Wir alle sind Königin und König – 34. Sonntag im Jahreskreis C / Christkönigsfest

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 23
35 Die Leute standen beim Kreuz Jesu und schauten zu; auch die führenden Männer des Volkes verlachten ihn und sagten: Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist.
36 Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig
37 und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst!
38 Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden.
39 Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!
40 Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen.
41 Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
42 Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.
43 Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Autorin:
Sabine Mader 2Sabine Mader, Pastoralreferentin, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, Klinikseelsorgerin im Klinikum Esslingen

 
Die Predigt:
Wir alle sind Königin und König

Liebe Leserin, lieber Leser,
was man alles herausfindet, wenn man im ökumenischen Kontext arbeitet! Ich hätte mir sonst nie Gedanken darüber gemacht, wie evangelische und katholische Christen ihr Kirchenjahresende begehen – Totensonntag und Christkönigsfest. Auf den ersten Blick ein riesiger Gegensatz: Wir Katholiken feiern fröhlich den König JC, die evangelische Kirche gedenkt ihrer Toten. Lange wusste ich nicht, dass dieser Totensonntag auch Ewigkeitssonntag genannt wird. Und genau dieser Name legt, finde ich, eine Spur der Gemeinsamkeit, nämlich die Frage: Was trägt uns im Leben so, dass es uns Sinn gibt über das Leben hinaus?

Die heutige Bibelstelle zeigt das Bild Jesu Christi als König von seiner angefochtenen, zerbrechlichen Seite. Der Titel König wird verwendet als Verhöhnung der Soldaten und als Spottname über dem Kreuz. Es ist, als würde uns heute der gebrochene Jesus selbst sagen: es ist schwer, das Reich Gottes hier auf Erden zu verwirklichen. Es ist schwer, in dunklen Zeiten daran zu glauben, dass die Liebe Gottes sich durchsetzt. Es ist schwer, hier auf Erden die frohe Botschaft zu leben, auszubrechen aus dem Glauben an die Macht des Stärkeren und das Schwache und Arme zu entdecken.

Auch vom Verbrecher auf der einen Seite kommt nur Hohn und Unverständnis, bis plötzlich die erste positive Stimme zu Jesus durchdringt und damit der Hoffnungsschimmer, der die Verheißung erst möglich macht: heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Welch große Theologie am Ende des Kirchenjahres: das Reich Gottes bricht an trotz all dem Schweren und nicht einmal der Tod kann ihm etwas anhaben.

Die Gebrochenheit des Titels König geht für mich auch noch weiter im Blick auf die Untertanen in diesem Reich. Gerade zur Zeit Jesu erlebte man als Untertan ja meist weniger die Sorge und den Schutz des Königs als viel mehr seine Willkür und ungerechte Machtausübung. Christkönig ist kein Fest, das die Macht von oben nach unten feiern will, werden wir Menschen in der Bibel doch alle als Könige und Königinnen angesprochen. Das bedeutet, ich bin keine kleine Nummer, es ist nicht egal, wie es mir geht. Auch wenn ich krank bin, auch wenn ich Schuld auf mich geladen habe, auch wenn ich mich in meinem Leben nicht wertvoll fühle, kann ich mir immer wieder selbst sagen, oder sagen lassen: Du bist ein König, Du hast eine Würde, die Dir niemand nehmen kann, Du bist in den Augen Gottes unendlich wertvoll.

Ich habe innerlich an diesem Christkönigssonntag, der bei uns auch als Jugendsonntag gefeiert wird, ein Bild gespeichert. In einem Gemeindegottesdienst setzten wir vor einigen Jahren mit den Jugendlichen, die den Gottesdienst gestaltet haben, vielen unterschiedlichen Menschen aus der Gottesdienstgemeinde Kronen auf. Plötzlich sind diese damit aus der Menge hervorgestochen, wurden angesehen, die alte kranke Frau aus der letzten Reihe, das Kind auf dem Arm der Mutter, der Mann, dessen Gesicht vorher kein Lächeln entwichen ist. Manche haben sich natürlich gewehrt, wollten gar nicht im Mittelpunkt gesehen werden. Aber es war sehr eindrücklich zu sehen, wie diese nur äußerliche Krone jeden Träger verändert hat und wie aufrecht ihre Haltung wurde. Es haben sich Gespräche mit ihnen ergeben, die vorher nicht möglich gewesen wären.

Gott setzt jedem von uns diese Krone auf, Gott möchte, dass mit jedem von uns so umgegangen wird. Du bist ein König, Du bist eine Königin, Du bist wertvoll, wichtig, wie es Dir geht, ich nicht egal.

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten auf Wir alle sind Königin und König – 34. Sonntag im Jahreskreis C / Christkönigsfest

  1. Walburga sagt:

    Wenn alle König oder Königin sind, hat der Titel keine Bedeutung. Wo steht in der Bibel, dass wir alle den Königstitel tragen? So wird der Königstitel degradiert, wie es die Soldaten im Evangelium tun. In einer Demokratie geschieht es z.B. in der Form des Schützenkönigs, der Weinkönigin, Geburtstagskönig im Kindergarten,….In der Fortsetzung des Evangelium sagt Jesus: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Da wird deutlich, dass Jesus unter diesem Titel etwas ganz besonderes versteht.

    • Walter sagt:

      O doch… sogar “ berufen vom Stein des Anstosses “ zur “ königlichen Priesterschaft “ ( s. Melchisedech).(Petr. 2.9).
      Diese evolutionäre Erkenntnis des ersten Stellvertreters ging immer mehr verloren unter der permanenten Demütigung durch eine perverse Sündentheologie.
      Mit der Hybris der Staatskirche hat sie den Cherub durch das Kreuz ersetzt, von welchem aus auf Golgotha das Paradies einst eröffnet wurde.

      • Walburga sagt:

        Königliche Priesterschaft bedeutet doch wohl, dass wir Priester/Priesterin des himmlischen Königs sind, was nicht bedeutet, dass wir alle Könige sind, oder habe ich Sie falsch verstanden

        • Walter sagt:

          wenn der himmlische König seinem Stellvertreter ,dem Petrus, dieses Wort von der „königlichen Priesterschaft“ in den Mund legt, dann sollte es für uns keine Zweifel geben:
          wir sind Freunde des Christus –
          Könige und Priester/innen in einem.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

91 − = 90

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>