34 In jener Zeit als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie bei ihm zusammen.
35 Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn auf die Probe stellen und fragte ihn:
36 Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?
37 Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.
38 Das ist das wichtigste und erste Gebot.
39 Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
40 An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten
Autorin:
Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach-Süd im Bistum Aachen
Die Predigt:
Richtungswechsel
Streitfragen
„Nie bist du…“
„Immer machst du…“
„Stell dich nicht so an!“
Gebrauchen Sie oft solche Wendungen?
Bravo, dann haben Sie eindeutig Talent,
unerquickliche Streitereien
vom Zaume zu brechen.
Machen Sie gern vage Andeutungen
und reden um den heißen Brei herum,
bevor Sie sagen, was Sie stört?
Nur zu, damit läßt sich
wunderbar ein Streit provozieren.
Unterstellen Sie anderen
schnell böse Absichten
und berufen sich dabei auf Ereignisse,
die schon lange zurückliegen?
Werfen Sie großzügig
mit Beleidigungen um sich?
Jawohl, auch so kann man einen Streit
äußerst wirkungsvoll anheizen.
Aber sagen Sie mal ehrlich:
Macht Ihnen das eigentlich Spaß?
– Gisela Baltes –
Liebe Leserinnen und Leser!
Super, wie Jesus das wieder hinkriegt. So zu antworten, dass sich eben KEIN Streitgespräch entwickelt. Ich bin wirklich immer wieder beeindruckt, dass er es auf scheinbar so schlichte Weise schafft, die Ebene zu wechseln, eine liebevoll verbindliche Antwort zu finden – dem Gesprächspartner gleichsam den Spiegel vorhält, aber ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. Keiner muss das Gesicht verlieren und doch haben alle die Chance etwas zu lernen.
Wie oft nämlich tappe ich genau in diese Falle: eine provozierende Frage, ein spitzer Zungenschlag und schon antworte ich genauso schnippisch, sehe mich eher an die Wand gedrängt, antworte rechtfertigend oder vorwurfsvoll, verletzend. Die ganze Atmosphäre ist dann vergiftet. Das ist besonders in Glaubensfragen oder beim Dialog innerhalb der Pfarrgemeinde völlig kontraproduktiv. – Und ehrlich, Spaß macht mir das eigentlich nicht!
Jesus zeigt mir in dieser Schriftstelle heute eine Grundhaltung des Dialogs auf. Es handelt sich um uneingeschränktes Wohlwollen dem anderen gegenüber. Dabei geht es nicht um ein theoretisches Prinzip oder eine Theologische Abhandlung, sondern er zeigt darin einen aktiven Schritt zu einem guten Miteinander.
Das macht mir Mut zum Gespräch, zum Dialog.
Denn die Erfahrung habe ich auch schon oft gemacht: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus.“ Ich habe es in der Art und Weise der Gesprächsführung mit in der Hand, ob Verständigung funktioniert.
Vielleicht denken Sie jetzt, dass das ja nun wirklich keine neue Erkenntnis ist und wohl das Normalste auf der Welt. Das mag sein, doch oft scheitert das weltweite Miteinander, im Großen und im Kleinen, gerade an diesen schlichten Selbstverständlichkeiten.
So auch, wenn wir noch einen Blick darauf werfen, dass heute der Sonntag der Weltmission begangen wird. Zum Stichwort „Weltmission“ fallen mir als erstes leider sehr belastende und unrühmliche Tatsachen aus der Kirchengeschichte ein. So, so oft hat Dialog in diesem Punkt eben nicht geklappt und die Grundhaltung Jesu wurde missachtet. Was soll also „Weltmission“ im 21. Jahrhundert?
Mission hat ja etwas von Glaubensweitergabe. Das kann ich überzeugend, begeisternd nur dann vermitteln, wenn ich es selbst lebe, wenn ich selbst erfüllt bin, mir mein Glaube auch wirklich Freude bereitet. – Und ganz ehrlich, in letzter Zeit ertappe ich mich dabei, dass genau das beschwerlicher wird. Ich finde mich wieder in einem allgemeinen Strudel des Jammerns: Alles wird immer schlechter in der Kirche, Geldmangel, Priestermangel, rückläufige Kirchenbesucherzahlen, Glaubensschwund, mangelndes Engagement… Sie kennen das zur Genüge.
Da kann einem jede Freude und jede Lust am Glauben oder an der Glaubensweitergabe vergehen. Schade! Gerade im wohlhabenden, satten Deutschland klage und jammere ich da auf hohem Niveau.
Und jetzt kommt´s: Ich bin in diesem Zusammenhang froh, dass es ihn gibt, den Sonntag der Weltmission. Ich sehe darin im 21. Jahrhundert die umgekehrte Bewegung, nämlich hinein ins (ehemals?) christliche Abendland. Wir, die wir hier manchmal so übersättigt und trotzdem klagend sind, können von den „jungen Christen“ der anderen Länder lernen und angesteckt werden von ihrer fröhlichen Art. Es ist andernorts definitiv ein anderes Lebensgefühl, eine andere, heitere Mentalität vorhanden. Weltmission 2011 könnte meines Erachtens diesen Kreislauf des Klagens, Jammerns und Schlechtredens auf-brechen. Nicht stecken bleiben in engstirnigen Grundsatzfragen, sondern die Ebene wechseln: Wohlwollendes, Liebevolles, Lebendiges, Frohmachendes im Glauben neu entdecken.
Und da ist sie dann wieder, die ganz praktische Grundhaltung Jesu im Dialog und im Leben!