Ich werde euch geben, was ihr braucht – Fronleichnam A

Erste Lesung aus dem Buch Deuteronomium, Kapitel 8
Mose sprach zum Volk:
2 Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich während dieser vierzig Jahre in der Wüste geführt hat, um dich gefügig zu machen und dich zu prüfen. Er wollte erkennen, wie du dich entscheiden würdest: ob du auf seine Gebote achtest oder nicht.
3 Durch Hunger hat er dich gefügig gemacht und hat dich dann mit dem Manna gespeist, das du nicht kanntest und das auch deine Väter nicht kannten. Er wollte dich erkennen lassen, dass der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern dass der Mensch von allem lebt, was der Mund des Herrn spricht.
14 Nimm dich in Acht, dass dein Herz nicht hochmütig wird und du den Herrn, deinen Gott, nicht vergisst, der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus, geführt hat;
15 der dich durch die große und Furcht erregende Wüste geführt hat, durch Feuernattern und Skorpione, durch ausgedörrtes Land, wo es kein Wasser gab; der für dich Wasser aus dem Felsen der Steilwand hervorsprudeln ließ;
16 der dich in der Wüste mit dem Manna speiste, das deine Väter noch nicht kannten.

Autorin:
Rings-KleerMarita Rings–Kleer, Gemeindereferentin in der Gemeinde St. Josef, Saarbrücken, Bistum Trier

 
Die Predigt:
Ich werde euch geben, was ihr braucht

Liebe Leserin, lieber Leser,
In Südafrika gibt es ein kleines Land, das bis vor wenigen Jahren fast ganz von der Außenwelt abgeschnitten war. Das fiel auch niemandem auf, denn das Land, gehört nicht zu den Ländern, die gerne bereist, es gehört zu den Ländern, die überhaupt nicht bereist werden. Bis heute sind erst rund 200 Menschen dort hin gefahren. Und das hat seine Gründe: es gibt keine Straßen, keine Hotels oder Pensionen, keine Restaurants und erst recht keine Strände. Also was sollten Urlauber dort wollen? Was es auch nicht gibt, ist Trinkwasser. In der Hauptstadt schon und auch für die Menschen, die an Bächen und Flüssen leben, aber all die anderen müssen ihr Trinkwasser an den gleichen Wasserstellen schöpfen, aus denen auch das Vieh trinkt. Das bedeutet, dass das Wasser nicht sauber ist und dass vor allem viele Babys und Kleinkinder an den Folgen des verunreinigten Wassers an Infektionen starben. Das Land, von dem die Rede ist, heißt Lesotho und liegt wie eine riesiger Tafelberg mitten im Land Südafrika.

Die Tatsache, das es in den Dörfern des Landes keine Versorgung mit sauberem Trinkwasser gibt, hat vor rund 20 Jahren Frauen aus ganz Deutschland auf den Plan gerufen und sie haben Spenden gesammelt, damit in jedem Dorf Lesothos eine Wasserstelle gebaut werden konnte, an der die Menschen sauberes Wasser für sich, ihre Familien und auch ihr Vieh holen konnten. Zusammen mit den Deutschen Welthungerhilfe, die für die Logistik vor Ort zuständig war, wurde tatsächlich im Laufe von wenigen Jahren in jedem Dorf eine Wasserversorgung installiert. Sie funktionierte ganz einfach: es wurde ein ca. 5 x 5 m großes Becken oberhalb des Dorfes gemauert, in die das Wasser aus kleinen und kleinsten Quellen aus den Bergen geleitet wurde, das Becken hat einen stabilen Deckel, damit kein Schmutz reinkommt. Eine einfache Wasserleitung führt zu einem Wasserhahn im Dorf. Dort kann sauberes Wasser gezapft werden. In der Folge dieser Versorgung mit Wasser sterben nun deutlich weniger Kinder und auch die Erwachsenen sind gesünder, wichtig auch deshalb, weil es keinerlei medizinische Versorgung gibt. Das Wasser ist sogar sauber, dass die wenigen Touristen, die das Land erwandern, bedenkenlos davon trinken können und ihre Wanderungen sogar erst möglich werden, weil sie sich unterwegs immer wieder mit Wasser versorgen können.

Die Erfahrung, dass Wasser etwas ist, was kostbar und wichtig ist, aber nicht immer und überall in bester Qualität zur Verfügung steht, ist eine Erfahrung, die wir hier in Deutschland nicht mehr machen. Ganz selbstverständlich drehen wir den Wasserhahn oder die Flasche auf und trinken gutes Wasser. Und wenn dann doch mal eine Panne passiert, wie vor wenigen Wochen in der Wohnstadt in Überherrn, dann wird auch uns noch einmal ansatzweise deutlich, wie kompliziert es sein kann, sauberes Wasser zu haben.

Wasser gehört zu den Dingen im Leben, die lebenswichtig sind. Ohne Wasser können wir nicht leben. Es ist sogar noch wichtiger als Brot. Den Brot können wir gegen andere Nahrungsmittel eintauschen, aber in allen Getränken ist in irgendeiner Form immer Wasser. Wir können keinen Kaffee oder Tee, keine Cola oder Limo oder sonst etwas trinken, ohne dass dort vorher Wasser im Spiel war. Selbst Säfte sind die Folge davon, dass ein Baum dank Wasser überhaupt Früchte ausbilden kann. Die Menschen der Bibel hatten noch ein ganz ursprüngliches Verhältnis zum Wasser und wussten um die enorme Wichtigkeit der Flüssigkeit. Einmal, weil sie in Ländern lebten, in denen es heiß und trocken war, und zum anderen, weil sie ganz konkret Erfahrungen mit Wüsten und Dürren gemacht hatten.

Das Volk Israel ist auf seiner Wüstenwanderung immer wieder mit dem Problem des Wassermangels konfrontiert. Und immer dann, wenn es wieder einmal knapp war, dann wussten sie, es gibt nur einen, der ihnen zum lebenswichtigen Wasser verhelfen konnte. Nämlich Jahwe, ihr Gott, dessen Führung sie sich anvertraut hatten. Und Jahwe gab ihnen nicht nur Wasser, auch Brot, dieses seltsame Manna, von dem sie essen konnten und hin und wieder eine Wachtel.

Gott gab ihnen, was sie zum Leben, zum Überleben brauchten. Jetzt könnten wir sagen: wir haben doch alles, was wir brauchen: Wasser, Brot und die unendlich vielen anderen Dinge, die uns schmecken, guttun und gefallen. Haben wir tatsächlich alles? Von Jesus wird erzählt, dass er einmal an den Jakobsbrunnen kam und dort Wasser schöpfen wollte. Dort begegnete ihm eine Frau, eine Samariterin, die ebenfalls Wasser schöpft. Es entwickelt sich ein Gespräch und Jesus sagt ihr: „Ich bin das Wasser des Lebens“. Die Frau versteht zunächst nicht, denn sie hat ja Wasser, ihr Eimer ist voll, sie hat was sie braucht. Doch das, was sie wirklich braucht, ist kein Wasser, sondern die liebende Nähe eines Menschen. Das ist es, was ihr fehlt, das ist ihr Lebenswasser, nach dem sie dürstet. Und weil sie genau das nicht findet, bleibt ihr Lebensdurst zunächst ungestillt.

Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Gott schenkt uns nicht das, was wir wollen und uns wünschen, sondern das, was wir brauchen. Heute ist so ein Tag, an dem wir uns dieser Frage einmal stellen können:
Was brauche ich tatsächlich zum Leben?
Was ist mein Wasser des Lebens, mein Brot des Lebens?
Was brauche ich so sehr, dass mein Leben ohne dieses Lebens-Elixier keinen Sinn macht?
Für uns ist das sicher nicht das bloße Wasser!
Vielleicht ein Mensch, der mich liebt, so wie die Samariterin am Jakobsbrunnen?
Oder eine Arbeitsstelle, oder eine Perspektive für meine berufliche Zukunft?
Oder Gesundheit, ein Leben ohne Schmerzen und Einschränkungen?
Oder die Anerkennung meiner Person, die Wertschätzung meiner Leistung?
Oder das Gefühl von Sicherheit, keine Angst mehr vor Krieg oder Gewalt, auch vor der Gewalt, die hier bei uns tagtäglich in den Familien geschieht?
Oder das Gefühl gebraucht zu werden, auch im Alter noch wertvoll zu sein, das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, egal wie groß sie ist?
Oder auch für uns als Kirche, die wir heute nach draußen gehen und unseren Glauben bekennen, dass wir nicht als weltfremd und überholt belächelt werden, sondern unser Glauben in die Welt hinein wirkt?
Oder das Nachlassen von Trauer, wenn ich etwas verloren habe, was mir sehr wichtig war?

Jesus sagt: Ich bin das Wasser des Lebens, Jahwe sagt: kommt zu mir, ich gebe euch das Wasser des Lebens. Das, was für mich Wasser des Lebens ist, muss ich für mich selbst herausfinden und dabei offen und ehrlich mein Leben ansehen. Das ist nicht einfach, es gibt genug Widerstände und genug Ablenkungen. Das Volk Israel hat sie Schlangen und Skorpione genannt. Der Weg zum Wasser des Lebens, zum Brot des Lebens ist kein Spaziergang, wie immer im Leben. Aber wenn Menschen in Lesotho den Wasserhahn aufdrehen können und sauberes Wasser in ihren Becher läuft, dann ist das ein unglaublich tolles Gefühl. Sie können das Leben für ein paar Augenblicke lang Zug um Zug genießen.

Wenn ich in meinem Leben auf eine Quelle stoße, aus der ich das schöpfen kann, was ich jetzt und hier brauche, dann ist das genauso ein Genuss, ein Glück. Das ist auch eine Botschaft von Fronleichnam: Kommt alle zu mir, ich werde euch geben, was ihr braucht. So wird euer Leben reich, so werdet ihr lebenssatt. Seht das Brot, seht das Wasser, esst und trinkt und vertraut mir und habt das Leben in Fülle.

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