Gottes Gegenwart führt in die Einheit – 7. Sonntag der Osterzeit B

Zweite Lesung aus dem ersten Johannesbrief, Kapitel 4
11 Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.
12 Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollendet.
13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben.
14 Wir haben geschaut und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Retter der Welt.
15 Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er bleibt in Gott.
16 Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 17
In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater
6 ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast.
11b Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!
12 Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte.
13 Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.
14 Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
15 Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.
16 Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
17 Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
18 Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
19 Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Autorin:
Utta-Hahn-2-150x150Utta Hahn, Gemeindereferentin und Dekanatsreferentin in Schwäbisch-Hall

 
Die Predigt:
Gottes Gegenwart führt in die Einheit

Liebe Leserin, lieber Leser,
durch die Pandemie ist diese Nachricht oft keine Überraschung mehr: „Leider kann die geplante Veranstaltung Corona bedingt nicht stattfinden!“

Es war zu befürchten, dass dies auch den Ökumenischen Kirchentag 2021 trifft – nicht weil die Regierung die Notverordnung erlassen hat, sondern weil die Pandemie noch immer viel zu viele Menschen mit Krankheit und Tod konfrontiert. Nach Berlin und München sollte der dritte ökumenische Kirchentag eigentlich in Frankfurt stattfinden. Ich kann mir die turbulenten Monate der Vorbereitung wahrlich gut vorstellen. Und am Ende nun eine Absage?

Aber Nein. Ganz auf die Situation abgestimmt, ohne gemeinsames Feiern in Frankfurt aber ganz im Geiste des Kirchentags, mit vielen Möglichkeiten zum Feiern und zur Gemeinschaft. Der Ökumenische Kirchentag 2021 findet statt.

Der Gottesdienst an Christi Himmelfahrt unter freiem Himmel auf dem Dach eines Parkhauses mitten in Frankfurt war ein begeisterndes Zeichen für Kirche inmitten der Zeit – Jetzt – trotz, mit oder wegen Corona – Jetzt – zwischen all den Banken- und Bürohochhäusern – Jetzt – mit Vertreter*innen verschiedener Konfessionen. Besser hätte dies alles nicht gelingen können. Der blaue Himmel und die gelungene Gestaltung. Ein wahrhaft himmlischer Auftakt an Himmelfahrt.

Und wenn das Netz der Plattform im Laufe des Donnerstags dann auch zeitweilig fast in die Knie ging – Menschen haben die Plattform besucht; viele haben Anteil genommen, haben teilgenommen und ein Höhepunkt der Tage sind die Gottesdienste am Samstagabend.

So möchte auch ich hier den Bogen schlagen vom Evangelium und der Lesung hin zur Gemeinschaft des Ökumenischen Kirchentags. Im ersten Johannesbrief wird die Liebe als das entscheidende sichtbare Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Gläubigen genannt. Wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben. Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollendet.

Ja! und im Evangelium, in einer der großen Reden Jesu aus dem Johannesevangelium, wird ebenfalls auf die notwendige und geschenkte Nähe zu Gott verwiesen, wobei der Evangelist vor allem das Wort und die Wahrheit als Begrifflichkeiten verwendet. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir! […] Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.

Einheit in Gott – Wort Gottes – Wahrheit – Sendung…

Das sind Werte, Gedanken, die weit vor aller Konfessionalität, lange vor dem historischen Herausbilden von kirchlichen Institutionen versucht haben, den Kern der christlichen Botschaft den Menschen jener Zeit in Erinnerung zu rufen und ihnen sozusagen einen Leitfaden an die Hand zu geben, wie sie damit leben und glauben können:

Erstens die Sehnsucht nach der Gegenwart Gottes. Die finde ich in so vielen Aussagen Jesu, in seinen Predigten, in seinen Handlungen. Und seine Erfahrung – die Nähe, die Gott denen schenkt, die sich nach ihm durch oder mit Jesus sehnen. Immer wieder diese Einladung. „Schaut auf mich“! „Macht es wie ich“! „Glaubt wie ich“! „Handelt wie ich“!

Zweitens das Vertrauen auf die Beziehung. Die Liebe ist das Gefühl, das immer auf den Prüfstand der Wahrheit gestellt wird. Es ist ein Gefühl, das uns überwältigt und das den Verstand oft nicht vorschaltet. Daher ist die Liebe auch anfällig für Täuschung, für Ent-täuschung. Und wir fragen dann schnell: Ist das Wahrheit? Ist dieses Gefühl echt? Steckt in dieser Beziehung Wahrheit? Sind die Worte dann Worte der Liebe, der Wahrheit oder der Täuschung?

Gottes Wort ist Wahrheit – Gottes Gegenwart führt in die Einheit – Einheit ist Zeichen der Liebe – Liebe ist Wahrheit, wenn ihr Gottes Wort zu Grunde liegen – der Heilige Geist ist Zugang zur Liebe, zur Gemeinschaft mit Gott, zur Gemeinschaft untereinander. Jesus ist mit uns durch den Heiligen Geist und in seiner unmittelbaren Einheit mit Gott, dem Schöpfer allen Lebens.

Vielleicht verwirrend?

Ist Wahrheit nun ein Gefühl oder ein Faktum/ eine Sache?
Ist Einheit nun eine Definitionssache oder ein Gefühl?
Wer definiert dies?

Die liturgischen Texte dieses 7. Sonntags nach Ostern – der gleichzeitig der Sonntag des Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt ist – diese Texte können eine Einladung sein, miteinander Christsein einzuüben.

Die Liebe ist das Zeichen. Das heißt Respekt, Anerkennung, Wohlwollen, Vertrauen und eben das gemeinsame Engagement für das Reich Gottes – für alles wofür unser Glaube steht. Für eine gerechtere Welt, für eine nachhaltige Wirtschaft, für ein achtsamen Umgang miteinander, für einen sozialen Ausgleich in der Gesellschaft.

Und die Einheit und die Wahrheit erwächst aus dem Wort Gottes. Aus dem Gebet, miteinander, füreinander und dem Feiern – gemeinsam, einladend, respektierend und neugierig besuchend. Lesen Sie doch nach, was an gemeinsamem Zeugnis heute verkündet wird. Und welch ein Traum darin noch steckt.

Wir brauchen beides – das Gespräch zwischen den Konfessionen mit einer guten Portion Neugier, wer was wie macht, wie feiert, wie glaubt und wer welche Schwerpunkte hat. Das ist Ökumene, die das Trennende nicht mehr in den Mittelpunkt stellt. Und wir brauchen die gemeinsame Aktion – die vernetzte Aktivität, die in der Gesellschaft sichtbar macht, dass ein Leben aus christlicher Wertehaltung, aus einem gläubigen Herzen heraus, die Gesellschaft gerechter, liebevoller, friedlicher und nachhaltiger gestaltet.

Dazu herzliche Einladung. Amen.
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Verweis: Erklärung zu den theologischen Fortschritte vor allem in der Frage der Abendmahls und der Eucharistie.
https://static.oekt.de/fileadmin/2021/pdf/03_-_oekumenischer_fortschritt_sattler.markschies.03-2021.pdf

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Eine Antwort auf Gottes Gegenwart führt in die Einheit – 7. Sonntag der Osterzeit B

  1. Lydia sagt:

    prima, vielen vielen Dank für diese aussagekräftige Predigt, die zum wieder lesen, nachdenken und v.a. manches nachmachen anregt und – ganz wichtig – aufbaut!

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