Worauf sollen wir hören? – 2. Fastensonntag c

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 9
In jener Zeit
28b nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um zu beten.
29 Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß.
30 Und siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija;
31 sie erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.
32 Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen.
33 Und es geschah, als diese sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
34 Während er noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten.
35 Da erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
36 Während die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter, Gemeindereferentin in Filderstadt-Bonlanden

 

    Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?
    So viele Geräusche, welches ist wichtig?
    So viele Beweise, welcher ist richtig?
    So viele Reden!
    Ein Wort ist wahr.

    Wohin sollen wir gehen, sag uns, wohin?
    So viele Termine, welcher ist wichtig?
    So viele Parolen, welche ist richtig?
    So viele Reden!
    Ein Weg ist wahr.

    Wofür sollen wir leben, sag uns, wofür?
    So viele Gedanken, welcher ist wichtig?
    So viele Programme, welches ist richtig?
    So viele Fragen!
    Die Liebe zählt.
    Quelle: Lothar Zenetti, nach Gotteslob von 1974, Nr 623

Die Predigt:
Worauf sollen wir hören?

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Worauf sollen wir hören – sag uns worauf?“

Die Zeilen dieses Liedes von Lothar Zenetti kamen mir bei der Vorbereitung auf die heutige Lesepredigt in den Sinn. Sie passen sehr gut auf das Verhalten der Jünger im Bibeltext. Seit fast drei Jahren sind die Jünger mit Jesus in Galiläa und Samarien unterwegs. Sie haben hautnah erlebt, wie er Menschen heilt, vom Reich Gottes erzählt, Brot mit vielen Menschen teilt, den Sturm stillt und so manche Streitrede mit Pharisäern und Schriftgelehrten geführt hat. Und doch fragen sie sich immer wieder: „Worauf sollen wir hören sag uns worauf“ – ihr Vertrauen wird immer wieder auf die Probe gestellt, denn Jesus handelt, redet und lebt so ganz anders als andere Propheten und Schriftgelehrte zu allen Zeiten.

Die Jünger fragen sich vielleicht auch: „wohin sollen wir gehen, sag uns wohin“, als Jesus sie zu zweit losschickt und sie ihre eigenen Erfahrungen machen, wie es ist, von Gott in dieser Welt zu erzählen. Die Erlebnisse werden sicher nicht immer schön gewesen sein. Wer vertraut schon einem unbekanntem Menschen ohne Vorratstasche, Wanderstab, Geld und Ersatzkleidung?

Immer wieder zieht sich Jesus mit seinen Freunden zurück. Er will ihnen eine kleine Auszeit verschaffen, Zeit geben auszuruhen, das Erlebte zu verarbeiten und Kraft zu tanken für ihren Auftrag, den Menschen vom Reich Gottes zu erzählen. Auch Jesus braucht diese Auszeit. Er zieht sich von seinen Freunden zurück um zu beten, in Kontakt mit Gott zu sein, Zwiesprache mit ihm zu halten. So erzählt es auch der heutige Bibeltext.

Er geht jedoch nicht ganz alleine. Er nimmt drei Jünger mit. Es sind Petrus, Jakobus und Johannes.
Diese drei nehmen immer wieder eine Sonderrolle unter den Jüngern ein.
Sie werden auch mit Jesus im Garten Getsemani ein Stück weiter hineingehen, als die anderen Jünger.
Und das ist nicht die einzige Parallele zwischen der Erzählung von der Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor und dem Gebet im Garten Getsemani.
Jesus betet und die Jünger sind eingeschlafen.
Im Gebet tauscht er sich aus mit Mose und Elija, wie es im Bibeltext heute zu hören war.
Mose ist Sinnbild für das Gesetz Gottes an uns Menschen und Elija für die Propheten, die immer wieder den Menschen das Handeln Gottes nahe bringen wollen.
Das Gebet wirkt nicht sehr trostbringend. Es hat die nahe Zukunft und den Tod Jesu in Jerusalem im Blick.
Auch hier wieder eine Parallele zum Gebet am Ölberg.

Die Jünger bekommen von all dem nichts mit. Sie sind eingeschlafen. Sie haben den Anschluss verpasst.

Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie aus dem Schlaf aufschrecken und die Situation eine ganz andere ist, als sie eingeschlafen sind? Da kann ich ganz gut nachvollziehen, dass die Jünger in Aktionismus verfallen.
Wir wollen drei Hütten bauen, sagt Petrus. Aber wozu?

Wenn von einem Berg in der Bibel die Rede ist, dann kommen Menschen, die mit der Bibel vertraut sind, sofort Assoziationen mit „Gottesbegegnung“ in den Sinn. Solch eine Begegnung war prägend für Mose und für Elija. Auf einem Berg ist man Gott und dem Himmel ganz nahe. Warum sollte man dann eine Hütte bauen und die Weite des Himmels ausschließen? So schließt der Evangelist Lukas auch gleich den Nachsatz an er (Petrus) wusste aber nicht, was er sagte.

Um die Verwirrung komplett zu machen, erscheint eine Wolke und wirft ihren Schatten auf die beteiligten Personen. Aus dieser Wolke ist eine Stimme zu hören: Dieser ist mein auserwählter Sohn – auf ihn sollt ihr hören. Dieses Zitat spielt ein paar Jahre zuvor bereits eine große Rolle. Als Jesus zu Johannes dem Täufer an den Jordan kommt um sich taufen zu lassen, berichten die Evangelien übereinstimmend von der Stimme von oben, die eben genau davon spricht: Dieser ist mein geliebter Sohn – auf ihn sollt ihr hören.

„Worauf sollen wir hören – sag uns worauf?“
Dieser ist mein geliebter Sohn – auf ihn sollt ihr hören.
Damit ist eigentlich alles gesagt – eigentlich.

„Worauf sollen wir bauen – sag uns worauf?“ Die Freunde von Jesus sind verunsichert, haben Angst und bekommen den Mund nicht mehr auf – sie schweigen über das, was sie gesehen haben, formuliert Lukas.

Natürlich sind diese Texte erst nach Ostern aufgeschrieben worden. Die Evangelisten waren Kenner der Schriften und sicher auch teilweise Künstler der Poesie. So können wir die Parallelen zwischen der Taufe Jesu und dem Geschehen am Berg Tabor, oder dem Gebet im Garten Getsemani erkennen. Für mich und für uns stellen sich dieselben Fragen wie für die Jünger:

„Worauf sollen wir hören – sag uns worauf“
Gerade in der momentanen Situation stelle ich mir die Frage. Wir erleben den Krieg in der Ukraine, sehen die Bilder von Zerstörung und Leid eines Volkes und sind macht- und sprachlos. Mächtige Menschen „rasseln mit den Säbeln“, spielen nicht nur Krieg, sondern führen Krieg gegen Menschen, nehmen in Kauf, dass Menschen sterben. Das ist nicht nur in der Ukraine so, das gilt auch für alle anderen Kriege. Menschenleben sind ihnen nicht wichtig, sie zählen nicht. Das Programm, die eigene Überzeugung ist wichtig.

„Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?“
Für viele Menschen auf der Welt gibt es momentan nur eine Möglichkeit. Sie müssen ihr Land, ihre Heimat verlassen, weil es keine Zukunft für sie dort gibt. Sie sind auf der Flucht – aus Afghanistan, Syrien, dem Libanon, Gambia, Nigeria, der Ukraine und vielen anderen Ländern. Welches Leben erwartet sie an ihrem Zufluchtsort? Wie nehmen die Menschen sie auf, welche Chancen haben sie?

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Umkehr, der Besinnung. Wir bereiten uns auf das Osterfest vor. Es ist eine Chance, mein Leben, mein Denken und Handeln in den Blick zu nehmen und da zu verändern, wo es Veränderung braucht.

„Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?
Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?
Wonach sollen wir leben, sag uns wonach?“

Vielleicht können uns diese drei Fragen begleiten.
Und vielleicht kann die letzte Zeile des Liedes uns Orientierung sein: „Die Liebe zählt!“

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