Vertrauen, dass Gott da ist – Palmsonntag C 2022

Zur Feier des Einzugs Christi in Jerusalem
Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 19
In jener Zeit
28 ging Jesus nach Jerusalem hinauf.
29 Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus
30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet das Fohlen los und bringt es her!
31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es.
32 Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte.
33 Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr es los?
34 Sie antworteten: Weil der Herr es braucht.
35 Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf.
36 Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus.
37 Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie gesehen hatten.
38 Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!
39 Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht!
40 Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Autorin:
Greiner-Jopp Gabriele 2017Gabriele Greiner-Jopp, lebt in Wendlingen, war als Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin und Geistliche Begleiterin tätig

 
Die Predigt:
Vertrauen, dass Gott da ist

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts“ heißt eine Erkenntnis von Sören Kierkegaard. Jesus tut das – das Leben vorwärts leben – als er in Jerusalem einzieht. Er sucht die Entscheidung für seine Botschaft in der heiligen Stadt. Das Wort Jerusalem setzt sich zusammen aus „jerusal“, das bedeutet: dort wohnt Gott“ und „Shalem oder Shalom“ und das bedeutet: Das Ganze, die Einheit.

Jesus zieht also ein in das Zentrum der Welt; dorthin wo das Wesen Gottes und die Erscheinung in der Welt zusammenfallen, eine Einheit bilden. Hier muss sich entscheiden, was seine Botschaft vom Reich Gottes zählt. Was es für das Leben der Menschen, damals und heute heißt, dass Gott da ist, denn so lautet übersetzt der Gottesname JAHWE: Ich bin da. Dass wir bis heute vom Einzug in Jerusalem erzählen, hat damit zu tun, dass wir das Leben nur rückwärts verstehen können. Also hier von Ostern her, der Auferstehung Jesu. Wäre Jesus nicht auferstanden, wäre sein Einzug in Jerusalem bedeutungslos und würde nicht bis heute gefeiert.

Wir befinden uns am Beginn einer entscheidenden Woche, die deshalb auch „Heilige Woche“ genannt wird, weil sie, bei allem Schrecken der noch kommt mit Gefangennahme, Verurteilung und Tod, doch darauf ausgerichtet ist unser Leben heil und ganz werden zu lassen. Darauf deutet der Name Jerusalem hin. Schauen wir uns also die Bilder genauer an und deuten diejenigen, die zum Einzug in Jerusalem gehören, damit wir besser verstehen, worum es geht.

Jesus zieht ein als Sohn Davids – als Geliebter Sohn. Das bedeutet übersetzt das Wort David: der Geliebte. Dieser geliebte Sohn will auf einem jungen Esel reiten – dazu schickt er zwei Jünger in ein Dorf voraus. Der Esel ist in der Bibel ein wichtiges Tier. Zum einen trägt er geduldig und ausdauernd schwere Lasten, zum anderen erkennt er Gefahren auf dem Weg oft schneller und besser als Menschen. Deshalb steht der Esel hier für das, was uns durchs Leben trägt und uns dient. Dass es ein Füllen, ein junger Esel sein muss kann heißen, dass hier – mit dem Einzug – etwas Einmaliges, so noch nie dagewesenes, etwas Neues beginnt.

Auch das Dorf, in dem der junge Esel angebunden ist, hat eine Bedeutung: Im Unterschied zu einer Stadt, in der das Gefühl herrscht, in der Menge alles erreichen zu können, wird der Begriff „Kfar“= Dorf gleich geschrieben wie „kipur“= versöhnen. Das Dorf kfar söhnt mich aus mit meiner eigenen Person, mit meiner Einmaligkeit. Ausgesöhnt mit sich selbst, getragen von dem was ihn als Mensch ausmacht, so zieht Jesus in Jerusalem ein.

In den Hosanna-Rufe verbirgt sich das Wort „hoschana“ und das bedeutet: helfen, retten. Im Namen „Jehoschua“, wie Jesus hebräisch ausgesprochen wird, steckt es ebenfalls: Gott = Jehova rettet. Je-hoschua
Darum geht es im gesamten Neuen Testament und besonders in dieser hl. Woche, die wir heute beginnen: Dass Gott rettet und wodurch wir gerettet werden. Wie Jesus retten wir unser Sein, indem wir vertrauen, dass Gott da ist.

Jesus zieht zum Tempel. In den Tagen nach dem Einzug sucht er dort die Entscheidung mit den religiösen Führern. Auf Hebräisch heißt Tempel „Beth ha Mikdasch“ = das Haus, das ganz und heilig ist. Immer geht es also um das Ganz- und Heil werden des Menschen. Es geht darum in Übereinstimmung mit dem zu leben, wer wir sind und wie Gott uns geschaffen hat. Das ist unsere Rettung. Das wird der Tod nicht zerstören können. So wenig wie er es bei Jesus zerstören konnte.

Was in Jerusalem geschieht, wird Jesus nicht Schmerz, Angst und Leiden ersparen, so wenig wie uns im Leben Leid, Krankheit, Verlust und Tod erspart bleiben. Aber die Passionswoche kann uns daran erinnern, dass Leid und Leidenschaft zusammengehören, zumindest im Wesen verwandt sind, so, wie der Begriff „Passion“ zwei Bedeutungen hat. Von Gott her, der uns retten will, wird das Leid und wird der Tod nicht das letzte Wort haben. Wenn wir heute in einer Woche Ostern feiern und feiern, dass Jesus den Tod überwunden hat, vertrauen wir darauf und glauben daran, dass das Leben ewig ist und nicht der Tod.

Wenn wir gleich die grünen Zweige segnen, erinnern sie uns daran, dass in unser Herz, in unser ganzes Sein das Leben gelegt ist; sie erinnern uns daran, dass sich Leben wandelt, verschiedene Formen annimmt und letztlich nicht zerstört werden kann. In diesem Vertrauen könnten wir mutig vorwärts leben. AMEN

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