Maria und Elisabet – wenn man einem Gott ansieht / 4. Adventssonntag C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 1
39 Nach einigen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
40 Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet.
41 Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44 In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
45 Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
46 Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, /
47 und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Autorin:
Margret Schäfer-KrebsMargret Schäfer – Krebs, Pastoralreferentin,
Leiterin des Referates Liturgische Dienste am Institut für Fort- und Weiterbildung der Diözese Rottenburg – Stuttgart

 
Die Predigt:
Maria und Elisabet – wenn man einem Gott ansieht

Liebe Leserin, lieber Leser,
Zuerst eine Vorbemerkung:
Der Besuch Marias bei Elisabet ist ein häufiges Motiv der darstellenden Kunst in unserem Kirchen und auch außerhalb. Von den alten Meistern angefangen bis in unsere Tage setzen sich Künstler mit dieser, einmalig beim Evangelisten Lukas erwähnten, Begegnung der beiden schwangeren Frauen, Maria und Elisabet, auseinander.
Die folgenden Zeilen sind keine Predigt im üblichen Sinn, sondern ein ’Gespräch’ mit diesen beiden Frauen.
Wer dazu ein geeignetes Bildmotiv sucht, wird im Internet leicht fündig, z.B. bei google Bilder. Die Eingabe von „Maria und Elisabet schwanger“ oder „Maria und Elisabet Begegnung“, liefert gute Darstellungen. Besonders empfehlenswert sind folgende Adressen: :http://images.bistummainz.de/19/1822/1/47519382059503209377.jpg

http://www.viereck-kunst.de/index.php/kunst/bildergalerie/gestalten-in-der-bibel/image?format=raw&type=img&id=24 oder
http://www.viereck-kunst.de/ > UV4_6004doc
Uli Viereck, Begegnung

Ein Gespräch:
Maria und Elisabet, zu allen Zeiten habt Ihr das Interesse von Künstlern geweckt. In Kirchen und Kapellen, in Wohnungen und Museen, auf Karten und Andachtsbildern kann man Euch begegnen. Dabei wirkt Ihr meist so anmutig und einladend, dass man sich gerne zu Euch gesellen, Euch lauschen und mit Euch ins Gespräch kommen möchte.

Lukas, der Evangelist erzählt, dass sich bei Euch Erstaunliches zugetragen hat und Euch zugetragen wurde – von einem Engel „Gabriel“, sein Name ist „Kraft Gottes“. Man kann es Euch ansehen, was da geschehen ist. Die gute Hoffnung ist Euch wahrhaft auf den Leib geschrieben. Zacharias, dein Mann, Elisabet, hat als Erster erfahren, dass Du noch Mutter werden sollst nach so langer Zeit vergeblichen Wartens. Das hat ihm die Sprache verschlagen. Wie viele Nächte hast Du wohl gehofft und geweint. Doch jetzt, auf Eure alten Tage, ist Hoch-Zeit, Eure neue hohe Zeit: Du blühst wieder auf. Wahrhaftig, bei Gott ist nichts unmöglich!

Maria, du dagegen bist noch jung. Ansprechbar, offen und empfänglich für Gottes Wort voller Leben und Gnade. Gott war dir so nahe, dass er durch dich Mensch wird,
Gesegnet bist du und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“, das sieht Dir Elisabet an – jetzt da du bei ihr ankommst.
Das ist eine Sternstunde – die Welt sieht anders aus – alte Verheißungen stehen im Raum – ein neuer Horizont tut sich auf.

Behutsam, tastend kommt Ihr einander nahe: Voller Achtung – ohne künstliche Distanz; voller Zärtlichkeit – ohne Euch zu nahe zu treten; voller Verständnis – ohne Euch gegenseitig zu vereinnahmen.
Ihr wisst um Euer Geheimnis und Ihr könnt es Euch anvertrauen ohne Angst vor den Konventionen Eurer Gesellschaft und den Hütern der religiösen Vorschriften.
Auf manchen Bildern sind Eure Kinder zu sehen. Ihr zeigt einander euer Innerstes, so wie es um Euch und Eure Kinder jetzt steht – aber es ist kein Dauerzustand. Die Kinder sind ‚unterwegs’, ihre Zukunft deutet sich an und die Worte des Engels klingen noch nach: Jesus, „er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden“ (Lk 1,32a) – Johannes, „er wird das Volk für den Herrn bereit machen“ (Lk 1,17c). Das ist die Erfüllung alter Verheißungen; die Fülle der Zeit ist gekommen; Gott kommt zu seinem Volk. Es erfüllt sich, was der Engel dir gesagt hat. In ganz neuen Tönen stimmst du deshalb das alte Lied der Hanna (vgl. 1Sam 2,1-10) an:
Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.
Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan
und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht
über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten:
Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
er stürzt die Mächtigen vom Thron
und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben
und lässt die Reichen leer ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an
und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat,
Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.

Dieses Lied ist bis heute nicht verklungen. Wie könnte man auch schweigen von einem Gott, der sich um uns Menschen so annimmt? Ein Gott der Recht schafft, indem er die Gebeugten wieder aufrichtet; der auch die Unangesehenen anschaut und sie so zu angesehenen Menschen macht. Ein Gott der die Verhältnisse wieder ins Lot bringt, auch wenn dabei so manche Kopf stehen. Dein Lied ist das Lied der Erlösten – bis heute. Und bis heute missfällt es all jenen, die sich nicht lösen können von der Gier nach Macht, Geld und Einfluss – und die darin ihre Erlösung sehen. Und weil man jeden Tag vergessen könnte, dass Gott ein solcher Retter ist, deshalb wird dein Gotteslob jeden Tag im Abendlob der Kirche angestimmt; ein Lied gegen das Resignieren und Verzweifeln.
Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter“. Dein Retter wurde auch uns zum Retter, zum Heil – land und Er – löser: ER heilt, ER löst Fesseln und Schuld. Und weil wir auch darin so vergesslich sind, werden uns morgen Nacht die Engel wieder verkünden: dieser Retter – Gott ist auf die Welt gekommen. „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren“ (Lk 2,11).

Maria, immer wieder möchte ich einstimmen in Dein Lied, in Deine Hoffnung und möchte mich anstecken lassen von Deiner Vision. Ich möchte mich anschauen und ansprechen lassen von Gott – wie Du.
Bei Dir und Elisabet möchte ich lernen, offen zu sein für Gott und seine Pläne. Von Euch möchte ich lernen, trotz vieler Widersprüche auf Gottes Zuspruch zu vertrauen und nach meinem Platz in seiner Geschichte mit uns Menschen zu suchen.
Von Euch möchte ich lernen, Wege zu finden, die uns Menschen zueinander führen, auch wenn es dabei Durstrecken wie durch das judäische Bergland, Schwierigkeiten und Sprachlosigkeit gibt. Von Euch möchte ich lernen zu leben und zu lieben.

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3 Antworten auf Maria und Elisabet – wenn man einem Gott ansieht / 4. Adventssonntag C

  1. clara sagt:

    Danke für diese zarten be – rührenden Worte, so kann nur eine Frau empfinden und schreiben…..
    Clara

  2. Magda Hellstern-Hummel sagt:

    Hallo,
    ich bin va auf der Suche nach der Quelle des Bildes von Maria und Elisabeth mit den Kindern im Labyrinth. Wer hat das gemalt? Wo wurde das Bild veröffentlicht?
    Das wäre uns einen große Hilfe!

    • Birgit Droesser sagt:

      Liebe Frau Hellstern-Hummel,
      das Bild stammt von Pastoralreferent Uli Viereck: s. http://www.viereck-kunst.de Auf dieser Website finden Sie unter „Kunst“/Werke/Bibel (anklicken) auch das Bild „Begegnung“.
      Unter der Rubrik Impressum steht unter anderem dieser Hinweis:
      „Downloads und Kopien dieser Seite sind nur für den privaten, nicht kommerziellen Gebrauch gestattet.“
      Herzlichen Gruß
      B. Droesser

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