Liebe Leserin, lieber Leser,
am 6.8. feiert die Kirche jedes Jahr das Fest „Verklärung des Herrn“ und die Welt gedenkt am selben Tag des Abwurfes der ersten Atombombe auf Hiroschima.
Es gibt manchmal Zufälle, die einen nachdenklich werden lassen.
Gemeinsam ist dem Festtag und dem Gedenktag die Erinnerung an ein überhelles Licht, das Menschen in Angst und Schrecken versetzt hat. Gemeinsam ist, dass mit diesem Licht ein neues Zeitalter beginnen sollte.
Wenden wir uns dem christlichen Hochfest zu und lesen wir zunächst das Evangelium:
28 In jenen Tagen nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten.
29 Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß.
30 Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija;
31 sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
32 Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen.
33 Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
34 Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst.
35 Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
36 Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.
Autorin:
Walburga Rüttenauer – Rest,
Bensberg, verheiratet, drei Kinder
Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum
Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde
Die Predigt:
Drei der vier Evangelisten, Markus, Matthäus und Lukas, die sogenannten Synoptiker, erzählen von der Verklärung Jesu auf einem Berg. Doch jeder Evangelist erzählt die Begebenheit etwas anders. Bei allen dreien aber geht dieser Geschichte die erste Leidensankündigung Jesu voraus. Das ist zum Verständnis des Evangeliums sehr wichtig.
Bei Lukas lautet sie so:
Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er wird getötet werden, aber am dritten Tag wird er auferstehen. (Lk 9,22)
Nur bei Lukas erfahren wir, worüber sich Jesus mit Mose und Elija unterhält, nämlich über das bevorstehende Leiden und seinen Tod.
Damit erklärt sich, warum die drei Jünger trotz des strahlendes Lichtes, das von Mose, Jesus und Elija ausgeht, einschlafen. Lukas will an ihren Schlaf auf dem Ölberg, unmittelbar vor der Verhaftung Jesu, erinnern. Die drei von Jesus ausgewählten Apostel erkennen die Bedeutung der Situation weder auf dem Tabor noch auf dem Ölberg .
Sie hätten aus diesem Erlebnis so gestärkt hervorgehen können, dass sie die anderen Jünger und Jüngerinnen bei dem Leidenweg Jesu hätten stützen können. Stattdessen verhalten sie sich auf dem Berg wie Kinder. Sie schließen die Augen und schlafen ein, weil sie nichts über das bevorstehende Leiden Jesu und seinen Tod wissen wollen.
Endlich aufgewacht wollen sie das strahlende Bild ihres Meisters festhalten und sträuben sich, in die menschliche Wirklichkeit herabzusteigen. Erst durch die Stimme aus der Wolke wird ihnen klar, wer Jesus eigentlich ist.
Warum treten während der Verklärung Mose und Elja auf?
Mose, der als einziger Mensch direkten Kontakt mit Gott hatte, kam mit einem so strahlenden Gesicht vom Sinai herunter, als er mit Gott gesprochen hatte, dass das Volk, von Angst erfüllt, verlangte, er solle sein Gesicht mit einem Tuch verhängen. Durch Mose sprach Gott persönlich zu seinem Volk, was durch sein strahlendes Gesicht deutlich wird. So ist auch das strahlende Gesicht Jesu, das nur Lukas erwähnt, zu deuten.
Elija, der mit einem Feuerwagen in den Himmel entrückt wurde ohne zu sterben, wird nach jüdischer Auffassung am Ende der Tage wiederkommen. So ist mit diesen beiden Gestalten angedeutet, dass Jesus wirklich Gottes Sohn ist und sich mit seinem Tod und seiner Auferstehung das Ende der Welt ankündigt.
Seit der Verklärung Jesu sind fast 2000 Jahre vergangen, und das Weltenende ist nicht eingetreten. Stattdessen ist die Welt physikalisch gesehen immer heller geworden, so hell, dass wir nachts die Sterne nicht mehr sehen können, doch menschlich gesehen immer dunkler. Die Menschen haben damit begonnen, sich eine neue Erde zu erschaffen. Da Gott als Schöpfer kaum noch wahrgenommen wird, hat der Mensch keine Skrupel, die Schöpfung zu „verbessern“. Er durchwühlt die Erdkruste nach Wertstoffen, die fast ausschließlich dazu verwandt werden, dass es ihm allein immer „besser“ gehen soll. Die übrigen Lebewesen, Pflanzen wie Tiere, werden dabei kaum beachtet, es sei denn als Experimentierfeld für menschliche Belange.
Besonders viel Energie geistiger wie physischer Art steckt der Mensch aber in die Erfindung immer neuer Waffen. Mit der Erfindung der Atombombe hat der Mensch endlich die Möglichkeit gewonnen, seine eigene Erde soweit zu zerstören, dass dort alles Leben vernichtet wird, wo sie abgeworfen wird. So beherrscht der Mensch die Erde bis zu ihrem Untergang. Die Erfinder der Bombe glaubten, dass sie mit diesem Vernichtungswerkszeug alle Länder der Erde zum Frieden zwingen könnten. Die unsäglich vielen unschuldigen Bewohner von Hiroschima zählten nicht. Sie wurden verrechnet mit den bereits unsäglich vielen Toten, die der 2. Weltkrieg schon gefordert hatte. Dass echter, dauerhafter Frieden nicht mit unvorstellbarem Leid erkauft werden kann, war nicht im Blick der Piloten noch der Befehlsgeber.
Man nannte in Amerika den Tag, an dem die Atombombe abgeworfen werden sollte, voll Hybris den achten Schöpfungstag. Wie Gott waren die Menschen jetzt in der Lage, alles auf unserer Erde zu vernichten.
Wie anders dagegen ist die Schöpfungskraft Gottes, deren Ziel nie der Tod sondern immer das Leben ist.
In unserer Pfarrkirche hängt ein Kreuzweg von Sieger Köder. Zur Station, die von der Begegnung Jesu mit den weinenden Frauen erzählt, hat dieser Künstler die Verklärung Jesu mit dem Abwurf der ersten Atombombe in Hiroschima verknüpft.
Im Begleitheft zum Kreuzweg heißt es:
„Der Maler weitet in dieser Station den Blick hinein bis in unsere Gegenwart:
Das Kreuz, dieses schreckliche Folter- und Vernichtungswerkzeug der Antike, ist im Laufe der Jahrhunderte durch immer effektivere Mordinstrumente ersetzt worden, in denen sich das Vernichtungspotential der Menschheit manifestiert. Die Massenvernichtungswaffen unseres Jahrhunderts sind wie eine letzte Verlängerung des Kreuzesbalkens auf diesem Bild.
Aus diesem Balken und über ihm erhebt sich die Wolke einer Atomexplosion, die mit dem fahlen Licht einer tödlichen Sonne die Szenarien beleuchtet. Wie eine Karikatur der leuchtenden Wolke auf dem Berg Tabor schwebt sie über der Gestalt Jesu“.
Mütter und Kinder aus den verschiedensten Erdteilen der Welt scharen sich um den zum Tod Verurteilten: verstrahlte, vergaste, verhungerte und versklavte Frauen, die vergeblich versuchten ihre Kinder zu retten.
Das Evangelium schließt mit dem Satz: Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.(Lk 9,36) Trauten die Jünger ihren eigenen Augen nicht? Hatten sie Angst, ausgelacht zu werden? Fiel es ihnen zu schwer, in Jesus das wahre Licht der Welt zu erkennen und an ihn zu glauben? Hofften sie, Jesus durch ihr Schweigen vor dem qualvollen Tod bewahren zu können?
Auch in Hiroschima versuchten Überlebende durch Schweigen zu vergessen. Ja, sie wurden von ihren Familien darum gebeten. Diese befürchteten, dass sie dann von anderen Menschen gemieden würden.
Warum, weil sie überlebt hatten? Oder, weil sie das Vergessen verhindern würden? Erst jetzt im Alter drängt es sie, von ihren Erlebnissen zu erzählen, denn sie stellen mit Entsetzen fest, dass die Welt sich nicht geändert hat. Sie hat nichts aus dieser Katastrophe gelernt. Immer noch gibt es Staaten, die kein anderes Ziel haben, als solche Bomben zu besitzen.
Und wir? Wir sehen zu, wenn das Fernsehen vor uns die Bilder des Schreckens aus aller Welt ausbreitet, sind oft geschockt, zucken dann mit den Schultern und schweigen ebenfalls. Der Berg Tabor und Hiroschima erinnern an ein Ereignis, das die Menschheit hätte verändern können.
Warum erheben wir Frauen nicht unsere Stimmen wenigstens auf den verschiedenen Kanälen der neuen Medien?
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Misereor: Bensberger Misereor- Kreuzweg von Sieger Köder, Gebete und Bilderschließung
…weint über euch und eure Kinder… ! Lk 23,28
noch – sind es Frauen, die Kinder gebären,
noch- sind es Frauen, die Söhne und Töchter prägen (bevorzugen,benachteiligen,etc.),
noch- sind es die Einkäuferinnen,die in Deutschland jährlich für ca. 2 Mrd. Euro Nahrungsmittel verrotten lassen,
noch- sind es auch Frauen, die im Haushalt über Handy-Internet-TV-Gebrauch mitbestimmen.
Die Emanzipation der Frau hat das „Hühnerhofsyndrom “ mit seiner Hackordnung noch längst nicht überwunden: Lk 23,28 …!
Vielleicht, weil das Licht am Tabor mal wieder nur die Männer erleuchtet hat ?
Hat das Licht vom Tabor die Männer wirklich erleuchtet? Wer hat die Atombombe erfunden, gebaut, abgeworfen? Sieht so die Erleuchtung der Männer durch das Licht vom Tabor aus?
wow…!
es gab die Zeit, da galt bei den Mädels ein Mann als “ kein Mann „,wenn er nicht zum Wehrdienst/zum Töten taugte.Heute gehen die Töchter dieser „Mädels“ selbst zur Sache, derweil die Söhne sich in der Love-Parade umorientieren.
Ich weiss auch nicht, was unser HERR sich bei dem Schwulen -( und wohl auch Lesben-)-Problem im Vatikan denkt…
Oder können/wollen wir IHN in unserer Angst/Gier einfach nicht mehr „hören “ ?
Danke für diese bedrückend aktuelle Auslegung. So eindringlich.
Birgit