Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch – Hochfest von Pfingsten

Lesung aus dem Buch Joel, Kapitel 3
So spricht Gott, der Herr:
1 Es wird geschehen, /
dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch.
Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, /
eure Alten werden Träume haben /
und eure jungen Männer haben Visionen.
2 Auch über Knechte und Mägde /
werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen.
3 Ich werde wunderbare Zeichen wirken /
am Himmel und auf der Erde:/
Blut und Feuer und Rauchsäulen.
4 Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln /
und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, /
der große und schreckliche Tag.
5 Und es wird geschehen: /Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet. Denn auf dem Berg Zion /und in Jerusalem gibt es Rettung, wie der Herr gesagt hat, /
und wen der Herr ruft, der wird entrinnen.

Autorin:
Walburga_Rüttenauer-Rest2009Walburga Rüttenauer – Rest, Bensberg, verheiratet, drei Kinder, Grundschullehrerin, nach der Pensionierung Ausbildungskurs zum
Diakonat der Frau, diakonische und liturgische Aufgaben in der Pfarreigemeinde

Die Predigt:
Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch

Liebe Leserin, lieber Leser,
die Liturgie von Pfingsten, dem Fest des Heiligen Geistes, bietet wie die Oster-Liturgien zahlreiche Lesungen an. Das Fest hat die gleiche Bedeutung wie das Osterfest und doch wissen die wenigsten Christen, worin diese Bedeutung besteht. Ich habe für die Lesung den Text des Propheten Joel gewählt, der in der Liturgie für den Vorabend des Pfingstfestes vorgesehen ist. Er stellt sehr lebendig das Wirken der Geistkraft Gottes dar. Nicht von ungefähr beginnt Petrus seine erste große Predigt mit diesem Text ( siehe Apostelgeschichte, Kapitel 2, Vers 14 und folgende).

Das Erstaunliche ist, dass in diesem Text auch die weibliche Form des Menschen genannt wird und keineswegs einer modernen Übersetzung zu verdanken ist, wo man die weibliche Form einfach hinzufügt. Gott unterscheidet zwischen Sohn und Tochter, zwischen Knecht und Magd, doch über beiden wird die Geistkraft in gleicher Weise ausgegossen. Es wird die Wirkung der Geisteskraft auf uns Menschen vorgestellt:

Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch.
Über alle, ohne Unterschied, gießt Gott seine Geistkraft aus. Gott hält sich an keine Ämter, keine Priester, keine Laien. Er macht keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen, zwischen Juden und Heiden. Das bedeutet aber nicht, dass er alle gleichschaltet. Im Gegenteil, er nennt die Menschen in ihrer Vielfalt und stellt sie einzeln vor. Über Söhne und Töchter, über Alte und Junge, über Knechte und Mägde wird er seinen Geist ausgießen. Dadurch wird die Geisteskraft in ihrer Vielseitigkeit spürbar, denn Männer werden den Geist anders erleben als Frauen, Alte anders als Junge. Die Geistkraft wird sich auch bei den Knechten anders auswirken als bei den Mägden.

In der Auswirkung wird das eindrucksvoll deutlich: Unsere Söhne und unsere Töchter werden Propheten sein.
Die Propheten und Prophetinnen hatten und haben den Auftrag, Gottes Willen den Menschen nahe zu bringen, indem sie zurück in die Vergangenheit schauen, um dann die Gegenwart wachzurütteln, um für die Zukunft neue Wege, neue Ansätze den Nachkommen zu zeigen. Die Propheten bemühen sich darum, dass die Menschen friedlich und fürsorglich miteinander versuchen die großen Probleme unserer Zeit wie z.B. Kriege, Hungersnöte, Ausbeutung und Zerstörung der Schöpfung in Angriff zu nehmen. In den vergangenen Zeiten gab es Propheten und Prophetinnen, die mit der Kraft des Heiligen Geistes diese Aufgaben übernahmen. Wenn Sie diese Frauen im Ersten Testament aufsuchen, werden Sie feststellen, dass diese Frauen oft nur mit ihrem Namen genannt werden und sonst kaum etwas über sie erwähnt wird. Also haben sie leider kaum eine Wirkung auf unser heutiges Denken und Handeln. Doch zu ihrer Zeit waren sie sehr wirksam.

Heute gibt es auch zunehmend Prophetinnen, deren Stimmen gehört werden. Ich nenne nur einige von ihnen: Berta von Suttner, Madeleine Delbrél, Lea Ackermann, Margot Käßmann und viele mehr. Als Propheten der Neuzeit möchte ich nennen: Dag Hammarskjöld, Janusz Korczak, Albert Schweitzer und Rupert Neudeck. Die vom Geist geleiteten heutigen Propheten und Prophetinnen suchten nach Lösungen für wichtige Themen unserer Zeit und werden weiterhin suchen, wie z.B. die zahlreichen Kriege zu beenden sind, wie die Schöpfung vor dem Untergang zu bewahren ist, wie der Hunger in den armen Ländern zu bekämpfen ist, und viele andere aktuelle Themen. Sie leben uns vor in Worten und Taten, wie wir uns verhalten sollten, damit nicht nur die Menschen in Afrika sondern auch alle Tiere und Pflanzen vor der menschlichen Habgier geschützt werden können. Sie werden einen Weg suchen und ihn vielleicht finden, wie die Menschen den Müll auf dem Meeresboden und den Schrott, der in erdnahen Umlaufbahnen die Erde umkreist, verringern und schließlich entsorgen können.

Dazu habe ich ein Bild gefunden, das eindrucksvoll unsere Erde zeigt, wie sie in Dornenkranz ähnlichen Umlaufbahnen, angefüllt mit Weltraumschrott, eingeschlossen ist, aus denen es kein Entkommen mehr zu geben scheint. Hier zeigt sich sehr gut, welche Forscher und Erfinder als Propheten, d.h. geführt vom Heiligen Geist, ihre Begabungen einsetzen, nämlich zum Heil unserer Erde. Menschen, die mit der gleichen Begabung nur an ihr eigenes Fortkommen, ihren eigenen Ruhm und dem eigenen Nutzen arbeiten, sind keine Propheten.
Weltraumschrott in Erdnähe (2)
Weltraumschrott in Erdnähe (Neue Züricher Zeitung 26.4.17)

Man könnte lange mit dieser Darstellung meditieren und Mitleid mit diesem Planeten fühlen, ja nach Hilfe suchen. Die Erde erscheint gequält. Wenn man sich im Internet darüber kundig machen will, erfährt man meistens nur die „Beruhigung“, dass Menschen davon nicht gefährdet sind. Über den Einfluss auf die Atmosphäre, die Voraussetzung dafür, dass Leben auf unsere Erde überhaupt sich entfalten konnte, gibt es keine Auskunft. Wahrscheinlich weiß man einfach zu wenig. Wie kann man dann trotzdem weiterhin Weltraumschrott dort ablagern? Viel Geld wird dagegen ausgegeben, um die Möglichkeit zu erkunden, wie Menschen ihren Planeten verlassen können nach dem Sprichwort: Nach mir die Sündflut! Doch wollen wir den Text weiter sprechen lassen, um die Wirkung der göttlichen Geistkraft zu erkennen:

Eure Alten werden Träume haben / und eure jungen Männer haben Visionen.
Die Älteren werden in ihren Träumen zurückschauen, auf all das, was sie erlebt haben, und erkennen, wie der Mensch seinen Lebensstil zum Unguten verändert hat, wie er die Schöpfung gedankenlos missbrauchte ohne an die Nachkommen zu denken. Sie werden sich an die blühenden Wiesen, an die vielen Schmetterlinge, dem Morgengesang der Vögel, an die Wanderungen durch tiefe Wälder und den Sternenhimmel mit der Milchstraße erinnern, die ihre Enkel nie gesehen haben. Und die Geisteskraft wird Ihnen den Mut verleihen, von ihren Träumen zu erzählen. Sie werden bei ihren Enkeln die Sehnsucht wecken nach all den verschwundenen Schönheiten unsere Erde. Sie werden nachdenken, wie unser Planet von der zerstörerischen Verschmutzung aus der Vergangenheit befreit werden könnte. Durch ihre Erzählungen wird den jungen Menschen klar, dass wir so nicht weiter Gottes Schöpfung rücksichtslos ausnutzen und zerstören dürfen.

Dann werden die Visionen der Jungen sich auf die Zukunft richten. Sie entwickeln bereits heute neue Verfahren, wie man den Meeresboden absaugen kann, damit die Lebewesen in den Meeren nicht ersticken durch die menschlichen Abfälle. Sie werden sich bemühen, die Menschen wachzurütteln, so dass sie erkennen, welche Verantwortung sie haben, nicht nur für ihre Kinder, sondern auch für die Tiere und Pflanzen um uns herum. Wenn der Geist die jungen Menschen umfängt, dann werden die jungen Forscher und Forscherinnen Wege finden, die nicht zu neuer Ausbeutung führen, sondern zur Bewahrung der Schöpfung.

Auch über Knechte und Mägde /werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen.
Die Zeit scheint in einigen Ländern anzubrechen, wo Männer und Frauen zusammenarbeiten, sich gegenseitig respektieren und unterstützen bei Projekten, die der Erde gut tun. Hier könnte der Arbeitsalltag vielseitig werden. Das Wirken der Heiligen Geistkraft wird aber erst für uns spürbar, wenn Frauen und Männer sich einsetzen dafür, dass ihre Arbeit in gerechter Weise entlohnt wird.
Dann wird es keine Knechte und Mägde mehr geben, denn in der Arbeitswelt wird es nicht mehr um ein ständiges Sich-Überbieten oder Vergleichen gehen, was den Arbeitstag schwer erträglich macht, sondern eine gegenseitige Anerkennung, die den Alltag erleichtert. Wenn wir nicht nur an uns denken, sondern unseren Blick weiten auf Länder, die unsere Hilfe brauchen und mit diesen Ländern unseren Reichtum mit Ihnen teilen, dann wird Gottes Geisteskraft spürbar.

Wir empfangen in den Medien tägliche Nachrichten, wie und wo unsere Erde verletzt und ausgebeutet wird, wie sich ihre Bewohner bekämpfen, alles zerstören und alles Lebendige töten wollen. Dann höre ich oft den Satz: „Da kann man nichts machen, als Einzelner habe ich keine Möglichkeit, die Erde zu retten“. Ja, als Einzelne kann ich kaum etwas bewirken. Da aber liegt unsere Aufgabe: Wir sollten nach Verbündeten suchen und mit ihnen zusammen Pläne entwickeln. Im Internet erlebe ich das fast täglich, wie vor allem junge Menschen uns auf Missstände aufmerksam machen wollen. Sie bitten die Leser darum, die Vision von einer heilen Welt mit zu verwirklichen. So findet der Geist Wege, die wir bisher nicht kannten.

Ich werde wunderbare Zeichen wirken /am Himmel und auf der Erde:/ Blut und Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln /und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, /der große und schreckliche Tag.
Die Lesung endet mit einer Vision, die ich nicht weiter auslegen möchte, weil es an den Menschen liegen wird, ob diese Vision Wirklichkeit werden wird. Nicht Gott wird die Erde zerstören, sondern die Menschen selbst werden das übernehmen, wenn sie nicht auf Gottes Geist hören. Schon heute brennt die Erde und an vielen Orten steigen Rauchsäulen zum Himmel, weil sie von geldgierigen Unternehmern abgefackelt wird, um größere Profite zu ihrem Gunsten zu „ergattern“. So bringen sie die Erde dem Untergang näher. Selbst in Deutschland werden immer häufiger große Städte von Smog heimgesucht, nicht weil Gott das will. Nicht er verwandelt unsere Luft, unseren einmaligen Sauerstoff, in Rauch, das sind wir selber, die wir z.B. größere Autos und immer mehr Autos benutzen. Wir gehen offenen Auges auf den Untergang unserer Erde zu, weil wir die vielen Kriege zwar wahrnehmen und die Betroffenen bedauern, aber Waffen liefern, damit unsere Wirtschaft davon profitiert. Wir sind nicht bereit, mit den armen Ländern unseren Überfluss zu teilen. Stattdessen machen wir sie noch für ihre Armut verantwortlich, obwohl wir wissen, dass unser Wohlstand mitverantwortlich ist wenn tausende von Kinder verhungern.

Pfingsten, das Fest des Trösters, den Jesus Christus uns verheißen hat, wird ein Tag der Tränen werden, die nicht getrocknet werden können, wenn wir seine Stimme wissentlich überhören.Doch am Schluss dieser Lesung ist ein Lichtpunkt zu sehen: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet!

Auch wenn wir den Untergang der Erde nicht verhindern können, werden wir gerettet, wenn wir im Namen unseres Herrn uns bemüht haben, geleitet von Gottes Geist, das Wunderwerk der Schöpfung vor dem Untergang zu schützen.

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3 Antworten auf Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch – Hochfest von Pfingsten

  1. Walter sagt:

    Welt-Ethos…
    Die Theologie kann das Leid nicht erklären.
    Die Vergangenheit lehrt, dass die vielen lokalen Konflikte , ausgelöst durch Ungerechtigkeit, in erbitterte, oft bestialische Religions-/Konfessionskriege entarten.
    Hier stiften die sog. Heiligen Schriften sogar Unheil.

    „… Gott allein genügt !“ ( Th. v. Avila 1512-82,,Prophetin)

  2. Kaltenecker, Raphael sagt:

    Sehr geehrte Frau Walburga Rüttenauer!
    Danke für Ihre wachrüttelenden Gedanken zur Bewahrung der Schöpfung an diesem Pfingstfest 2017.
    Die stellen ein Bild vor, “ Weltraumschrott in Erdnähe (NZZ 26.4.17)“,
    das ist bei Forschern eine herausfordernde Frage geworden. Meine Frage an Sie, wo kann ich dieses Bild finden, gibt es davon sogar ein Poster?
    Für Ihre Antwort danke ich Ihnen und wünsche Ihnen ein gesegnetes Pfingsten
    Mit guten Wünschen
    Raphael Kaltenecker

    • Walburga sagt:

      Sehr geehrter Herr Kaltenecker,
      Das Bild habe ich aus der Zeitung NZZ (Neue Zürcher Zeitung) vom 26. April 2017 unter Forschung und Technik entnommen. Vielleicht finden Sie es im Internet, wenn Sie nach dem Aufsatz von Alexander Stirn : Die Raumfahrt hat ein Müllproblem, suchen. Viel Erfolg Walburga Rüttenauer

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