Gott liebt uns ohne Wenn und Aber – 2. Fastensonntag A

Zweite Lesung aus dem zweiten Brief an Timotheus, Kapitel 1
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
8b Nimm für das Evangelium, die Botschaft der Rettung, auch das Schlimme mit auf dich, wozu Gott dir die nötige Kraft gibt.
9 Denn Gott hat uns gerettet
und uns gerufen mit heiligem Ruf,
nicht aufgrund unserer Taten,
sondern aus eigenem Entschluss und freier Zuneigung.
Dieses unverdiente Wohlwollen
hat Gott uns schon vor ewigen Zeiten geschenkt
in dem Christos Jesus,
10 es ist aber jetzt sichtbar geworden,
da unser Retter, der Christos Jesus, erschienen ist.
Er hat den Tod entmachtet
und unvergängliches Leben ans Licht gebracht
durch das Evangelium, die Botschaft der Rettung.

Autorin:
Silke WeihingSilke Weihing, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Schwäbisch Gmünd, verheiratet, zwei Kinder

 
Die Predigt:
Gott liebt uns ohne Wenn und Aber
Gottesdienst in der Frauenvollzugsanstalt Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd

Lied GL 422, 1-3 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr

Einführung
Kennen Sie solche Fragen? Und solche Gedanken, die im Lied angesprochen wurden? In dem Text wird angesprochen, wie ein Mensch in seinem Glauben ringt, wie er oder sie nach Gott sucht und sich irgendwie nach ihm sehnt. Spüren Sie Gott in Ihrem Leben? Sind Sie auf der Suche nach ihm?

Ist Ihnen Ihr Glaube wichtig?
Gehören Sie einer Religion oder Glaubensgemeinschaft an?
Was daran ist Ihnen wichtig?
Was ist für Sie das Herzstück Ihres Glaubens?
Ich lade Sie ein, sich dazu einmal Gedanken zu machen.
Und wenn Sie keiner Religion angehören bzw. vielleicht schon, aber wenn Sie eher sagen, dass Sie nicht an Gott glauben, dann möchte ich an Sie die Fragen richten:
Was gibt Ihnen Kraft?
Woran können Sie sich festhalten?

Nehmen wir uns ein paar Augenblicke der Stille Zeit und denken wir über diese Fragen nach. Die Orgel wird uns mit ein paar leisen Tönen dabei begleiten.

Musik + Stille

Um das Herzstück meiner Religion geht es in der heutigen Schriftstelle aus der Bibel. Und davon will ich Ihnen erzählen und meine Gedanken mit Ihnen teilen:
Vor genau 500 Jahren ereignete sich für uns Christen etwas Großartiges und zugleich Schlimmes: Martin Luther hat das Herzstück unserer christlichen Religion wieder ausgegraben und leider hat das zu Spaltung und sogar Krieg geführt.
Was war da passiert?
Die Kirche vor über 500 Jahren hatte ihre eigentliche Botschaft vergessen, …, oder zumindest wurde sie von vielen anderen Aspekten überlagert und mit Machtspielchen verwässert. Vielleicht sagt mancher von Ihnen das Stichwort „Ablasshandel“ etwas. Und in der Zeit um 1500 hat der Mönch Martin Luther gelebt. Er hat sich in seinem Leben und Glauben immer die Frage gestellt, wie er Gott gnädig stimmen könnte und wie er bei ihm Gnade und Vergebung und Liebe finden könnte. Und diese Frage war für ihn, der ein sehr gebildeter Mann war, aber keine theoretisch-theologische Frage, kein Gedankenspiel, sondern das war für ihn wirklich eine ganz persönliche und existenzielle Frage. Er hat mit dieser Frage gerungen, sie hat ihn ganz tief beschäftigt.

Er hatte immer in seinem Leben das Gefühl, nicht genug zu sein, nicht genug zu leisten. Er hatte Angst, vor Gott nicht zu genügen und seine Liebe und sein Erbarmen nicht zu verdienen. Weil er ja doch immer wieder auch Fehler machte und schuldig wurde. Wie sollte Gott ihn da lieben? Er war deswegen sehr streng mit sich und hat versucht, mit einem ganz strengen Leben es Gott recht zu machen. Und eben weil er sehr klug war, konnte er in der Grundlage unseres Glaubens nach einer Antwort auf seine Frage suchen: er hat ganz intensiv in der Bibel gelesen und darin nach einer Lösung gesucht. Und tatsächlich wurde er dort fündig! Und was er dort wieder entdeckt und ins Zentrum gerückt hat, davon hören wir jetzt in der Lesung

Schriftlesung 2 Tim 1, 8-10

Den ganz großen Verdienst um unseren Glauben hat Martin Luther mit einem einzigen Stichwort erworben: Rechtfertigung.
Das heißt, dass ich als Mensch Gott gegenüber gar nie gerechtfertigt werden kann; ich bleibe immer hinter seinen Ansprüchen an uns Menschen zurück.
ABER: das bleibt so, ist jedoch zweitrangig.
WEIl: vor und über allem steht nur eins – Gottes Liebe zu uns Menschen!
Diese Liebe muss ich mir als Mensch nicht verdienen, ja ich kann es gar nicht. Die Liebe Gottes zu uns Menschen, die steht fest, ohne Wenn und Aber!

Das ist DIE Botschaft unseres Glaubens!

Daran hat Martin Luther die Menschen und auch die Kirche seiner Zeit wieder neu erinnert: Wir Menschen müssen nichts leisten, um uns Gottes Liebe und Anerkennung zu verdienen – ja, wir können es gar nicht. Allein der Glaube – sola fide – genügt. Und einer meiner Tübinger Professoren – Prof. Ottmar Fuchs – geht in seinem aktuellen Buch sogar noch über Luther hinaus, wenn er sagt: nicht einmal der Glaube ist nötig. Denn, wenn dem so wäre, dann wäre der Glaube schon wieder eine Bedingung, die wir für Gottes Liebe erfüllen müssten.

Aber Gott liebt uns bedingungslos und darum gilt seine Liebe – so Prof. Fuchs – allen Menschen – unabhängig von Religion, Hautfarbe, Kultur oder sonstiger Klassifikation. Allein das Menschsein ist Voraussetzung dafür, dass Gott uns seine Liebe schenkt.

Und seien wir einmal ehrlich: ist es nicht eine tiefe menschliche Wahrheit, dass wir uns, bei allem was wir tun, nach Liebe und nach An-Erkennung sehnen? Gott kennt uns und diese Sehnsucht und er will sie erfüllen: indem er uns einfach liebt.

Diese frohe und gute Botschaft ist das Wichtigste für mich in meinem Glauben. Deswegen bringt Glaube für mich in meinem Leben einen Mehr-Wert. Denn die bedingungslose Zusage der Liebe Gottes befreit mich von der Angst, nicht genug zu sein – Gott nimmt mich an – so wie ich bin, mit allem, was zu meinem Leben dazu gehört.

Und diese Zusage befreit mich auch vom Leistungsdruck, der vielen in unserer Gesellschaft so zu schaffen macht – aber ich weiß: bei und für Gott muss ich nichts leisten.

Und die Zusage der Liebe Gottes ist mir Motivation, für andere Menschen da zu sein. Das tue ich also nicht aus Angst vor Höllenstrafe („Ich muss gut zu anderen sein, sonst bestraft mich Gott und ich komme nicht in den Himmel!“), sondern weil ich Liebe geschenkt bekomme, will ich auch Liebe weitergeben.

DAS ist DIE Hauptbotschaft der christlichen Religion! Und da ist es egal, ob Sie evangelisch oder katholisch sind – zum Glück haben sich beide Konfessionen im Zuge der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre darauf geeinigt, dass das für alle Christen das Fundament ihres Glaubens ist.

Immer wieder erlebe ich in meinem Leben und Glauben Momente, in denen ich spüre und erlebe, dass das eine tiefe Wahrheit ist und dass Gott da ist und mich liebt.
Manchmal spüre ich es auch nicht, aber ein kleines Flämmchen brennt irgendwie immer in mir.

Und genau das wünsche ich auch Ihnen, dass Sie wenigstens einen kleinen Funken der Liebe Gottes in Ihrem Leben spüren. Dass Sie erleben: ich bin angenommen, egal was ich tue oder nicht. Und auch egal, welcher Religion ich angehöre oder ob ich mich keiner zugehörig fühle.

Völlig unabhängig von allem möchte ich Ihnen zusagen: Gott liebt Sie!

AMEN

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Eine Antwort auf Gott liebt uns ohne Wenn und Aber – 2. Fastensonntag A

  1. Walter sagt:

    Gottesfurcht…
    Gott liebt mich- aber
    kann ich Gott lieben ?
    -bei all dem unsinnigen Leid,
    -der bestialischen Bosheit- in mir und um mich herum ?

    Aber- vielleicht hat Gott etwas mit mir vor ?
    Vielleicht lenkt die Gottesfurcht (Luther,etc) den Blick auf die Millionen Jahre der Evolution in der Gotteserfahrung …

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