O Herr, wenn du kommst … – 3. Adventssonntag C Gaudete

Erste Lesung aus dem Buch Zefanja, Kapitel 3
14 Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! / Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen, / Tochter Jerusalem!
15 Der Herr hat das Urteil gegen dich aufgehoben / und deine Feinde zur Umkehr gezwungen. Der König Israels, der Herr, ist in deiner Mitte; / du hast kein Unheil mehr zu fürchten.
16 An jenem Tag wird man zu Jerusalem sagen: / Fürchte dich nicht, Zion! / Lass die Hände nicht sinken!
17 Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, / ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, / er schweigt in seiner Liebe, er jubelt über dich und frohlockt, / wie man frohlockt an einem Festtag.

Zweite Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Philippi, Kapitel 4
Schwestern und Brüder!
4 Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!
5 Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe.
6 Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!
7 Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.

Autorin:
Foto-SueSusanne Grimbacher, Pastoralreferentin in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

 
Die Predigt:
O Herr, wenn du kommst …

Liebe Leserin, lieber Leser,
für Menschen, die Weihnachten lieben, ist die Adventszeit das Paradies auf Erden: Alles leuchtet und glänzt, Kerzenschein erhellt die Gesichter der Menschen und viele kleine Lichter abends unsere Straßen; der Geruch von gebrannten Mandeln, Glühwein und Tannenzweigen oder von frisch gebackenen Plätzchen liegt in der Luft; weihnachtliche Evergreens laufen im Radio; und die vorherrschenden Gefühle sind Gemütlichkeit, Harmonie und Liebe. Ja, wer Weihnachten liebt, hat jede Menge Grund, sich zu freuen.

Aber auch für die, die mit der Advents- und Weihnachtszeit nicht so viel anfangen können, denen der Einkaufs- und Geschenkestress auf die Nerven geht; wer die Menschenmassen auf Weihnachtsmärkten entweder nicht brauchen kann oder momentan vermisst; wer das Gerede von Harmonie und Liebe für eine Farce hält, vor allem angesichts einer zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft – selbst diese Menschen können sich heute freuen. Warum? Weil Mutter Kirche uns das sagt: Heute ist der Dritte Adventssonntag und dieser trägt den Namen: „Gaudete!“ – „Freut euch!“

Freut euch! Natürlich nicht, weil Mutter Kirche das befiehlt. Nicht, weil gebrannte Mandeln und Tannenzweige so gut duften, oder weil der Glühwein es warm ums Herz macht. Nicht, weil „Last Christmas“ so ein schönes Lied ist. Nicht, weil die Geschenke näher rücken.

Freut euch! Denn schon bald feiern wir Weihnachten! Und falls diese Ankündigung jetzt Stress bei Ihnen auslösen sollte, weil Ihnen klar geworden ist, dass Sie nur noch wenige Tage haben, um Geschenke zu kaufen, um das Weihnachtsessen vorzubereiten, einen Christbaum zu organisieren oder zu entscheiden, ob Tante Inge zum Kaffee eingeladen wird oder es ein kontaktarmes Weihnachten wird – atmen Sie einmal tief durch.

Wissen Sie, wie meine Nichte und mein Neffe reagiert haben, als ich ihnen sagte, dass bald schon Weihnachten ist? Ich sage Ihnen, da habe ich in riesig-große, glänzende Augen geschaut, die geleuchtet haben vor lauter Vorfreude. Und meine kleine Nichte hat sogar vor lauter Übermut angefangen zu hüpfen. DAS nenne ich mal eine angemessene Reaktion auf den dritten Advent!

Keine Angst: Ich erwarte jetzt nicht, dass Sie aufspringen und in der Kirche rumhüpfen. Aber was den Dritten Adventssonntag „Gaudete!“ angeht, können wir Erwachsene viel von Kindern lernen. Denn die haben verstanden, worum es geht: Freut euch! Euer Herz soll voll sein von Vorfreude!

Denn in wenigen Tagen feiern wir Weihnachten! In wenigen Tagen feiern wir den Geburtstag Gottes, dass er als Kind auf die Welt kam. Wir feiern, dass Gott selbst – der Große, Allmächtige, Ewige, Unbeschreibliche, der Schöpfer aller Dinge – dass er selbst einer von uns wird. Dass Gott, der alles vermag, nichts mehr wollte, als einer von uns zu sein.

Wenn das kein Grund zu feiern ist, dann weiß ich auch nicht. Deshalb veranstalten wir ja das ganze Bimbamborium außenherum: Advent heißt Ankunft. Wir warten auf die Ankunft Gottes. Und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist der Advent ein riesiger Countdown auf Weihnachten. Zum anderen erwarten wir die Ankunft Gottes in unserer heutigen Zeit.

„O Herr, wenn du kommst, wird die Welt wieder neu“ , ist ein bekanntes Adventslied (GL 233). Da besingen wir die tiefe Sehnsucht in uns, dass wir auf die Vollendung des Reiches Gottes noch warten müssen. Wir wissen, dass die Welt, in der wir leben, nicht perfekt ist. Wir wissen, dass Gott sie liebt, so wie sie ist, denn er ist ein Teil davon geworden. Wir wissen auch, dass Gott sein Reich des Friedens und der Liebe bereits mit Jesus hat anbrechen lassen. Wir wissen, dass wir an diesem Reich mit-bauen müssen, jeden einzelnen Tag. Und wir wissen, dass die Vollendung noch aussteht. Wir warten auf die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit.

Dass Gott wiederkommt und diese Welt neu macht, dass er alles gut macht: Das ist die christliche Endzeithoffnung. Und auch wenn sie vielen von uns nicht allzu geläufig ist, will uns jeder Advent aufs Neue dafür sensibel machen: Wenn wir auf das Kommen Gottes warten, dann meinen wir auch, aber nicht nur, das Kommen Gottes als Menschenkind im Stall an Weihnachten. Wir meinen auch das Kommen am Ende der Tage.

Und wir haben jeden Grund, uns darauf zu freuen. Vergessen Sie mal die Bilder, die Ihnen in den Kopf kommen, wenn Sie „Endzeit“ hören: Vergessen Sie mal, wie Feuer auf die Erde fällt und die Apokalypse uns verschlingt. Vergessen Sie mal, wie die Streu vom Weizen getrennt wird. Vergessen Sie mal den Drachen mit sieben Köpfen und das Endgericht, bei dem jeder Sünder Höllenqualen leidet. Das sind auch Bilder für die Endzeit und auch diese haben in gewisser Weise ihre Berechtigung. Aber das ist eben nur ein Aspekt und meiner Ansicht nach einer, der viel zu stark gemacht wird.

Haben Sie in der Lesung zugehört? Ich hoffe doch! Da wird das Urteil aufgehoben und die Freiheit gefeiert! Da sind die Schlagworte: Rettung! Freude! Jubel! Liebe! Frohlocken! Festtag! Fürchte dich nicht! Denken Sie auch an die Visionen aus einem adventlichen Jesaja-Text: Da blüht die Wüste, da jubelt das dürre Land, da werden die schlaffen Hände wieder stark, da werden die wankenden Knie wieder fest. Die Verzagten bekommen neuen Mut, die Augen der Blinden werden geöffnet, der Lahme springt umher, der Stumme jauchzt mit seiner Stimme, Kummer und Seufzen entfliehen.

Darauf warten wir. Denken Sie an das Kind, dem man sagt, dass bald Weihnachten ist: Sehen Sie die großen Augen und die Verzückung vor Vorfreude? Ein bisschen fühle ich genau das, wenn ich diese Worte der Propheten Zefania und Jesaja höre. Das ist das endzeitliche Weihnachten: Das stellt sich ein, wenn Gott zu uns kommt.

An Weihnachten feiern wir den Vorgeschmack dessen, was da kommt. Wir feiern, wie es ist, wenn Gott selbst unter uns ist. Heute, dieses Weihnachten, will uns eine Vorahnung dessen geben, wie es sein wird: Wenn uns eine neue Lebensqualität geschenkt wird. Wenn wir nicht mehr blind für das Schöne und Gute um uns herum sind. Wenn wir neuen Mut und neue Kraft schöpfen. Wenn wir uns an den kleinen Dingen freuen und jauchzen können.

Egal, ob Sie Weihnachten mögen oder nicht, egal ob Sie Weihnachten kaum erwarten können oder voll Sorge auf die Festtage schauen: Heute ist ein Tag der Vorfreude. Darauf, dass Gott in diese Welt gekommen ist und darauf, dass er noch viel mit dieser Welt und mit jedem einzelnen von uns vorhat! In diesem Sinne: Freut euch!

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