Unverdient und unverdienbar – 4. Adventssonntag B

Zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom, Kapitel 16
25 Ehre sei dem, der die Macht hat, euch Kraft zu geben – /
gemäß meinem Evangelium und der Botschaft von Jesus Christus, /
gemäß der Offenbarung jenes Geheimnisses, /
das seit ewigen Zeiten unausgesprochen war,
26 jetzt aber nach dem Willen des ewigen Gottes offenbart /
und durch prophetische Schriften kundgemacht wurde, /
um alle Heiden zum Gehorsam des Glaubens zu führen.
27 Ihm, dem einen, weisen Gott, /
sei Ehre durch Jesus Christus in alle Ewigkeit! Amen.

Autorin:
A. TrautmannAndrea Trautmann, Pastoralreferentin in Böblingen

 
Die Predigt:
Unverdient und unverdienbar

Liebe Leserin, lieber Leser,
an Weihnachten liegen die Geschenke wieder unter dem Baum. Viele Überlegungen gehen dem Schenken voraus. Der oder die Schenkende beschäftigt sich mit der Person, die er oder sie beschenken will. Was braucht diese oder jene? Worüber würde er oder sie sich freuen? Die Freude des Beschenkten ist für die Schenkende meist Lohn genug. In den Lesungen des vierten Advents ist auch vom Schenken die Rede. Gott schenkt sich seinem Volk. Gott schenkt seinen Sohn. In Jesus Christus ist er Mensch geworden und hat unser Menschsein geteilt. Gott schenkt sich uns. Einfach so, unverdient. Weil Gott weiß, was wir brauchen.

Ehre sei Gott für die Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, so preist der Apostel Paulus Gott im Brief an die römischen Gemeinden. Er lobt Gott für die Geburt Jesu, für die Menschwerdung Gottes. Für Paulus als strenggläubigen Juden waren Gesetz und Tempeldienst die Wege zu Heil und Erlösung. Doch letztlich sind weder die Zehn Gebote noch die anderen Gesetze und Verhaltensweisen für ein gelingendes Leben, einhaltbar. Mag sich der Mensch auch noch so sehr bemühen, er muss daran scheitern. Paulus erfährt: Der Mensch kann sich nicht aus eigener Kraft erlösen – weder durch die Einhaltung aller Gebote noch durch die Darbringung von Opfergaben.

Der Mensch ist angewiesen auf die Gnade Gottes. Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht gemacht durch die Gnade Gottes, durch die Erlösung in Jesus Christus. Welch eine Befreiung! Welch eine Frohe Botschaft! Es geht nicht mehr darum, sich mit vielen Geboten zu kasteien und Gott durch gute Werke günstig zu stimmen, in der Hoffnung, dass es am Ende der Zeit einmal reichen wird. Es geht nicht um Leistungen oder Angst nach dem Motto: Gott sei Dank, alles richtig gemacht! An solchen Ansprüchen kann man nur scheitern. Egal wie sehr man sich müht. Gott liebt uns nicht, weil wir uns so bemühen bis wir fast perfekt sind. Im Gegenteil: Gott liebt die Menschen, trotz ihrer Fehler und trotz ihrer Schuld. Er selbst kommt den Menschen entgegen. Gott selbst wird Mensch, um den Menschen nahe zu sein. Er schenkt sich den Menschen. Unverdient und unverdienbar!

Paulus ist durchdrungen von dieser Erfahrung. Vielleicht auch, weil ihm, der die Christen so hart verfolgt hat, die Gnade Gottes so unverdient geschenkt wurde. Vielleicht weil er akzeptiert hat, dass er erlösungsbedürftig ist und dass Christus sich ihm gezeigt hat, obwohl er die ersten Christinnen und Christen bis auf den Tod verfolgt hatte. Nach Damaskus gibt Paulus auf, er versucht nicht länger, Gott durch die Einhaltung der Gesetze nahe zu sein. Sondern er lässt zu, dass Gott ihm entgegenkommt, dass sein Gesetzeseifer letztlich versagt hat. Er akzeptiert, dass er angewiesen ist auf die Gnade Gottes. Dass Gott ihm und allen Menschen entgegenkommt ohne dass wir das verdient hätten.

Mit Paulus Christ und Christin sein ist kein Aufruf, Gesetze zu brechen. Es ist auch keine Ansage für ein einfaches, lockeres Leben. Natürlich ist es gut, die Zehn Gebote zu beachten, Gottesdienst zu feiern und den Nächsten zu helfen. Aber das ist nicht mehr Voraussetzung, sondern Folge der Liebe Gottes. Der Glaube ist die staunende und betende Antwort auf die empfangene Botschaft vom unverdient geschenkten Heil. Paulus ist und bleibt ein Leben lang davon erfüllt. Diese Offenbarung trägt seinen Glauben, hilft ihm in schweren Zeiten und lässt ihn Gott lobpreisen.

Mit Paulus Christ und Christin zu sein, hilft die Liebe Gottes, Gottes Geschenk an uns, anzunehmen. Unmögliches für möglich zu halten. Damit zu rechnen, dass Gott uns entgegengeht, vielleicht ganz anders als wir es uns vorstellen. Ein Geschenk anzunehmen, noch dazu ein unverdientes, gilt als unanständig. Insofern ist es ist sicher die größte „Leistung“ – dass wir offen dafür sind, dass Gott uns liebt, so wie wir sind und dass er uns durch Jesus Christus entgegenkommt. Ehre sei Gott!

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