Freut euch – Gaudete / 3. Adventssonntag B

Zweite Lesung
Aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher
, Kapitel 5
Schwestern und Brüder:
16 Freut euch zu jeder Zeit!
17 Betet ohne Unterlass!
18 Dankt für alles; denn das will Gott von euch, / die ihr Christus Jesus gehört.
19 Löscht den Geist nicht aus!
20 Verachtet prophetisches Reden nicht!
21 Prüft alles und behaltet das Gute!
22 Meidet das Böse in jeder Gestalt!
23 Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt.
24 Gott, der euch beruft, ist treu; er wird es tun.

Autorin:
Margret Schäfer-Krebs
Margret Schäfer – Krebs
Pastoralreferentin,
Leiterin des Referates Liturgische Dienste am Institut für Fort- und
Weiterbildung der Diözese Rottenburg-Stuttgart

 
Die Predigt:
Freut euch – Gaudete

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ich glaube, damit kann ich den Kleinen eine Freude machen…
Das wird bestimmt eine freudige Überraschung…
Auf die Augen bin ich gespannt…“
Ob man sich an Weihnachten mit großen Geschenken oder eher mit Kleinigkeiten überrascht, wer schenkt, hofft, dass er damit eine Freude macht und wer beschenkt wird, hofft auf einen Päckcheninhalt, der einem das Gefühl gibt, ich bin dem anderen etwas wert, er hat sich Gedanken gemacht oder sogar gespart, um mir einen Wunsch zu erfüllen und damit eine Freude zu machen. „Frohe Weihnachten“ klingt es bald wieder landauf und landab. Freude schenken und Freude aneinander haben – zumindest als Sehnsucht verbindet es die meisten, die Weihnachten feiern.

Freude als Wunsch, als Hoffnung und zuweilen als echtes Gefühl, das kennen wir. Und es gibt Freude die hervorgelockt und auf vielerlei Weise erzeugt wird, eben durch Geschenke, durch ein gutes Wort, durch eine Hilfeleistung, durch ein gutes Essen, durch gute Unterhaltung, durch Erfolg und so weiter. Freude kann auch anstecken und wenn der Neid nicht als missmutiger Gegenspieler auftritt, kann sie Situationen entkrampfen und Mut machen.

Aber – kann man Freude als Anweisung geben? Zweimal hören wir heute den Apostel Paulus fast eindringlich zur Freude aufrufen: Im Eröffnungsvers aus dem Philipperbrief heißt es: Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Der erste Vers aus unserer Lesung an die Thessalonicher, wiederum aus der Feder des Apostels, lautet: Freut euch zu jeder Zeit! Einen solchen Imperativ kann man in den falschen Hals bekommen oder er kann im Halse stecken bleiben. Ein Aufruf zur Freude – irgendwie seltsam. Bei Paulus darf man wohl auch vermuten, dass er diese Worte nicht nur als kleine Aufmunterung gedacht hat. Es geht sowohl im Philipperbrief wie am Ende des Thessalonicherbriefes um christliche Grundhaltungen.

Mit dem ersten Thessalonicherbrief halten wir den ältesten neutestamentlichen Text in den Händen; wenn man so will, den ältesten Hirtenbrief. Auf seiner zweiten Missionsreise, um 49 nach Christus, kommt Paulus nach seiner ersten Station auf europäischem Boden, Philippi, nach Thessalonich; es ist die erste europäische Großstadt, die er zusammen mit Silas und Timotheus betritt. Wie bei seinen Stationen zuvor, sucht er im jüdischen Viertel die Synagoge auf und nimmt sein Gastrecht wahr, im Gottesdienst zu predigen. Paulus legt die Schrift auf Jesus von Nazareth hin aus und verkündet ihn als den verheißenen Messias. Die Zweifel, die Widerstände und die Ablehnung, die Jesus erfahren hat, erfährt nun auch Paulus. Dass ihm und seiner Botschaft dennoch einige Glauben schenkten und schließlich eine eigene Gruppierung bildeten, wurde von der Synagogengemeinde heftig missbilligt, mit der Folge, dass Paulus die Stadt verlassen hat bzw. verlassen musste. Nach seiner nächsten Station Beröa zieht Paulus alleine nach Athen und Korinth weiter. Doch es treibt ihn die Sorge um die noch so junge Gemeinde in Thessalonich um: Hat sein kurzer Aufenthalt gereicht um den Glauben an Jesus Christus auch nur halbwegs rüberzubringen? Kann dieses zarte Pflänzchen wirklich bestehen? Er müsste dringend noch einmal hin um nach dem Rechten zu schauen, aber ihm fehlt die Möglichkeit. Sorgen, die manche von uns mit Paulus verbinden.

In Korinth trifft Timotheus wieder auf Paulus und bringt ihm die gute Nachricht vom Glauben und der Liebe der Thessalonicher. Der Brief an sie ist die dankbare Antwort darauf, die wiederum Timotheus bringen und im Gottesdienst vorlesen soll. Ein Brief gilt in der Antike wie ein persönlicher Besuch. In Thessalonich gilt er einer noch kleinen Gemeinde in einer Großstadt, die konfrontiert ist mit vielen Göttern und Kulten und Anfeindungen von Seiten der jüdischen Glaubensgenossen. Am Ende fasst Paulus zusammen, auf was es in einer christ–gläubigen Gemeinde trotz allem und vor allem ankommt:
Freut euch zu jeder Zeit – Geistliches Leben ist kein Trübsalblasen; glauben ist erfreulich.
Betet ohne Unterlass – Geistliches Leben heißt am Puls Gottes sein, an Gott dran sein – beten.
Dankt für alles – Geistliches Leben nährt sich – Gott sei Dank – nicht aus Selbstgenügsamkeit und Undank, sondern aus den Gaben und der Gnade Gottes.

Nochmals – kann man das verordnen, anweisen? Wo das geschieht, ist das Ergebnis meist eine Freude an der man keine Freude hat. Ein Lächeln mit Zähneknirschen, verkrampft eben. Freut euch zu jeder Zeit! Wie soll das gehen? Paulus hat nicht nur den unverschämten Mut zu solcher Freude aufzurufen, er liefert auch das befreiende Wort, dass wir diese Freude nicht durch bestimmte Tricks oder spezielle Übungen aus uns selbst hervorrufen müssen. Er erinnert die Thessalonicher an Gottes Treue, die selbst im Tod nicht weicht. Gottes Treue trägt, das lässt hoffen und aufatmen und erfüllt mit Freude von innen heraus.

Freude als Pflichtübung, das wäre selbst beim besten Willen eine Überforderung. Aber wenn wir Gottes treue Gegenwart, seine Gnade und sein Wirken nicht annehmen, leben wir als Christen weit unter unseren Möglichkeiten beziehungsweise am Eigentlichen vorbei.

Die Aufforderungen des Paulus sind eine Einladung: Gott zu trauen; ihm und durch ihn auch den Geschwistern im Glauben etwas zuzutrauen, auch da wo wir noch nicht viel erkennen können; Gottes Gegenwart Platz machen, nicht im Nebenbei oder irgendwann einmal; Gott vertrauen und nicht verdrängen in all den Weihnachtsvorbereitungen. Dann wird Weihnachten nicht zum Stöhnen, sondern zum Staunen, weil Gott da ist und Freude macht.

Freut euch zu jeder Zeit!
Und wie sehr dies Paulus am Herzen liegt macht der Schluss seines Briefes deutlich:
Ich beschwöre euch beim Herrn, diesen Brief allen Brüdern und Schwestern vorzulesen. Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch!

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