dass er die Mächtigen vom Thron stürzen wird und die Niedrigen erhöht. Maria wird später dazu ihr Magnifikat singen.

Wenn wir von Gleichberechtigung der Geschlechter auch innerhalb der Kirche sprechen, geht es nicht ohne die vielen von der Art des Josefs. Von der des Zacharias gibt es bereits genug. Weihnachten ist ein Fest des anderen Menschen- und auch Männerbildes. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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