Taufbewusstsein – Taufe des Herrn / B

Neue Einheitsübersetzung
Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 1
In jener Zeit
7 trat Johannes in der Wüste auf und verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken, um ihm die Schuhe aufzuschnüren.
8 Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
9 In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.
10 Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam.
11 Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Taufbewusstsein

Liebe Leserin, lieber Leser,
Jahresrückblicke und –ausblicke haben am Ende eines Kalenderjahres bzw. zu Beginn eines neuen Jahres Hochkonjunktur. Im Fernsehen wurden uns die „Bilder und Menschen des Jahres 2017“ präsentiert. Man muss sicher nicht alles mitmachen, was uns in den Medien dargeboten wird, doch wenn es um Rückblick, Innehalten und Würdigen besonderer Momente geht, bin ich persönlich mit dabei. Um eben nicht wie im Geschwindigkeitsrausch durch meine Tage zu fliegen und im Alltagsstress zu versinken, reflektiere ich bewusst zum Jahreswechsel. Dabei halte ich Rückschau auf persönliche Ereignisse meines vergangenen Jahres. Von einem für mich besonderen Ereignis möchte ich gerne berichten.

Seit über 25 Jahren arbeite ich als Gemeindereferentin in der kath. Kirche und stets gehören biblische Orte und Geschichten wie selbstverständlich zu meiner Katechese und Verkündigung. Über all die Jahre hatte ich immer mal wieder den Wunsch, das alles selbst zu sehen, so wuchs meine Neugierde und Vorfreude auf das Land.

Im März 2017 war es so weit, ich trat mit einer Reisegruppe eine 10 tägige Reise ins Heilige Land an. Es gab einige vorbereitende Treffen und Infomaterial, das ich fleißig gelesen habe, doch auf manches kann man sich nicht wirklich vorbereiten. Darauf nämlich, wie die verschiedenen Eindrücke auf mich wirken würden. Das erfuhr und erlebte ich erst vor Ort. Zu beobachten war auch, dass für jede und jeden aus der Reisegruppe ein anderes Ereignis bzw. ein anderer Ort oder eine andere Begegnung die Entscheidende war. Ich greife hier nur ein einziges heraus, den Tagesausflug zum Jordan.

Da es sich bei der Reise nicht um reines „Side Seeing Programm“ handelte, sondern sie durchaus mit religiösen und spirituellen Momenten versehen war, hatten wir an der sogenannten „Taufstelle Jesu am Jordan“ die Gelegenheit zu einem Tauferinnerungsgottesdienst. Zum Glück fanden wir etwas abseits der Touristenströme einen schönen Winkel nahe am Fluss, – der zu meiner Enttäuschung an dieser Stelle recht trübe und schlammig war – , der uns die nötige Ruhe für eine Feier bot. Neben Gebeten und Gesängen bildete natürlich das Jordanwasser das zentrale Element des Gottesdienstes. Mit Hilfe einer großen Pilgermuschel haben wir es aus dem Fluss geschöpft. Im Kreis herum haben sich anschließend alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegenseitig damit gesegnet. Das vollzog sich in großer Stille, wodurch sich die Szene in mir tief eingeprägt hat und mich nachhaltig berührte. Im täglichen Leben bildete meine Taufe zwar für manches die Grundlage, doch sie war mir nicht permanent präsent. Hier nun, an diesem Ort des Geschehens, hatte meine Taufe seit langer, langer Zeit mal wieder Gelegenheit in mein Bewusstsein vorzudringen. Von außen betrachtet ist dabei nichts Außergewöhnliches passiert, doch in mir hat sich etwas bewegt und einen Spalt breit neu geöffnet.

Bei der Taufe Jesu wird von einem Ereignis berichtet, was auch die Umstehenden hören konnten: Eine Stimme aus dem Himmel sprach „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ Für Jesus war das der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben, wonach er schließlich sein öffentliches Wirken begann. Bevor er in seine grundlegend neue Aufgabe , die Verkündigung des Gottesreiches, startet, hält Jesus inne: er hört auf die Worte und Botschaft des Täufers; er steigt aus alten Gewohnheiten und Abläufen aus; er lässt eine Zeichenhandlung an sich geschehen; er kommt in eine neue Ausrichtung und Haltung; Jesus erfährt Stärkung; er hört den Zuspruch Gottes.

Für mich war meine Reise ins Heilige Land zwar keine massive Lebenswende, doch ich kann sagen, mein Taufbewusstsein ist durch dieses Erlebnis sehr gestärkt. – Ich durfte diese besondere Pilgermuschel behalten. Seitdem dient sie übrigens bei den Tauffeiern in unserer Gemeinde als „Schöpfgefäß“ zum Übergießen der Täuflinge. Die Tauffeiern bekommen dadurch für mich eine besondere Bedeutung und ich freue mich jedes Mal, wenn ich dabei sein kann.

Und noch etwas nehme ich von meinen rückblickenden Überlegungen mit: Das besondere Augenmerk für „Lebenswenden“ tiefgreifende Veränderungen und Neuausrichtungen in meinem Leben. Es gab verschiedene davon im Laufe der Jahre. Manche mehr, andere weniger gut gelungen. Dafür kann in meinen Augen der Bericht von der Taufe Jesu im Jordan eine exemplarische Schilderung sein.

Wendepunkte gibt es ja in unser aller Leben. Sie sind mehr oder weniger massiv. Einige scheinen sich ganz natürlich zu ergeben, andere bilden für uns persönlich größere Hürden. Das erleben wir sicher ganz individuell: den Eintritt in den Kindergarten, den Wechsel von der Grundschule in die weiterführende Schule, ein Umzug vielleicht, der Eintritt ins Berufsleben, der Auszug von zu Haus, eine Partnerschaft, der Tod lieber Menschen, berufliche Veränderungen, eine schwere Krankheit, der Renteneintritt, die Geburt der Enkelkinder… Wendepunkte kommen in jeder Lebensphase immer mal wieder. Wie ist mein Umgang damit, habe ich eine Strategie auf Lager? Oder wünsche ich mir dabei Orientierung und Unterstützung? –

Der Blick ins heutige Evangelium, der Bericht von der Taufe Jesu im Jordan, kann meiner Meinung nach dabei hilfreich sein: Innehalten, auf die Botschaft hören, Gewohntes ablegen, eine Zeichenhandlung erleben, eine neue Haltung einnehmen, Stärkung erfahren und dem Zuspruch Gottes trauen: „Du bist meine geliebte Tochter, du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen.“ Probieren wir es doch einmal aus.

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