Sich freuen? – Gaudete / 3. Adventssonntag B

Erste Lesung aus dem Buch Jesaja, Kapitel 61
1 Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; /
denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe /
und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde /
und den Gefesselten die Befreiung,
2a damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
10 Von Herzen will ich mich freuen über den Herrn. /
Meine Seele soll jubeln über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, /
er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt /
und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt.
11 Denn wie die Erde die Saat wachsen lässt /
und der Garten die Pflanzen hervorbringt, so bringt Gott, der Herr, Gerechtigkeit hervor /
und Ruhm vor allen Völkern.

Zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki, Kapitel 5
Schwestern und Brüder!
16 Freut euch zu jeder Zeit!
17 Betet ohne Unterlass!
18 Dankt für alles; denn das will Gott von euch, /
die ihr Christus Jesus gehört.
19 Löscht den Geist nicht aus!
20 Verachtet prophetisches Reden nicht!
21 Prüft alles und behaltet das Gute!
22 Meidet das Böse in jeder Gestalt!
23 Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt.
24 Gott, der euch beruft, ist treu; er wird es tun.

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 1
6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
19 Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?,
20 bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias.
21 Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein.
22 Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst?
23 Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat.
24 Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer.
25 Sie fragten Johannes: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet?
26 Er antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt
27 und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.
28 Dies geschah in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.

Autorin:
def9d78cf6Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, z.Zt. als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Sich freuen?

Liebe Leserin, lieber Leser,
so, das waren sie, die drei Bibeltexte zum Sonntag „Gaudete“. Welcher hat Ihnen am besten gefallen? Über welchen habe sie sich vielleicht sogar gefreut? Für uns Christen liegt der Sonntag „Gaudete“ mitten in der Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten. Der Advent ist halb vorbei – leider oder Gott sei Dank – und wir erhalten den Ruf, die Aufforderung: Freut euch!

Aber worüber oder worauf können wir uns freuen?

Der Prophet Jesaja freut sich, weil Gottes Geist auf ihm ruht. Ein schönes Bild. Gottes Geist kann auf uns Menschen ruhen – da können wir ruhig werden, wenn wir dieses Bild an uns heranlassen. Weil Gottes Geist auf Jesaja ruht weiß er sich von Gott gesendet: den Armen die frohe Botschaft zu verkünden, zu heilen, Gefangene zu befreien, ein Gnadenjahr auszurufen. Lauter Anlässe um sich zu freuen. Diese Jesaja Stelle wird Jesus später in der Synagoge vorlesen und hinzufügen: Dieses Schriftwort hat sich heute erfüllt. Jesaja weiß sich von Gott in Gewänder des Heils gekleidet; er jubelt und freut sich, weil Gottes Gerechtigkeit wachsen wird. Das wäre doch auch für uns ein Anlass zur Freude, wenn wir sagen könnten: Gott umgibt mich wie ein Gewand, das Heil bringt, Schutz, Gerechtigkeit.

Der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Thessaloniki: Freut euch zu jeder Zeit, dankt für alles, denn ihr gehört Christus. Paulus rechnet fest mit der baldigen Wiederkunft Christi und beschwört die Gemeinde, sie solle freudig auf diese Ankunft warten; die Christinnen und Christen sollen so leben, dass auch Gott sich freuen kann über sie. Bei Paulus ist die Erwartung ganz auf die nahe Zukunft gerichtet, und weil das positiv sein wird, haben seine Gemeindemitglieder geradezu die Pflicht, ich jeder Zeit zu freuen. „Vorfreude ist die schönste Freude“ fällt mir dazu ein.

Im Evangelium sind die Freudentränen verhalten; Johannes der Täufer legt Zeugnis ab, dass derjenige, auf den die Völker schon lange warten, das Licht der Welt, dass dieses schon mitten unter ihnen ist. Warten hat ein Ende – die Zeit des Heiles ist nahe. Ein Grund zur Freude sicher.

Und im Jahr 2017 nun also wir: Worüber freuen wir uns – und worauf? Ich meine, am dritten Adventssonntag, dieses Jahr so kurz vor Weihnachten, dürfen wir spätestens jetzt innehalten. Innehalten und uns neu bewusst machen, worauf wir zugehen: Wir feiern das Geschenk, dass Gott uns als Mensch und in Menschen begegnet, dass Gott spürbar Gewänder der Heiles um uns breiten will und uns königliche Würde verleiht. Ein Grund zur Vorfreude!

Wir könnten uns auch unterbrechen lassen in all unseren Vorbereitungen und uns bewusst machen wie Johannes: Das Heil ist ganz nahe. Es ist schon mitten unter uns. Gott kommt nicht erst in ferner Zukunft, sondern in unser Leben, in unseren Alltag, wenn wir uns dafür öffnen.

Wer sich von Gott unterbrechen lässt, wechselt die Blickrichtung: vom Stress zu Ruhe, vom Misslungenen zum Gelungenen, von der Sorge zur Zuversicht in. Wer sich von Gott unterbrechen lässt, kann durchatmen, aufatmen und sich freuen. Amen.

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