Auf, hinter ihm her! – 12. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 9
In jener Zeit
18 betete Jesus für sich allein und die Jünger – und Jüngerinnen – waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute?
19 Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
20 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Christus Gottes.
21 Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen.
22 Und er sagte: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tag auferweckt werden.
23 Zu allen sagte er: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
25 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt?

Autorin:
Birgit 2022 001 (4)Birgit Droesser, Pastoralreferentin a.D. der Diözese Rottenburg-Stuttart, jetzt im Gemeindeteam und PGR von St. Bruno und Heidingsfeld, Würzburg

 
Die Predigt:
Auf, hinter ihm her!

Liebe Leserin, lieber Leser,
nach einer langen Unterbrechung der Fasten- und Osterzeit, nach Pfingsten und Fronleichnam sind wir wieder zurück im Lukasevangelium. Wir schauen und hören auf Jesus, wie er uns in der Darstellung des Evangelisten gegenübertritt.

Das Reich Gottes kommt bald
Es ist erstaunlich: Da sind schon ungefähr 40 Jahre seit dem Tod und der Auferweckung Jesu verstrichen, bis Lukas sein Evangelium niederschreibt. Jesus selber und sein Schülerkreis hatten mit vielen Zeitgenossen das nahe Ende der Welt erwartet. Obwohl es bis zur Niederschrift des Evangeliums – und bis heute nicht – nicht eingetroffen ist, streicht Lukas diese Erwartung nicht heraus. Er erzählt, wie es die Jünger erlebt haben, als Jesus noch bei ihnen war. Nach allgemein jüdischer Vorstellung damals wie heute kommt der Messias am Ende der Zeit, wenn das Reich Gottes alle Gewalt und alles Unrecht ablöst, und mit seinem Kommen ist auch die Wiederkunft des großen Propheten Elia verbunden – es gibt den Brauch, dass man bei einem Festmahl immer einen Stuhl für ihn freihält – und das spiegelt sich in unserem Evangelium. Viele Leute hielten Jesus aus eben diesem Grund für Elia, andere für den auferstandenen Propheten Johannes oder einen der anderen großen Propheten. Jesus fragt seine Schülerinnen und Schüler: Und ihr? Und Petrus antwortet für alle: Du bist es selbst, der Gesalbte Gottes, auf lateinisch der Christus, auf hebräisch der Messias. Und damit ist für Petrus die Überzeugung verbunden: Jetzt kommt die neue Welt, jetzt wird alles gut.

Und wieder ganz anders
Aber wieder einmal kommt es ganz anders. Man muss tief durchatmen. Das ist wirklich hart. Kein Wunder, dass die Jünger schweigen sollen. Nichts von Gottes neuer Welt: Denn der Christus wird einen schweren Weg gehen müssen. Verfolgt von der Tempelobrigkeit wird er leiden und sterben müssen. Die Auferweckung am dritten Tag steht als Hoffnung erstmal nur am Horizont. Was für die Jünger noch Zukunft war, die niemand vorhersehen konnte, ist für Lukas das alles entscheidende Ereignis, das alles gewendet hat. Jesus lebt. Wir wissen von ihm, wie gut Gott zu uns ist; wir sind in der Kraft des heiligen Geistes aufs Engste mit ihm verbunden.

An Jesus glauben und zu ihm halten
Aber: Wer seine Taufe ernst nimmt und zu Jesus, dem Christus und Heiland halten will, soll ihm nachfolgen. Und Nachfolge definiert Jesus so: hinter ihm hergehen, in seinen Fußstapfen gehen, also nichts anderes als den Weg der Entbehrungen und des Leidens nicht scheuen. Sich selbst verleugnen, d.h. die eigenen Interessen hintanstellen und täglich das Kreuz der Jesusnachfolge auf sich nehmen.

Oft haben wir es so gehört und verstanden, dass dies bedeutet, das eigene Lebensschicksal, besonders mit seinen Tiefen, anzunehmen und geduldig zu ertragen. Allerhöchster Respekt vor jeder und jedem, die im festen Vertrauen auf Gott ihren persönlichen Lebens- und Leidensweg gehen. Aber das ist hier n i c h t gemeint. Es geht um die Herausforderung, Schüler und Schülerin Jesu zu sein und mitzuhelfen, dass das Evangelium andere erreicht und Gottes menschenfreundlichen und gütigen Willen auf Erden geschehen lässt. Wir sollen uns dafür einsetzen, dass Menschen von Gott erfahren und dass seine Liebe gelebt wird. Dazu müssen wir aber selber das Evangelium immer besser kennenlernen und dann uns fragen, was es für jede und jeden von uns bedeutet: hinter Jesus hergehen.

Frauenprotest
Für uns Frauen ist das nichts Besonderes. Wir sind es gewohnt, dem Beruf, der Familie, den Kindern den Vorrang zu geben und alles, nur nicht die eigenen Bedürfnisse, unter einen Hut zu bringen. In anderen Kulturen ist es noch viel ausgeprägter, das Hinterhergehen. Sehr ausgeprägt auch in unserer Kirche!! Wir Frauen sind dann gefragt, wenn die Amtsstrukturen zusammenbrechen, wenn es immer weniger Priester und Diakone gibt, aber auch immer weniger Pastoral- und Gemeindereferenten und Referentinnen, wenn noch dazu das Geld versiegt. Dann kommt der Ruf nach dem Ehrenamt, das selbstverständlich nicht nur, aber überwiegend von Frauen ausgefüllt wird. Da müssen wir als Frauen vorsichtig sein. So schön es ist, dass Laien und damit auch uns Frauen in der Kirche jetzt endlich die Verkündigung, die Leitung von Gottesdiensten und auch Beerdigungen zugetraut wird, zu allen anderen Diensten dazu und oben drauf, sollten wir uns immer wieder fragen: Ist es das, was auch ICH will, ist es das, was zu mir passt. Oder besser und evangeliumsgemäßer gefragt: Ist es das, was Jesus von MIR will, was mich in meiner Entwicklung und in meinem Christsein weiterbringt; soll ich so hinter ihm hergehen? Protest müssen wir einlegen, wo die Energie und der Idealismus von Ehrenamtlichen und insbesondere Frauen verheizt wird, nur weil die Strukturen bis zum Zusammenbruch nicht verändert werden. Die neuesten Äußerungen des hoch geschätzten Papstes Franziskus sind leider in dieser Richtung sehr entmutigend. Er sagte in einem Interview in den letzten Tagen: es sei gefährlich, wenn der Reformprozess in Deutschland unter äußerem Druck zustande käme und von theologischen Eliten gesteuert würde. Da fragt man sich schon, welche Informationsquellen der Papst eigentlich hat, ob sein Bild von der Kirche in Deutschland auch nur annähernd mit der Wirklichkeit übereinstimmt!

Gehen oder Bleiben
Es gibt viele nachvollziehbare und gewichtige Gründe, weshalb jemand die Kirche verlässt. Und natürlich kann ich auch außerhalb mich an Jesus orientieren und ihn lieben, seine Werte leben in meinem privaten Umfeld und in den vielen Organisationen der Zivilgesellschaft. Mein Weg ist es nicht, weil mir die Menschen in meiner Gemeinde zu wichtig sind, weil ich die Gemeinschaft mit ihnen suche und auch weil ich nicht wüsste, wo ich sonst immer wieder mit dem Evangelium konfrontiert werden würde. Wir müssen uns entscheiden. So oder so sind wir auf jeden Fall aufgefordert, uns für Jesus zu entscheiden und als Christin und Christ in seine Fußstapfen zu treten, ernst zu machen mit seinem Vorbild, von ihm zu lernen. Und das bedeutet schon, das eigene angenehme Leben nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern mich herausfordern zu lassen, mitzuhelfen, ja, um es deutlich zu sagen, anderen zu dienen.

Da kann nach meiner Erfahrung die christliche Gemeinde eine große Stütze sein. Dort triffst Du, treffen Sie, gleichgesinnte Menschen, die auf dem Weg sind, wie man selber auch. Das Leben wird so viel schöner und reicher, wenn man mit anderen seinen Glauben leben kann und sich am Besten in kleinen Gruppen mit ihm auseinandersetzen kann. Hier findet man Anschluss oder kann anderen die Möglichkeit geben, Anschluss zu finden; keiner müsste einsam sein, der seine Wohnung noch verlassen kann. Hier kann man sich einbringen, persönliche Enttäuschungen verarbeiten, immer wieder etwas auf die Beine stellen und viel Freude erleben. Hier geht es auch um eine reiche Kultur und Geschichte, um so viel Mehrwert.

Was willst Du heute von mir?
In unserer Kirche ist die Seitenkapelle der heiligen Edith Stein geweiht, St. Teresia Benedicta a Cruce. So ist sie uns besonders präsent. In einem Brief an eine Schülerin gibt sie einen wichtigen Rat sinngemäß so: Wenn du morgens aufwachst und aus dem Bett springen willst, halte ein. Gib dir einen Moment Zeit, überdenke den kommenden Tag und frage Jesus, was heute vor allem für dich wichtig ist, was Er von dir will. Noch besser wäre es, eine Zeit der Stille mit ihm zu verbringen. Dann würde sich vieles ändern. Auf jeden Fall gilt für uns Christinnen und Christen: Auf, ihm nach! Amen

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