Wir brauchen den Segen Gottes – Neujahr 2012

Erste Lesung
aus dem Buch Numeri, Kapitel 6
22 Der Herr sprach zu Mose:
23 Sag zu Aaron und seinen Söhnen: So sollt ihr die Israeliten segnen; sprecht zu ihnen:
24 Der Herr segne dich und behüte dich.
25 Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
26 Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.
27 So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen und ich werde sie segnen

Autorin:
Dr. Ulrike Altlherr Dr. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Guter Hirte – Kolumban in Wendlingen mit Oberboihingen und Köngen mit Unterensingen, verheiratet, eine Tochter

 
Die Predigt:
Wir brauchen den Segen Gottes
Predigt zu Num 6,22-27 am 1.1.2012 im Ökumenischen Gottesdienst in der Michaelskirche in Unterensingen

Liebe Mitchristen und Mitchristinnen,
schön, dass Sie dieses neue Jahr mit einem Gottesdienst beginnen.

Am Beginn eines neuen Jahres stehen oft neue Vorsätze und vielleicht auch etwas bange Fragen. Was wird das Jahr bringen? Werde ich gesund bleiben? Wird meine Beziehung halten? Werden die Kinder oder Enkel einen guten Weg finden? Wird es mit dem alten Arbeitsplatz gut weitergehen, werde ich einen neuen finden? Werde ich mit meinem Geld auskommen? …
Wir können manches selbst dafür tun, aber wir haben es letztlich nicht in der Hand, dass es uns gut ergehen wird.
Deswegen brauchen wir den Segen Gottes.

Die bekannteste Formulierung eines Segens steht im 4. Buch Mose, im Buch Numeri. Dort gibt Mose an, wie Aaron und seine Söhne die Israeliten segnen sollen:

Hören wir Num 6,22-27

22 Der Herr sprach zu Mose:
23 Sag zu Aaron und seinen Söhnen: So sollt ihr die Israeliten segnen; sprecht zu ihnen:
24 Der Herr segne dich und behüte dich.
25 Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
26 Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.
27 So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen und ich werde sie segnen.

„Doch der Segen kommt von oben“ heißt es in Schillers Glocke. Der Segen kommt von Gott.
Menschen sind nur Medium, ihn weiter zu geben, so wie hier im Buch Numeri/4. Mose die Priester Aaron und seine Söhne. Sie verfügen nicht über den Segen, sondern er strömt durch sie hindurch auf die, denen sie ihn zusprechen.

Segnen ist mehr als nur Worte sprechen und eine Segensgeste dazu machen. Segnen ist performatives Reden, wirkmächtiges Reden. Es bewirkt, was es aussagt.
Das lateinische Wort für Segnen benedicere drückt es aus: Segnen heißt „Gutes reden“, Gutes herbei reden.
Das deutsche Wort segnen kommt vom althochdeutschen segan, was wiederum vom lateinischen „signare“: „bezeichnen“ kommt. Bezeichnet werden Menschen mit dem Zeichen unseres Glaubens, dem Kreuz.
Im Hebräischen heißt „barah“ unter anderem jemanden glücklich preisen. Über das griechische Wort „eulogein“= jemanden gut reden kam es zum lateinischen „benedicere“.

Was von Gott her gut geredet wird, ist hier in drei kleinen Versen ausgedrückt. Immer ist zunächst Gottes Handeln und dann dessen Wirkung ausgesagt:
1.„Der Herr segne dich und behüte dich.“
Zuerst der Segen von Gott, der Schutz bewirkt. So wie ein Hut vor Sonne oder Kälte, vor Nässe oder Wind schützt, so schützt Gottes segnende Macht den Menschen in den Unbillen des Lebens. Vermutlich kennen viele von uns die bodenlose Angst, nicht bestehen zu können, nichts wert zu sein, dem Leben und dem was an Negativen kommen kann, schutzlos ausgeliefert zu sein. Gottes Segen bewirkt, dass wir nicht schutzlos sind, sondern getrost und behütet unsere Wege gehen können.

2.„Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.“
Damit wird der Segen in eine kosmische Dimension erhoben. Gott soll sein Angesicht leuchten lassen wie die Sonne oder wie der Mond. Ein leuchtendes Antlitz ist ein freundliches Gesicht, eines, das es gut meint. Ich glaube, wir alle wissen, wie wichtig es schon für ganz kleine Kinder ist, dass freundliche Gesichter über ihrem Bettchen auftauchen. Wer in das Gesicht eines Mitmenschen sieht, das von einem Lächeln erleuchtet wird, wird selbst froh. Um so mehr ist Gottes leuchtendes Gesicht für unser Leben wichtig.
Gottes Gesicht können wir Christen uns vorstellen in Jesus Christus. Er ist Gottes Gesicht für uns Menschen, das Gott uns hat aufleuchten lassen.
Wenn Gott sein Angesicht über uns leuchten lässt, ist die Folge für uns Menschen Gnade („Er sei uns gnädig“). Gnädig würde ich hier mit „unverdient wohlwollend“ übersetzen. Er ist gut zu mir, obwohl ich weiß, dass ich es nicht verdient habe.

3.„Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“
Am Ende steht die die konkrete, sozusagen menschliche Zuwendung Gottes. Er kommt noch näher, nicht nur sein Gesicht lässt er leuchten über dem Menschen, sondern Gott wendet sein Gesicht zu und schenkt Wohlergehen, Heil oder Frieden, je nachdem, wie man das hebräische Wort „Schalom“, das im Originaltext steht übersetzen will. Schalom ist die Fülle des Guten.

Das, was Menschen zutiefst brauchen, nämlich Schutz, Gnade/Barmherzigkeit und Heil im umfassenden Sinn, das können wir nicht machen, sondern nur erbitten.

Schon und besonders Kinder haben ein Gespür für Segen. Wie wichtig ist schon ganz Kleinen der Segen der Eltern abends vor dem Einschlafen oder wenn es in den Kindergarten geht.
Wie viele ergriffene Gesichtchen habe ich gesehen, wenn ich bei Einschulungsgottesdiensten die Kinder gesegnet habe.
Auch Jugendliche brauchen die Zusage, dass es Gott gut mit ihnen meint. „Halt `s Maul, jetzt kommt der Segen“, dieser Ausspruch eines Schülers zu einem lauten Mitschüler in einem Schulgottesdienst, gab einem Buch den Titel und zeigt etwas von der Wichtigkeit des Segens.
Zwei Menschen, die ihren gemeinsamen Weg in die Ehe mit einer kirchlichen Hochzeit beginnen, wollen diesen Segen. Sie wollen, dass da noch ein anderer als sie selbst dafür steht, dass es gut wird.
Wer sein Kind taufen lässt, erbittet den Segen Gottes.
Oder wer vor einer Operation steht, wer schwierige Entscheidungen fällen muss….
es gibt viele Situationen, wo wir den Segen Gottes brauchen

Dieser aaronitische Segen wird seit vielen hundert Jahren im Judentum und Christentum immer wieder zugesprochen in schönen und schweren Zeiten. Er kündet von der bleibenden Zuwendung Gottes zu den Menschen. Er kündet davon, dass Gott immer wieder das zutiefst Lebensnotwendige gibt.
In fast jedem Gottesdienst und auch am Ende von diesem lassen wir uns Gottes Segen zusprechen.

Gerade auch zu Beginn eines neuen Jahres brauchen wir Seinen Segen, weil wir wissen, wie brüchig alle Sicherheit sein kann: Gesundheit, Beziehungen, Familien, Arbeitsstellen, Friede mit sich und anderen, finanzielle Sicherheit, das Leben …
Trotz aller Unsicherheit können wir getrost und voll Vertrauen in dieses neue Jahr gehen, denn Einer geht mit.

Ich wünsche Ihnen und Euch allen ein gutes neues Jahr unter dem Segen Gottes:

„Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“
Amen.

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2 Antworten auf Wir brauchen den Segen Gottes – Neujahr 2012

  1. Rita Wild sagt:

    GANZ HERZLICHEN dANK FÜR DIESE GUTE PREDIGT ZU JAHRESBEGINN!

  2. Edgar Bauermann sagt:

    Danke ! Eine ganz tolle Predigt. Macht deutlich, dass die Beziehung zu Gott soo wichtig ist. Segen ist die Basis. “ Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn.. !“ Auch Ihnen wünsche ich den Segen Gottes.

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