Nein zum Krieg – 1. Fastensonntag C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 4
In jener Zeit
1 kehrte Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, vierzig Tage lang,
2 und er wurde Jesus vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn.
3 Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.
4 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
5 Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises.
6 Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will.
7 Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.
8 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
9 Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab;
10 denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten;
11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, /
damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
12 Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.

Autorin:
burstDr.theol. Rose Kaufmann, lebt und arbeitet in Böblingen

 
Die Predigt:
Nein zum Krieg

Liebe Leserin, lieber Leser,
seit letzter Woche haben wir Krieg in Europa. Fassungslos sitzen wir vor dem Fernseher und schauen ohnmächtig zu, wie ein Krieg über die Ukraine hereinzieht. Städte werden bombardiert und eingenommen, Soldaten und Zivilisten werden getötet. Viele Menschen sind auf der Flucht, um ihr Leben zu retten. Hilflosigkeit angesichts dieser Gewalt macht sich breit. Was hätte getan werden können, um einen solchen Krieg zu verhindern? Ängste kommen hoch. Werden auch wir in den Krieg hineingezogen? So erbärmlich ist ein Krieg, in dem tausende Menschen unermesslich leiden, verletzt werden und zu Tode kommen und es gibt keine sinnvolle Antwort auf das Warum.

Ist es angesichts des Schreckens, den ein Krieg auslöst, überhaupt möglich, sich jetzt auf eine besinnliche Fastenzeit einlassen? Wie wenig passend erscheint es, gerade jetzt, sich aus der Welt zurückzuziehen mit Exerzitien, Fastenübungen und Klausuren. Viel besser wäre es doch, auf die Straßen zu gehen, um vehement Frieden einzufordern und Flüchtlingen ein gutes Ankommen zu ermöglichen, statt sich zurückzuziehen.

Im heutigen Evangelium hören wir, wie Jesus erfüllt vom heiligen Geist aus dem Jordangebiet aufbricht und sich, vermutlich für viele Gefolgsleute zur Unzeit, eine Auszeit nimmt. Tags zuvor war das ganze Volk Zeuge seiner Gotteskindschaft in der Taufe am Jordan geworden und nun lässt er sie zurück. Vierzig Tage lang lebt Jesus einsam in der Wüste, betet und fastet. In mir entstehen Bilder der Besinnung, der inneren Einkehr und die ruhige Ausrichtung auf das göttliche Gegenüber. Sie stehen in so diametralen Gegensatz zu dem, was wir nun täglich an schockierenden Bildern im Fernsehen über die Ukraine sehen. Doch sind die vierzig Wüstentage für Jesus keine Idylle. Wie der Evangelist Lukas berichtet, wird Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Hungrig, auf sich allein gestellt, suchen ihn dunkle Schatten heim, die seine Gotteskindschaft dreifach herausfordern.

Die drei Versuchungen:
Jesus soll die Befähigung erhalten, aus Steinen Brot zu machen. Ihm wird in Aussicht gestellt, Macht über Hunger und Durst zu gewinnen. In heutiger Zeit werden Kriege geführt, um sich Bodenschätze und Rohstoffe zu sichern und um Zugang zu gutem Trinkwasser und fruchtbaren Boden zu erhalten. In einem Krieg sollen die Einflussspähren über die Ressourcen der Erde gewaltsam verschoben und neues Herrschaftsgebiet erobert werden. Ein Krieg verspricht reiche Kriegsbeute, modern gesprochen die Sicherung dringend benötigter Ressourcen.

In der zweiten Versuchung wird Jesus die Herrlichkeit aller Reiche angeboten. Einem mächtigen Herrscher über alle Reiche werden Ruhm und Ehre und Huldigung von seinen Untertanen entgegengebracht. Erfolgreiche Kriegsherren, die weite Landstriche erobert und Menschen unterworfen haben, werden in der Geschichtsschreibung mit dem Beinamen „der Große“ tituliert. Ein Kriegstreiber wie Napoleon gilt den Franzosen immer noch als großer Kaiser. Gewonnene Kriege machen aus engherzigen, brutalen Menschen Größen in der Geschichte der Menschheit.

In der dritten Versuchung soll Jesus seine Gotteskindschaft unter Beweis stellen, indem er sich vom Tempel herabstürzt, um dann von den Engeln Gottes gerettet zu werden. Jesus soll Macht erhalten über Leben und Tod. Auch Kriegsführende werden durch ihre Bomben und Artilleriefeuer zu Herren über das Leben anderer. Wer sich für Krieg entscheidet, entscheidet damit auch über Leben und Tod von Zivilisten, der gegnerischen und seiner eigenen Soldaten. In der Logik der Mächtigen scheint Krieg zu führen sinnvoll. Ein fulminanter Sieg verschafft den Gewinnern Macht über die Schätze der Erde, sichert Herrschaft über Menschen und garantiert einen unsterblichen Platz in der Geschichtsschreibung.

All das, was sich Kriegsführende vom Krieg versprechen, Bodenschätze, Reichtum, Einfluss, Ruhm, Macht wird Jesus in der Abgeschiedenheit der Wüste offeriert. Jesus würde damit zum mächtigsten Herrscher auf Erden, und das, ohne selbst Krieg führen zu müssen.

Wie reagiert Jesus auf diese kolossalen Verlockungen?
Jesus lebt in der unzertrennlichen Verbindung mit Gott. Hunger und Einsamkeit der vierzig Wüstentage können seiner Nähe und Einheit mit Gott nichts anhaben. Er antwortet auf all die prächtigen Angebote mit Zitaten der Bibel, mit dem Wort Gottes:
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, ist Jesu Antwort auf die Versuchung zu großen Reichtümern zu kommen. Brot als das Symbol für den Lebenserhalt ist unermesslich wichtig. Doch es ist nicht das Einzige durch das Leben gesichert wird. Neben die materiellen Absicherungen tritt ein geistig-seelischer Reichtum, der ihn in der Verbindung mit dem Göttlichen hält. Es ist ein Leben in Fülle aus der Gnade der Gotteskindschaft.

Seine Antwort auf die Inaussichtstellung von Ruhm und Ehre lautet, dass man sich nur vor Gott niederwerfen solle. Niemand unter den Menschen verdient es, dass er für sein Tun unbegrenzten Ruhm und Ehre erhält und über andere Menschen gestellt wird. Jesus setzt auf die geschwisterliche Gleichheit unter Menschen.

Jesus erwidert auf die Möglichkeit, Herr über Leben und Tod zu werden, dass man Gott nicht auf die Probe stellen solle. Es ist eine Anmaßung zu glauben, Menschen könnten sich aufschwingen als Herren über Leben und Tod anderer. Denn das Leben ist den Menschen geschenkt worden und kommt allein von Gott.

Der Preis riesigen Reichtums ist die seelische Leere. Die Sucht nach Ruhm ist der Verlust der Mitmenschlichkeit. Macht über Leben und Tod erlangen zu wollen, ist eine Hybris, die Menschen vom Ursprung des Lebens entfernt und sie mit Gott entzweit. Jesus ist uns ein Vorbild in seiner unverbrüchlichen Einheit zum göttlichen Vater. Er lebt aus der Fülle seiner Gotteskindschaft, die ihm die Stärke verleiht, „nein“ zu sagen zur Herrschaft über die Welt.

Wie lautet unsere Antwort auf die Ereignisse der heutigen Tage?
Sie soll heißen: „Nein zum Krieg!“ Ein Nein zum Krieg ist die Antwort auf jede Art der Kriegsführung, egal wer ihn führt und selbst dann, wenn uns edle Ziele versprochen werden. Nein zum Krieg war die unmissverständliche Antwort Johannes Paul II. an den damaligen Präsidenten der USA, George Bush, als dieser versuchte, ihn von der Notwendigkeit eines Krieges gegen Saddam Hussein und seiner Massenvernichtungswaffen zu überzeugen. Für ihr „Nein zum Krieg“ sind bereits jetzt über 6.500 Russinnen und Russen im eigenen Land verhaftet und in Gefängnisse gesteckt worden.

Mutige Bekenntnisse werden getragen von einer inneren Haltung der Stärke und des Vertrauens. Wenn wir uns am Vorbild Jesu orientieren, und seine Antworten zu unseren eigenen machen, gilt es, materiellen Besitz nicht über inneren Reichtum zu stellen und Mitmenschlichkeit walten lassen. Wir sollen handeln aus einem Wissen der eigenen Geschöpflichkeit und der Verwiesenheit auf die Gnade des Göttlichen.

Durch die Gotteskindschaft haben wir Anteil an einem Leben in Fülle, das auf Erden keine materiellen Reichtümer verspricht, wohl aber eine Lebendigkeit, die Anteil hat am Leben des Göttlichen, das über den Tod hinausreicht.

Für die beginnende Fastenzeit wünsche ich Ihnen Zeiten der inneren Einkehr und Besinnung und ein stetig wachsendes Vertrauen in die uns allen zugesprochene Gotteskindschaft.

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