Tun, was mir wirklich wichtig ist – 1. Adventssonntag A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 24
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern – und Jüngerinnen:
37 Wie es in den Tagen des Noach war, so wird die Ankunft des Menschensohnes sein.
38 Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken, heirateten und sich heiraten ließen, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging,
39 und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein.
40 Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen.
41 Und von zwei Frauen, die an derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen.
42 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.
43 Bedenkt dies: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht.
44 Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Autorin:
Dr. Ulrike Altlherr Dr. theol. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in Herrenberg

 
Die Predigt:
Tun, was mir wirklich wichtig ist!

Liebe Leserin, lieber Leser,,
Advent: nun beginnt sie wieder, die Zeit der Plätzchen und des Glühweins, der gemütlichen Teestunden zu Hause, der Weihnachtsmärkte und Weihnachtsfeiern. Trotz Krisen und Sorgen soll es bei uns schön und gemütlich werden. Die biblischen Texte heute haben so gar nichts von „gemütlich“ an sich. Sie sind so etwas wie ein „Wecker“ für uns.

Ein Wecker löst vermutlich zwiespältige Gefühle in Ihnen aus. In aller Frühe reißen Wecker einen aus den Träumen. „Muss das jetzt schon sein?“, denkt man vielleicht im Halbschlaf und stellt das lästige Klingeln oder Piepsen ab. Am liebsten würde man einfach im Bett bleiben und weiterschlafen, aber das geht nicht. Denn und das ist die andere Seite: Wer nicht wach wird und nicht aufsteht, bekommt seinen Tag und sein Leben nicht geregelt. Er oder sie verpasst dann vieles, was wichtig ist. Deshalb braucht es Wecker oder Uhren oder Handys, die wecken.

Manchmal braucht es auch in unserem Leben in Zeiten, die wir wie im Halbschlaf verbringen, in denen wir kaum etwas mitbekommen, so etwas wie Wecker, damit wir wieder voll da sind und reagieren können, merken, was los ist. Ein solcher „Wecker“ ist das heutige Evangelium.

Matthäus spricht von der Ankunft des Menschensohnes. Jesus wird – so ist er überzeugt – wieder auf die Erde kommen. Diese Ankunft wird dann alles ändern. Um zu zeigen, wie einschneidend dieses Ereignis sein wird, erinnert er an die Zeit des Noach und der Sintflut. Die Sintflut, von der im Buch Genesis im Alten Testament erzählt wird, hatte fast alles geschaffene Leben ausgerottet. Am Leben blieb nur, was Noach in seiner Arche mitgenommen hatte. Danach schloss Gott einen Bund mit Noach und ermöglichte so einen gänzlichen Neuanfang.

Dies alles hören die Gemeindemitglieder des Matthäus, für die er sein Evangelium geschrieben hat, mit. Also erfahren sie: Wenn der Menschensohn kommt, wird das mindestens so einschneidend für sie und die Welt sein, wie damals die Sintflut. Matthäus sagt ihnen, sie sollen nicht denselben Fehler machen, wie die Menschen zur Zeit des Noach, die sich ganz in ihrer Welt einrichteten und nicht mehr bedachten, dass es noch etwas darüber hinaus geben könnte: sie „aßen“, „tranken“ und „heirateten“. Essen, trinken und heiraten sind ganz normale Dinge, die Menschen tun. Sie sind ganz gewiss nicht schlecht. Aber Matthäus will seiner Gemeinde und sicher auch uns sagen: dies ist nicht alles. Es gibt noch Wichtigeres. Geht nicht ganz darin auf.

Auch in unserer Zeit essen, trinken und heiraten die Menschen, als ob es mit der Welt immer so weiterginge wie bisher. Vielen ahnen jetzt, dass man angesichts von Krieg in der Ukraine und anderswo, der Energie- und Klimakrise wirklich etwas tun muss, ganz anders leben müsste. Aber die wenigsten ziehen wirklich Konsequenzen daraus.
Dennoch: einschneidende Veränderungen erfordern wache Aufmerksamkeit und Vorbereitung.

Auf so eine einschneidende Änderung wie das Kommen des Menschensohnes muss man vorbereitet sein. Wichtig ist es auf jeden Fall: wachsam sein, gerüstet sein, weil es überhaupt nicht berechnet werden kann, wann der Menschensohn kommen wird. Den Zeitpunkt legt Gott ganz allein fest. Alle Berechnungen und Spekulationen darüber sind müßig.

Was aber bedeutet wachsam sein? Muss ich jetzt immer auf dem Sprung sein, über alles, was so vorgeht in meiner Umgebung und in der Welt Bescheid wissen oder wie wild tätig werden, um genügend Gutes getan zu haben, wenn er kommt?

Ein erster Antwortversuch ist: Tu das Deine! Wir sind aufgefordert, das zu tun, was wir können. Das mag für den einen viel für den anderen wenig sein. Es braucht aber vor Gott niemand mehr zu leisten, als er oder sie kann. Niemand braucht die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern zu tragen, sondern, dann wenn er oder sie das seine/das ihre getan hat, kann er/sie sich Gott anvertrauen.

Ein anderer Antwortversuch, der in die gleiche Richtung geht, lautet: Nichts aufschieben.
Wie oft meinen wir: Das kann ich immer noch tun. Irgendwann möchte ich mir für den oder jenen Menschen Zeit nehmen oder für Gott oder für mich selber. Meist tun wir es nicht, weil ja so viel anderes zu tun ansteht. Und für manches ist es dann irgendwann zu spät. Wie oft höre ich im Krankenhaus: „Wir hatten noch so viel vor, wir wollten noch verreisen und haben es immer auf den Ruhestand verschoben und jetzt ist mein Mann krank und es geht nicht mehr.“
Vieles geht auch in der allerletzten Lebenszeit noch, Reisen zwar meist nicht mehr, aber sich aussprechen, sich freuen, dass die Familie da ist, etwas zum Essen oder Trinken genießen. In Gesprächen mit schwerkranken Menschen war ich oft sehr berührt über die Antworten auf die Frage: Was macht Ihnen noch Freude, was können Sie sich noch Gutes tun oder erleben?

Vielleicht will uns dieses Evangelium aufrütteln, jeweils das zu tun, was uns wirklich wichtig ist, so zu leben, dass man keine unerledigten Dinge mit sich herumschleppt. Vielleicht ist das ein bisschen so, wie wenn man seine Wohnung immer soweit aufgeräumt hat, wie man sich selber wohlfühlt. Dann muss man keine großen Aktionen machen, wenn unverhofft Besuch kommt. Wer so lebt, dass er immer mit sich im Einklang ist, der ist auch auf einen unverhofften Besuch des Menschensohns vorbereitet.

Ein Drittes ist noch wichtig: Wachsam sein heißt prä-sent sein. „Präsent“ heißt ja gegenwärtig. Wachsam sein heißt: im Hier und Jetzt leben, und nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Präsent sein, heißt mitbekommen, was heute nötig ist. Mir zumindest gelingt das manchmal besser, manchmal schlechter, je nach Tagesform. Schlechter dann, wenn ich mit allem möglichen eigentlich Unwichtigen oder mit mir selber beschäftigt bin, besser, wenn ich mit mir im Reinen bin und das Vielerlei, das im Letzten nicht so wichtig ist, lassen kann.

Ich weiß nicht wie es Ihnen da geht. Sehen, hören, spüren Sie, was los ist, jeweils im Augenblick, mit den Menschen um Sie herum. Merken wir, was in unserer Zeit, in unserer Welt dran ist?…..
Merken wir, was los ist, um dann jeweils als Mensch und Christ so zu handeln, wie es gut ist für mich, für meine Umgebung und die Welt ist. Das ist es, was Gott von uns will.

Sind wir aufgeweckte Christenmenschen oder eine verschlafene Gesellschaft?

Der Wecker klingelt
Wie immer viel zu früh.
Ich schrecke auf.
Was? Schon aufstehen?
Jetzt wäre es doch noch so kuschelig warm im Bett.
Die Versuchung ist groß: Wecker ausmachen, sich umdrehen, weiterschlafen.

Der Advent beginnt.
Wie immer viel zu früh.
Ich schrecke auf.
Was? Sich vorbereiten auf die Ankunft Jesus?
Jetzt wäre es doch noch so gemütlich im Trott des Alltags.
Die Versuchung ist groß: weghören, nicht zur Kenntnis nehmen, weiterschlafen.

Stehe ich auf?

Amen!

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