Alles geben – Fronleichnam B

Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 14
12 Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Pessachlamm geschlachtet wurde, fragten seine Jüngerinnen und Jünger Jesus: »Sage uns: Wohin sollen wir gehen und Vorbereitungen treffen, damit du das Pessachmahl essen kannst?«
13 Da schickte er zwei von ihnen mit den Worten los: »Geht in die Stadt Jerusalem. Da wird euch eine Person begegnen, die trägt einen Krug mit Wasser. Folgt ihr,
14 und wo sie hineingeht, da sagt zur Besitzerin oder zum Besitzer des Hauses: ›Der Lehrer fragt: Wo ist meine Unterkunft, in der ich mit meinen Jüngerinnen und Jüngern das Pessachmahl essen und feiern kann?‹
15 Dann wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoss gezeigt, das mit Kissen ausgelegt und vorbereitet ist. Dort sollt ihr für uns die Vorbereitungen treffen.«
16 Die Jüngerinnen und Jünger gingen los, kamen in die Stadt und fanden alles so vor, wie Jesus es beschrieben hatte. Da begannen sie, das Festessen vorzubereiten.
22 Als sie aßen, nahm Jesus ein Brot, sprach den Brotsegen und brach es, gab es ihnen und sagte: »Nehmt, dies ist mein Leib.«
23 Dann nahm er einen Becher, sprach den Segen über ihm, gab ihn an sie weiter, und sie tranken alle daraus.
24 Jesus sprach weiter: »Das ist mein Blut des Bundes, das für alle vergossen wird.
25 Ja, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, an dem ich sie in der Welt Gottes neu trinken werde.«
26 Am Schluss des Pessachmahls priesen sie Gott mit einem Lied.

Autorin:
Dr. Ulrike Altlherr Dr. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in Herrenberg

 
Die Predigt:
Alles geben

Liebe Leserin, lieber Leser,
Sportler geben alles, um auf einem der ersten Plätze zu landen. Viele Menschen geben im Beruf alles, was sie an Einsatz und Ideen und Zeit bringen können. Vor allem die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern, Arztpraxen und Impfzentren geben alles, um Patientinnen und Patienten gut zu versorgen und andere zu schützen vor dem Coronavirus. Für andere riskier(t)en viele ihre Gesundheit. Verliebte tun alles für den oder die Geliebte. Eltern behalten nichts an Zeit, an Kraft, an Geld… für sich selbst, sondern geben oft alles für ihr Kind.

Was das mit dem Fest Fronleichnam zu tun hat? An Fronleichnam feiern katholische Christinnen und Christen, dass einer alles gegeben hat. Jesus hat nichts für sich selbst zurückbehalten. Er hat sich mit allem, was er hatte, allem, was er konnte und allem, was er war, verschenkt und verbraucht. Er hat sein Leben damit verbracht, den Menschen zu erzählen und sie erleben zu lassen, wie Gott ist. Dabei hat er nichts für sich selbst zurückbehalten. Er hat die Liebe zu Gott und zu den Menschen radikal gelebt. Diese Liebe und sein Handeln danach hat ihn bis zum Tod am Kreuz und zur Auferweckung durch Gott geführt.

Seit dem 13. Jahrhundert feiern Christen Jahr für Jahr 60 Tage nach Ostern das Fest Fronleichnam. Das Wort kommt vom mittelhochdeutschen „vrône lîcham“ und heißt übersetzt „des Herren Leib“. Was hier gefeiert wird, geht auf die biblische Erzählung vom letzten Abendmahl zurück, an dem Jesus zu seinen Freunden über Brot und Wein sagte „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“ und ihnen zu essen gab. Christen feiern, dass Jesus wie Brot für die Menschen geworden ist, sozusagen ein Lebens-Mittel. So wie das Brot, wenn es gegessen ist, verbraucht ist, aber Energie zum Leben gibt, so verbraucht sich Jesus für die Menschen, gibt sich sozusagen mit Haut und Haar.

Im Hintergrund der Textstelle aus dem Markusevangelium, das am Fronleichnamsfest im Lesejahr B gelesen wird, stehen zwei jüdische Traditionen zum einen die Tradition des Pessachmahles, das die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft feiert und die Tradition des Bundes Gottes mit seinem Volk, besiegelt mit dem Blut von Opfertieren. Letzteres erzählt die heutige Lesung aus dem Buch Exodus. „Aus der Perspektive der Christen der 3. Generation sieht sich Jesus in dieser Tradition und bezieht sie auf sich. Er ist das Opferlamm, er erneuert Gottes Bund mit seinem Volk auf radikale Weise.“ Im Hebräerbrief, der neutestamentlichen Lesung vom Tag, wird das so gedeutet, dass Jesus Priester, Opfergabe und Altar in seiner Person ist. Bis aufs Blut hat Jesus Gottes Liebe zu den Menschen gelebt und ist dafür gestorben.

So eine große Liebe können Menschen sich fast nicht vorstellen, und deshalb muss sie gefeiert werden. – Meines Erachtens eignet sich das Mahl, die Kommunion nicht dafür, Grenzen zu ziehen, Menschen ein- oder auszuladen. Wenn Gott sich so wehrlos gemacht hat, dass er Leib und Blut hingegeben hat, dann braucht er nicht die Kirchenvertreter, um die Kommunion vor unberechtigtem Empfang schützen. –

Viele Menschen, die es als beglückend für sich erleben, dass Jesus alles gegeben hat, geben auch alles für dieses Fest. Das schönste und Beste ist gerade gut genug. Deshalb wird Jesus Christus in Gestalt des Brotes meist in kostbaren Monstranzen durch die Straßen getragen. Zu seiner Ehren werden Blumenteppiche gelegt. Wer erlebt hat, wie schon wochenlang vorher nach Blumen Ausschau gehalten wird und Muster überlegt werden, tagelang Blüte für Blüte gesammelt, in stundenlanger Arbeit gezupft oder kleingeschnitten werden und liebevoll zu kunstvollsten Muster gelegt werden, oder wie viele Ehrenamtlich alles Mögliche für die Gestaltung des Festes beitragen, der weiß, dass dieser Tag und das, was gefeiert wird, vielen Menschen ganz viel wert ist.

Dieses Jahr lädt zum Beispiel die katholische Kirchengemeinde Herrenberg ein, mitzufeiern unter dem Motto „Aufblühen ist uns zugesagt“ zum Gottesdienst in der Kirche und im Garten eines Pflegeheims für BewohnerInnen und MitarbeiterInnen.

Weil einer für uns Menschen alles gegeben hat, brauchen wir nicht immer alles zu geben ohne Rücksicht auf uns selbst. Im Gegenteil: wir können uns auch einfach freuen und dankbar sein. Und wenn es nötig ist, können wir anderen Menschen geben, was sie von uns brauchen, ohne befürchten zu müssen, selbst zu kurz kommen.

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