Eine Oase der Barmherzigkeit – 14. Sonntag im Jahreskreis A

Erste Lesung aus dem Buch Sacharja, Kapitel 9
9 So spricht der Herr: Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel, ja auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin.
10 Ausmerzen werde ich die Streitwagen aus Efraim und die Rosse aus Jerusalem, ausgemerzt wird der Kriegsbogen. Er wird den Nationen Frieden verkünden; und seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 11
5 In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen aber offenbart hast.
26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
28 Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.
29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
30 Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Autorin:Karin_2016 (3)Karin Stump, Pastoralreferentin im Kath. Forum Dortmund

 
Die Predigt:
Eine Oase der Barmherzigkeit

Einführung
Liebe Schwestern und Brüder,
schön, dass Sie gekommen sind. Im Namen Gottes, des Barmherzigen, sind wir versammelt. Der Grundton der Schrifttexte dieses Sonntags ist tröstlich und wohltuend. Frieden, Freude, Ruhe und Leichtigkeit werden uns in Aussicht gestellt und zugesagt – wer sehnte sich nicht danach. Spaß, Leichtigkeit – das wird von vielen gesucht. Viele kurzfristige Erlebnismöglichkeiten werden dazu auf dem Markt angeboten. Umfassenden Frieden und Seelenheil – die können wir allerdings nicht machen oder herstellen. Frieden und Heil verheißt uns Jesus Christus. Kommen wir zu ihm, mit allem was uns fehlt oder mit dem, was uns belastet.

Predigt
Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig. Er verkündet für die Völker den Frieden. Worte der Lesung – heute für uns! Die prophetischen Worte richteten sich an die Israeliten im babylonischen Exil. Der Prophet weiß: Gott kann nicht mit ansehen, wie sein Volk verkümmert. So schenkt er ihm die Zusage seiner Nähe und Hilfe und die Verheißung des Friedens für die Völker. Die Freunde Jesu sahen das erfüllt, bei seinem Einzug in Jerusalem auf einem Esel. Für sie war die Zeit des Friedens, des Reiches Gottes nun angebrochen.

Ja, die Zeit des Friedens ist schon da, trotz allen Unfriedens. Wenn wir uns am Ende fühlen, kann Gott mit uns anfangen! Wenn wir heimatlos sind, kann Gott uns Heimat werden. Wenn wir schuldig geworden sind, kann Gott uns vergeben.

In dieser Linie steht auch das Evangelium. Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.
Jesus lädt ein, Lasten abzulegen. Er weiß um die Alltagsbeschwernisse und auch um die Mühen, die unzähligen Gesetzesvorschriften der Schriftgelehrten zu halten. Jesus ordnet die Gesetze und Gebote von innen her neu. Im Zentrum steht: Barmherzigkeit. Er richtet sich damit gegen Gesetzeslehrer, Pharisäer, Besserwisserinnen und Besserwisser, die andere verachten. Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Jesus sieht gerade die, die wissen, dass sie Gott brauchen, dass sie auf seine Güte angewiesen sind. Jesus verbringt die meiste Zeit mit diesen Menschen, die von anderen vielfach missachtet werden. Manchmal schlägt ihnen auch Argwohn und blanker Hass entgegen. Sie sind in ihrer Bedürftigkeit für das Evangelium offener als die Klugen und Gescheiten, die nur auf sich und ihre eigene Stärke bauen.

Ich frage mich: Bin ich nicht auch manchmal so eine Kluge, die andere ausgrenzt? Die Aussage Jesu konfrontiert mich. Wo muss ich meine Haltung ändern? Positioniert sich die Kirche mit ihren Vorschriften, mit ihrer Theologie für manche Menschen nicht ähnlich wie damals die Schriftgelehrten und Pharisäer? Wie steht es um Großmut, um Barmherzigkeit in unseren kirchlichen Gemeinschaften?

Manchmal legen wir uns auch selbst strenge Regeln auf. Auch da tut Jesu Ruf einfach gut. Er nimmt die Last, macht es uns leichter! Statt immer noch etwas aufzuladen.Ich bin gütig und von Herzen demütig. Jesus spricht hier als ein gütiger, wohlwollender, liebevoller Mensch. Eine „Seele von Mensch“– so ein weitherziger Mensch wie der barmherzige Vater im Gleichnis oder wie der barmherzige Samaritaner.

Kennen Sie solche guten Seelen? Ich hoffe, Sie sind im Laufe des Lebens immer mal wieder einer guten Seele begegnet, konnten bei einer Oase der Barmherzigkeit verweilen und neue Kraft schöpfen. Vielleicht war es eine Oma, ein Opa, eine Erzieherin, ein Lehrer, eine Kollegin oder ein Busfahrer, eine Mitarbeiterin der Suppenküche, eine Gemeindesekretärin, ein Priester oder eine Ordensfrau. Vor meinem inneren Auge tauchen so manche Personen und Gesichter auf und ihre wohltuende Ausstrahlung. Etwa Irma Keite, eine englische Ordensschwester, der ich in Brasilien begegnete und mit der ich auch zusammengearbeitet und ein Stück Leben geteilt habe. Sie leitete unter den Armen Gesundheitskurse und war sehr liebevoll im Umgang mit den Menschen. Abends kamen noch Leute an ihre Tür, wenn sie Hilfe brauchten. – Oder Graca, die gute Seele der Gemeinde, verheiratet, 2 Söhne. Graca, die Güte, die Grazie, diskret und anmutig, sie kümmerte sich liebevoll um die Belange der Alten in der Gemeinde. Sie sorgte dafür, dass Versammlungen stattfanden. Sie putzte den Versammlungsraum. Sie schrieb und verteilte Briefe. Sie nahm die Anliegen und Anregungen der armen Leute entgegen und verschaffe ihnen Beachtung. Sie setzte sich ein für Alphabetisierungskurse für Erwachsene und für die Vorschule für Kinder. Sie kämpfte darum, dass der Schulungsraum Wasser hatte in der Siedlung. Auch die wöchentliche Bibelstunde und der Wortgottesdienst im Viertel waren ihr wichtig. Daraus schöpfte sie selbst dann ihre Kraft. Denn sie wurde von ihrem Mann geschlagen. Schließlich erhielt sie einen Job als Organisatorin der Schulspeisung in einer Schule. Sie wurde von den Kindern geliebt. Graca, eine Oase der Barmherzigkeit.

Barmherzig anderen Raum geben, Last abnehmen. Und die Klugen und Unbarmherzigen auch mal konfrontieren. So stelle ich mir Jesus vor. Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig. Er verkündet für die Völker den Frieden. Amen.

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