Wofür entscheiden Sie sich? – Dreifaltigkeitssonntag B

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 28
In jener Zeit
16 gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.
17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel.
18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.
19 Darum geht zu allen Völkern und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Autorin:
Greiner-Jopp Gabriele 2017Gabriele Greiner-Jopp, lebt in Wendlingen, war als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Wofür entscheiden Sie sich?

    Dreifaltigkeitsfresko
    St. Jakobus in Urschalling, Fresko aus dem 14. Jahrhundert

Liebe Leserin, lieber Leser,
…“einige aber hatten Zweifel.“ Damals schon zur Zeit Jesu und heute erst recht. Zweifel an Gott, Zweifel an den Corona Maßnahmen, Zweifel an der Impfung, Zweifel an Politiker*innen, an Gottes Bodenpersonal (ist es überhaupt Gottes Bodenpersonal?) fast könnten wir an den Zweifeln ver-zweifeln. Wie gut, dass Jesus im Evangelium machtvoll auftritt und im sogenannten Taufbefehl auf den dreifaltigen Gott hinweist, dessen Fest wir heute feiern.

Vielfalt statt Einfalt. Beziehungen innerhalb Gottes ewigem Sein, statt unüberbrückbarer Distanz. So sah es auch der/die Künstler*in der Kirche St. Jakobus in Urschalling. Ca. 630 Jahre alt ist dieses Bild und stellt die Heilige Dreifaltigkeit dar. Rechts Gottvater, links der Sohn Jesus Christus und in der Mitte? Was sehen Sie: eine junge Frau, einen jungen Mann, die Gottesmutter Maria, aber wie passt diese in die Hl. Dreifaltigkeit?

Schön, finde ich, dass dieses uralte Bild Spielraum lässt – Raum für eigene Vorstellungen von Gottes Vielfalt; Raum für unterschiedliche Gottesbilder und Interpretationen. Denn das sind ja alle unsere Vorstellungen und Bilder, die wir uns von Gott machen: vorläufig, abhängig von unseren Erfahrungen, Prägungen, Werten.

Auf dreierlei Weise lässt sich das Bild der Hl. Dreifaltigkeit betrachten: Sehen wir Vater-Sohn und Heiligen Geist, diesen als jungen Mann, dann sind in Gott drei unterschiedliche Arten des Seins verkörpert: Der Vater steht für den Ursprung, der Sohn für Zukunft, denn im Hebräischen bedeutet das Wort Sohn auch „bauen“, und der Heilige Geist steht für die Gegenwart, in der wir uns bewegen. Doch sie ist im Fluss; wir können sie nicht festhalten, sie verändert sich ständig.

Betrachten wir dagegen Gottes Geist als junge Frau, weist das Bild darauf hin, dass in Gott männliche und weibliche Seiten enthalten sind. Jesus hat im Hebräischen von Gottes Geist als „der Ruach“ gesprochen, hatte also eine weibliche Vorstellung vom Heiligen Geist. Eng mit dem Wort Ruach verwandt sind die Begriffe Atem und Windhauch; ein Hinweis darauf, dass Gottes Geist nicht fassbar ist, wirkmächtig schon, vielfältig auch. Festzuhalten in engen Grenzen, einzumauern und in feste Formeln zu pressen eher nicht.

Die dritte Interpretationsmöglichkeit des Bildes: Vater-Sohn-Maria weist uns daraufhin: In Maria war Gottes Geist besonders wirksam, von der Verkündigung der Geburt Jesu bis hin zum Pfingstereignis, war sie offen für Gottes Geist. Im Übrigen ist die Anwesenheit Gottes in der Welt in der hebräischen Sprache ebenfalls weiblich: Die Schechina. Das könnte Frauen guttun und Mut machen ihre Seinsweise, Begabungen und Fähigkeiten in Gott repräsentiert zu sehen.

Wofür immer Sie sich beim Betrachten des Bildes entscheiden, die drei Gestalten gehören zusammen. Keine ist allein vollständig, der Nimbus – Heiligenschein – mit dem einen Kreuz verweist darauf. Auch mit drei verschiedenen Farbtönen wird die Dreifaltigkeit Gottes betont: Gold, weiß und braun in verschiedenen Schattierungen. Gold verweist auf das Ewige, Kostbare und Göttliche der drei Figuren; weiß, dass in Gott alle Farben enthalten sind und braun, dass sich Gott in das irdische Leben hineinbegibt, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Die sieben Falten im Gewand der mittleren Figur könnten ein Hinweis sein auf die sieben Gaben des Hl. Geistes, die sieben Tage der Schöpfung und die Summe aus drei und vier. Die göttliche Drei verbindet sich mit der irdischen Vier und ist unter anderem deshalb das Bild für einen vollendeten Weg.

Manche haben sogar im unteren Teil des Bildes das Symbol einer Vulva und eines Penis entdeckt. Das würde sowohl zur Schöpfungskraft Gottes passen, als auch darauf hinweisen, dass Sexualität von Gott kommt.

Und was immer Sie noch in diesem Bild entdecken – der Raum dafür ist da. „Trinität ist unser Sein“ bringt es der Marburger Theologe Wolfgang Philipp auf den Punkt. Zweifeln Sie nicht an der Vielfalt, in der Heiligen Dreifaltigkeit ist sie schon angekommen.
———————————————————————————————————————–
Hinweis: Durch Klicken auf das Bild erreichen Sie eine größere Darstellung

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 6 = 1

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>