Was würden wir antworten? – 21. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 6
In jener Zeit
60 sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?
61 Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß?
62 Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn aufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war?
63 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.
64 Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn ausliefern würde.
65 Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist.
66 Daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm umher.
67 Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?
68 Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.
69 Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Autorin:
Greiner-Jopp Gabriele 2017Gabriele Greiner-Jopp lebt in Wendlingen und war als Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin und Beraterin tätig

 

Die Predigt:
Was würden wir antworten?

Liebe Leserin, lieber Leser,
wie hätten wir uns wohl entschieden? Angenommen, Jesus hätte Sie und mich gefragt: Wollt auch ihr weggehen? Was würden wir antworten?

Ich schätze, je nach Lage der Dinge könnten wir sagen ja, manchmal würde ich Deiner Kirche, Deiner Gemeinde am liebsten Ade sagen. Je nach unserer Einstellung könnten wir dazufügen: Sie ist mir zu modern oder zu altmodisch; es gab zu viele Missstände in letzter Zeit; das Evangelium wird nicht gelebt, ich fühle mich nicht mehr zugehörig.

Vielleicht würde die eine oder der andere – wie Petrus auch – sagen: Herr, zu wem sollen wir gehen? Das klingt ein bisschen so als wollte er sagen: Ich würde ja schon gehen, aber wohin dann? Ich habe keine vernünftige Alternative.

Die Menschen, die weggehen, murren über das, was Jesus sagt. Und ich finde das verständlich. Es ist keine leichte Kost, die Jesus den Menschen heute und in den vorhergegangen Stellen vorsetzt: Er redete davon, dass er sein Fleisch und Blut zu essen und zu trinken gibt – sagt dann aber heute, ausschließlich der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts. Seine Worte jedoch sind Geist und Leben, also wirkungsvoll…

Ich finde es verständlich, dass Menschen sich da abwenden; es nicht verstehen können oder wollen. Jesus lässt sie auch gehen: ohne Kommentar, ohne Versuch, sie zurückzurufen. Seine Freunde, seine Vertrauten, fragt er jedoch. Wollt auch ihr gehen? Es ist eine echte Frage. Für Jesus scheint es wichtig zu sein, dass sie sich bewusst für oder gegen ihn entscheiden. Für das, was ihm bevorsteht, die Auseinandersetzung mit den Priestern und dem Gesetz in Jerusalem, dafür kann er keine Mitläufer gebrauchen.

Auch das kennen wir: an bestimmten Stationen in unserem Leben brauchen wir die Entscheidungen unserer Freunde für oder gegen uns: Wenn wir in Not sind, wenn andere uns verleumden, wenn wir Fehler gemacht haben, oder wenn wir uns für eine wichtige Sache einsetzen; dann hilft es uns nicht, wenn jemand sagt: Na ja, ich weiß nicht so recht, wem ich glauben soll, keine Ahnung, was ich von der Sache halten soll, mal sehen wie es weitergeht…

Wir brauchen vielmehr klare Entscheidungen: Trotz allem bleibe ich bei Dir oder: ich glaube Dir mehr als den anderen oder: ich verstehe dich zwar nicht, aber ich stehe zu dir oder: ich bin an deiner Seite, egal wie die Sache ausgeht. Oder eben das Gegenteil. Wir gehen ab hier getrennte Wege. Das kann im Augenblick hart sein, hilft uns aber klar zu sehen, auf wen wir uns verlassen können. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich sagt Jesus an einer anderen Stelle im Evangelium.

Das also bedeuten Entscheidungen: Es scheidet sich etwas voneinander. An einer Kreuzung muss ich einen Weg wählen und den anderen lassen. Das ist immer auch ein Verlust. Und das macht Entscheidungen oft so schwierig. Jesus hat sich für einen – seinen – Weg entschieden. Und jetzt will er, dass seine Freunde sich ebenfalls entscheiden, welchen Weg sie wählen? Auf dem Weg nach Jerusalem, will er keine Mitläufer bei sich haben; sondern zeigt ihnen, dass sie die Wahl haben zu gehen oder zu bleiben.

In der Antwort des Petrus: Herr wohin sollen wir gehen? Gibt es noch einen zweiten Teil und der ist aufschlussreich: Du hast Worte ewigen Lebens. Er und alle, die Jesus weiterhin folgen, die mitgehen, vertrauen darauf, dass die Botschaft Jesu sie leben lässt. Hier in dieser Welt und über den Tod hinaus.

Welche dramatischen Folgen Entscheidungen haben könne, zeigt die derzeitige Situation in Afghanistan sehr deutlich. Die Situation der johanneischen Gemeinde war so dramatisch nicht. Ernst war sie schon. Sich als Christ*in zu bekennen, hatte schon vielen Menschen das Leben gekostet, es konnte schwere soziale und wirtschaftliche Konsequenzen haben. Bei uns, im sicheren Mitteleuropa, steht jetzt vor allem die Glaubwürdigkeit als Christen auf dem Spiel: Leben wir die Botschaft Jesu, oder reden wir nur darüber?

Auch das kann uns das heutige Evangelium lehren: Jesus, und durch ihn Gottes Kraft und Weisheit – lässt uns die Wahl: wir sollen uns entscheiden: bleiben oder gehen. Uns für Gott zu entscheiden, für den Weg Jesu und seine frohe Botschaft, können wir ausschließlich dann, wenn wir erfahren und vertrauen: Deine Botschaft lässt uns lebendige Menschen sein. Deine Botschaft bedeutet für uns wirkliches Leben hier und über den Tod hinaus.

Was also würden wir antworten, wenn Jesus uns fragen würde: Wollt auch ihr gehen?

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