Geborgen in Gottes Hand – 12. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 10
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern und Jüngerinnen:
26 Fürchtet die Menschen nicht! Es gibt nichts Verhülltes, was nicht aufgedeckt werden wird, und nichts Verborgenes, was nicht bekannt wird.
27 Was ich euch in der Dunkelheit sage, das sagt im Licht! Und was euch ins Ohr geflüstert wird, das verkündet von den Dächern! 
28 Ängstigt euch nicht vor denen, die den Körper töten. Das Leben aber können sie nicht vernichten. Fürchtet vielmehr die Macht, die Körper und Leben in der Hölle vernichten kann. 
29 Werden nicht zwei Spatzen für Kleingeld verkauft? Und doch fällt keiner von ihnen ohne Gott zur Erde. 
30 Nun sind aber sogar eure Haare auf dem Kopf alle gezählt! 
31 Habt nun keine Angst, wie verschieden seid ihr und die Spatzen. 
32 Denn zu allen, die sich zu mir bekennen vor den Menschen, werde auch ich mich bekennen vor Gott, für mich Vater und Mutter im Himmel. 
33 Aber die mich verleugnen vor den Menschen, werde auch ich verleugnen vor Gott im Himmel.

Autorin:
Utta Hahn (2)Utta Hahn, Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin in Schwäbisch Hall

 
Die Predigt:
Geborgen in Gottes Hand

Liebe Leserin, lieber Leser,
letztes Jahr um diese Zeit war freitags in allen Städten in Deutschland, später auch über den ganzen Globus hinweg, mächtig was los: Fridays for Future – Demos für einen Wandel unseres klimaschädlichen Handels.
Viele Menschen teilen die Sorge um die Zukunft unserer Erde und möchten gerne, dass auch alle Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft sich dieser Problematik stellen und ihr Handeln und Entscheiden an nachhaltigen Kriterien von Klimaschutz ausrichten, dass sie das glaubwürdig tun, so dass es auch wirkt. Doch wie kann das umgesetzt werden? Offensichtlich funktioniert unsere Gesellschaft doch eher nach dem Prinzip, dass das Ziel ein individueller Wohlstand ist und der Erfolg fast ausschließlich kurzfristig und nur in finanzieller Hinsicht gemessen wird.

Die Ziele, die wir mit unserem Tun verfolgen sind ganz verschieden.
Reiseunternehmen wollen, dass Menschen unterwegs sind.
Geschäfte wollen verkaufen,
Betriebe wollen produzieren und das muss dann auch wieder verkauft werden.
Banken wollen Kredite geben,
Immobilienkonzerne wollen teuer vermieten oder verkaufen – Spekulation inbegriffen

Da wird schnell deutlich, dass wir ganz verschiedene Ziele haben und diese sich oft widersprechen. Es ist dann sehr schwierig, in irgendeiner Richtung vorwärts zu kommen. Besonders schwer haben es alle Anliegen, die neben dem kurzfristigen Geldverdienen noch andere Ziele als wesentlich und maßgeblich definieren. Zum Beispiel: Klima schützen, faire Handels- und Arbeitsbedingungen, Transportkosten ehrlich berechnen, gerechte Besteuerung von Wirtschaft und Finanzwesen, Gemeinwohl, Teilhabe an Kultur, Bildungsgerechtigkeit oder andere mehr. Viele dieser Ziele würden wohl in einer Umfrage eine hohe Zustimmung erhalten, aber könnten keiner Partei zum Wahlsieg verhelfen.

Und vielleicht war das in anderen Gesellschaften zu anderen Zeiten ganz ähnlich. Im Matthäusevangelium ist Jesus zunächst mit seinen Freunden und Freundinnen unterwegs, lebt mit ihnen, zeigt ihnen in Erzählungen und in seinen Handlungen, welche Werte, welche Haltungen und welche Grundlagen die neue Wirklichkeit hervorbringt. Er lebt mit ihnen im Modell das, was wir Frohe Botschaft und Reich Gottes nennen.

Und dann schickt er sie los, damit sie das ihrerseits tun – vorleben, darüber reden und erzählen, heilen, beraten und genau wie er – im Tun bezeugen. Sie sollen glaubwürdige Zeugen sein.

Dass dies nicht einfach war, lesen wir auch in diesem Kapitel; Jesus hat im Blick, dass Zustimmung und Ablehnung gleichermaßen auf sie zukommen werden. Es ist eine große Herausforderung, mit der eigenen Überzeugung in die Öffentlichkeit zu gehen und sich der Diskussion und der Kritik zu stellen. Man fühlt sich auf sich selbst zurückgeworfen, vielleicht mit ungerechter oder unrichtiger Kritik konfrontiert und das kann auch ganz schön verunsichern. Woher die Ausdauer nehmen, das Durchhaltevermögen, die Beharrlichkeit für das Gute, das man erreichen will?

Jesus gibt seinen Freunden nicht nur die Vollmacht mit, zu heilen und zu verkünden, sondern auch die Quelle, aus der sie Kraft und Ausdauer schöpfen können. Das ist die Gemeinschaft mit ihm, mit den anderen, die auf der Gottesbeziehung aufbaut, die Jesus erlebt und lebt. Gott ist der, der uns bedingungslos annimmt, kennt und begleitet. Liebevoll und mit großem Respekt. Diese Gottesbeziehung zu glauben, zu erfahren und zu leben macht uns stark, für Liebe und Respekt einzutreten.

Das Bild dazu ist eines der schönsten in der Bibel und in der oben aufgeführten Übersetzung nach der Bibel in gerechter Sprache sticht das richtig heraus.

    29 Werden nicht zwei Spatzen für Kleingeld verkauft? Und doch fällt keiner von ihnen ohne Gott zur Erde. 30 Nun sind aber sogar eure Haare auf dem Kopf alle gezählt!
    31 Habt nun keine Angst, wie verschieden seid ihr und die Spatzen.

Kein Spatz fällt ohne Gott zu Erde – das ist noch ein anderer Akzent als das vertraute: ohne den Willen eures Vaters, wie es die Einheitsübersetzung schreibt. Da hatte ich immer die Assoziation, dass es der Wille des Vaters sei, dass oder wenn der Spatz zur Erde fällt. Aber das muss nicht sein.

Keiner fällt ohne Gott zur Erde – da entdecke ich die Zusage, dass Gott mich nicht alleine lässt, er bleibt da – immer. Er bleibt beim Spatzen, der warum auch immer vom Himmel fällt – und ein Spatz fällt eigentlich nur vom Himmel, wenn er gejagt wird, sonst kann er ja fliegen!

Gott löst nicht unsere Probleme, er greift nicht ein, bei allem Mist, der geschieht – aber wir dürfen glauben und spüren, dass er uns nicht lässt, dass er uns nicht alleine lässt; dass wir aus seiner Hand nicht herausfallen können.

Und das wiederum kann uns zu Menschen machen,
– die unermüdlich für die Veränderung eintreten,
– die beharrlich für Fairness global, privat, gesellschaftlich, religiös und wo auch immer eintreten
– die Zivilcourage zeigen
– die bei den Demos dabei sind, die eine bessere Zukunft, einen gerechteren Umgang miteinander einfordern
– die nicht locker lassen, in kirchlichen Strukturen für Reformen einzutreten

Als mutmachend können wir auch den Anfang des Evangeliums lesen – Es gibt nichts Verhülltes, was nicht aufgedeckt werden wird, und nichts Verborgenes, was nicht bekannt wird.

Einerseits ist das die Hoffnung, jeden Missbrauch und jede vertuschte Tat doch einmal aufdecken zu können. Andererseits ist es die Hoffnung, dass die gewünschte Veränderung, die oft unscheinbar und im Verborgenen beginnt, irgendwann den Weg in die Öffentlichkeit findet und gestalterische Kraft entwickelt.

Jesus hat die Jünger losgeschickt, dass sie selber TUN sollen.
Lassen wir uns auch losschicken und TUN.
Geborgen in Gottes Hand, verschieden vom Spatz, Hand in Hand.

Da wünsch ich dann von Herzen: Viel Erfolg.

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Eine Antwort auf Geborgen in Gottes Hand – 12. Sonntag im Jahreskreis A

  1. gabriele sagt:

    Konnte erst heute, 29.06., die Predigt lesen – liebe Utta: wunderbar. Ich wünsche dieser Predigt viele Leserinnen und Leser und uns allen den Mut und das Vertrauen ins Tun.

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