Aus Gutem wird Güte – 22. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 7
In jener Zeit
1 versammelten sich die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, bei Jesus.
2 Sie sahen, dass einige seiner Jünger – und Jüngerinnen – ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
3 Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben; so halten sie an der Überlieferung der Alten fest.
4 Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
5 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
6 Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte, wie geschrieben steht: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, / sein Herz aber ist weit weg von mir.
7 Vergeblich verehren sie mich; / was sie lehren, sind Satzungen von Menschen.
8 Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.
9 Und weiter sagte Jesus: Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot außer Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung.
14 Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage:
15 Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
21 Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
22 Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.
23 All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

Autorin:
M. Rings-Kleer Marita Rings-Kleer, Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Altenkessel-Klarenthal, Diözese Trier

 
Die Predigt:
Aus Gutem wird Güte

Liebe Leserin, lieber Leser,
meine Lieblingslektüre sind Kriminalromane. Im Augenblick lese ich die Krimis von Nicola Förg. Sie schreibt „Alpenkrimis“ und in ihren Werken verarbeitet sie ganz aktuelle gesellschaftliche Strömungen. Ob es nun um Immobilienhaie und ihre Machenschaften geht, um Jäger und ihren vermeintlichen Tierschutz, um Mobbing in der Schule, um Animal-Hoarding oder um selbsternannte Heiler und mit ihren dubiosen Geschäften, immer geht es Nicola Förg in ihren Büchern darum, uns als Leser nicht nur spannende, sondern auch hoch informative Werke anzubieten. Als Autorin bringt sie ganz geschickt die neuesten Erkenntnisse zu ihren Themen unter und ich lese ihre Bücher auch deshalb sehr gerne. Denn es sind fast immer Themen, die genau das offenbaren, was wir von Jesus heute im Evangelium hören: Nach außen hui und innen pfui. Ober es nun um einen Mann geht, der zum “Unternehmer des Jahres“ gekürt wird, weil er vermeintlich tierschonend produziert, in Wirklichkeit aber auf einem abgelegenen Hof Tiere sammelt, quält und verhungern lässt. Dieses „Animal-Hoarding“ z.B. ist zu einem Phänomen geworden, das wir in den letzten Monaten tatsächlich immer wieder in den Tageszeitungen finden. Grausam und ekelhaft ist es, aber die Menschen, die dies und vieles andere Unvorstellbare tun, fallen in unseren Umfeldern nicht weiter auf, im Gegenteil.

Was sich hinter Wohnungstüren verbirgt, weiß niemand. Wir sehen nur den äußeren Schein und der wird von der Werbeindustrie ja schon sehr lange schön poliert. Nicht nur, dass jung, sportlich und hübsch für Menschen angesagt ist, auch alle anderen Attribute unseres Lebens sind betroffen: Kleidung, Technik, Autos etc. Wenn die Accessoires und der Eindruck stimmen, ist der Mensch okay, so das vordergründige Credo unserer Gesellschaft. Dem widerspricht Jesus doch sehr.

Nicht das, was außen ist, ist wichtig, nicht das, was von außen in uns hineingelangt, wie die Nahrung, ist wichtig, sondern das, was aus uns herauskommt ist entscheidend. Und das sind keine Gegenstände, sondern Worte, Haltungen oder Ansichten.

Gerade jetzt im Wahlkampf können wir die den Geist, der aus einem Menschen spricht, gut identifizieren. Wer sachlich bleibt, Argumente für seinen Standpunkt liefert und dann auch noch gute Inhalte zum Wohl der Menschen im Programm hat, der kann bei mir punkten. Wer aber nur den politischen Gegner, die Gegnerin, beleidigt, diffamiert, persönlich angreift und Lügen verbreitet, aus dessen „Innerem“ kommt nichts Gutes.
Eigentlich eine Binsenweisheit.

Doch, wieso kommt aus dem einen Menschen Gutes und aus dem anderen eben etwas Schlechtes? Wer diese Frage beantworten will, der möchte Jesus widersprechen, weil sie/er feststellt: Es kann eigentlich aus einem Menschen nur das herauskommen, was vorher in ihn hineingelangt ist. An dieser Stelle möchte ich von einer Erfahrung erzählen, die ich immer wieder mache: Bei Trauergesprächen lasse ich Menschen über ihre verstorbenen Angehörigen berichten und oft ist es dann so, dass Kinder ganz liebevoll von ihrer Mutter oder ihrem Vater erzählen. Aus ihren Worten spricht dann Zuneigung und wenn ich dann weiterfrage, stellt sich fast immer heraus, dass Kinder nur dann liebevoll erzählen, wenn sie von ihrer Mutter oder ihrem Vater von Herzen geliebt wurden. Auch wenn das Zeigen von Zuneigung und Liebe sich im Laufe der letzten achtzig Jahre doch sehr gewandelt hat, Liebe zu geben und zu zeigen war immer möglich. Oft brauchte es einen „Übersetzer“, der die Handlungen der Eltern als Zeichen der Liebe identifizierte, aber wenn Kinder erst einmal den Code kannten, konnten sie die Liebe der Eltern ganz klar erkennen, aufnehmen, weitergegeben oder auch an die kranken und alten Eltern zurückgeben. Oder eben im Trauergespräch diese Liebe noch einmal in Worte fassen.

Das, was eine Mutter, ein Vater an Liebe in Kinder hineingelegt hatten, kommt auch liebevoll und herzlich wieder heraus. Umgedreht auch: Wer Gewalt, Zurückweisung, Demütigung und fehlende Liebe erfahren hat, kann nur das „ausspucken“, was in ihm ist. Und trotzdem sind da noch die, die zwar nichts Gutes hervorbringen, aber clever genug sind, sich zu verstecken. Und genau die hat Jesus im Blick. Wer sich hinter den Erfolgsmarkern unserer Zeit versteckt, fällt nicht einmal negativ auf. Wenn der beruflich erfolgreiche Mann mit dem schicken Auto und der Mitgliedschaft im Golf- oder Tennisclub seine Frau verprügelt oder die Kinder missbraucht, kommt es nur auf die perfekte Tarnung an – für uns Menschen.

Und hier setzt Jesus an: Als die Pharisäer sich beschweren, dass die Jüngerinnen und Jünger Jesu ihre Hände vor dem Essen nicht waschen, da entlarvt Jesus sie als Heuchler. Nicht der Dreck an ihren Händen macht sie unrein und schmutzig, sondern ihre innere Haltung. Nicht der Magen ist das entscheidende Organ, obwohl die Reinheitsgebote der Juden ja Krankheiten verhindern sollten, die durch Viren und Bakterien verursacht werden. Wir kennen das selbst aus den letzten Monaten.

Nicht der Magen, das Herz ist das entscheidende Organ: Der Schmutz, der dort hineingelangt macht nicht nur den Menschen krank, sondern auch viele Menschen seiner Umgebung. Wir Menschen brauchen einen sauberen Input, einen Liebes-Input und sei er noch so klein, um auch Liebe geben zu können, um Gutes zu geben. Wir brauchen die Erfahrung von Liebe, um als liebende Menschen zu leben und andere an unserer Liebe teilhaben zu lassen. Das Gute muss in uns rein, bevor es wieder als Güte rauskommt, aber es muss ins Herz.

Leider gelingt es uns nicht, die ganze Welt gut werden zu lasse, es gelingt uns immer nur in unserer kleinen Welt. Aber dennoch kann eine kleine gute Tat eine große gute Wirkung haben. Ein Mathematiker könnte jetzt ganz schnell ausrechnen, wie viele liebevolle Kinder und Enkel und Urenkel und Ururenkel… allein eine liebende Mutter im Laufe der Generationen in die Welt entlässt. Es lohnt sich also, Liebe zu geben, damit Menschen sie in sich aufnehmen und nicht zu gestörten und „kaputten Typen“ werden, die nach außen achtbar und sauber sind, aber im Inneren grausam, dreckig und unmenschlich. Es wäre schön, wenn die schmutzigen Geschichten solcher Menschen nicht mehr in den Zeitungen ständen, sondern nur noch Fantasieprodukte von Krimi-Autorinnen wären.

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