Und dein Gottesbild? – Dreifaltigkeitssonntag C

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 16
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern:
16 Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.
13 Wenn aber jene kommt, die Geistkraft der Wahrheit, dann wird sie euch in alle Wahrheit führen, denn sie wird nicht von sich aus reden, sondern sie wird sagen, was sie hören wird, und euch das Kommende ankündigen.
14 Sie wird meinen göttlichen Glanz aufstrahlen lassen, denn von dem, was mein ist, wird sie empfangen und euch verkünden.
15 Alles, was Gott hat, ist mein. Deshalb sage ich euch: Von dem, was mein ist, empfängt sie und wird euch verkünden.

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300 Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Und dein Gottesbild?

Liebe Leserin, lieber Leser,
das Dreifaltigkeitsfest am Sonntag nach Pfingsten stellt so etwas wie eine Zäsur dar, ein Innehalten, denn danach erst wird die unterbrochene Zählweise der Sonntage im Jahreskreis wieder aufgenommen. Wozu an dieser Stelle eine Unterbrechung? In meinen Augen lädt dieser Sonntag zur Rückschau ein, zur Würdigung und Gesamtschau all dessen, was wir an Ostern und Pfingsten gefeiert haben: Leben, Sterben, Auferstehen Jesu sowie die Aussendung des Heiligen Geistes. Das sind die Kernpunkte unseres Glaubens, der Grund unserer Hoffnung und Freude, die uns durch´s Leben tragen. Dabei ist vielleicht „Dreifaltigkeit“ so etwas wie die Zusammenschau all dessen; sie bezieht sich auf das Gottesbild, das dahinter steckt und alles durchdringt.

„Dreifaltigkeit“, dieses theologische Wort, es ist nichts, was sich direkt beim ersten Hören in seiner Gänze erschließt. Es ist wert, sich dafür länger Zeit zu lassen, um es nach und nach in seinen vielen Facetten zu entdecken. Deshalb eine Zäsur, ein Innehalten.

Innehalten am Dreifaltigkeitssonntag.

Im Prozess der Firmvorbereitung der Jugendlichen in meiner Gemeinde ist gerade die Schlussphase eingeläutet. Bei unserem letzten Treffen haben sie ihre Anmeldezettel abgegeben und damit ihren Wunsch zum Firmsakrament noch einmal bekräftigt. Seit sechs Monaten treffen wir uns regelmäßig und dabei ist eine Auseinandersetzung mit dem persönlichen Gottesbild ganz wesentlich. Wie sehr dabei der Heilige Geist vorkommt? Ob dabei Dreifaltigkeit eine Rolle spielt? Ich beobachte, dass den jungen Menschen Jesus Christus besonders wichtig ist, sein Leben, wofür er sich eingesetzt hat und welche Werte er im Umgang mit den Menschen pflegte. Er ist bis heute eine faszinierende Persönlichkeit, die Authentizität ausstrahlt und ein Vorbild sein kann. Als ich die jungen Leute eingeladen habe, selbst einige Sätze als Glaubensbekenntnis aufzuschreiben, kamen folgende Formulierungen: Ich glaube an Jesus Christus, der keinen von oben herab behandelt hat; ich glaube an Jesus Christus, der auch auf Außenseiter zuging; ich glaube an Jesus Christus, der sich für gerechtere Verhältnisse eingesetzt hat; ich glaube an Jesus Christus, der sich mit der Obrigkeit angelegt hat; ich glaube an Jesus Christus, der für seine Überzeugung in den Tod ging; ich glaube an Jesus Christus, dem Frieden unter allen Menschen ganz wichtig war.-

Gott erfährt bei den Jugendlichen eine andere Konnotation, hierfür finden sich folgende Glaubenssätze: Ich glaube an Gott, als einen himmlischen Vater; ich glaube an Gott, der alles Leben erschaffen hat; ich glaube an Gott, der mich liebt; ich glaube an Gott, zu dem ich immer beten kann, der mich hört; ich glaube an Gott, dem ich wichtig bin.

Generell stelle ich fest, dass das eine echte Herausforderung ist, sich mit Menschen egal welchen Alters, über ihr persönliches Gottesbild zu unterhalten. Es ist nichts, womit sie schnell bei der Sache sind oder wozu es eindeutige Antworten gibt. Es bewegt sich eher in einer Art bildhafter Umschreibung und tastender Suche nach Worten. Da ist dann auch von Kraft, Liebe, Geborgenheit, Licht, … die Rede – Fertige Glaubenssätze oder Dogmentexte helfen bei solchen Gesprächen wenig. Die können zwar, genau wie das Katechismuswissen, auswendig daher gesagt werden, doch haben sie mit dem persönlichen Gottesbild, einer lebendigen Glaubenspraxis oft herzlich wenig zu tun.

Dreifaltigkeit, ein echter Brocken, an dem man sich die Zähne ausbeißen kann.
Wie steht es mit einer speziell weiblichen Sicht auf die Dreifaltigkeit? – In der Bibelübersetzung in gerechter Sprache ist in Joh 16,12-15 ausdrücklich von „die Geistkraft der Wahrheit“ die Rede, und „Geistkraft“ hat natürlich in der deutschen Sprache den weiblichen Artikel, so dass es einerseits näher am Urtext ist und andererseits mir dadurch leichter fällt genau hierin die weibliche Seite Gottes zu identifizieren. Nicht mehr der Heilige Geist, sondern die Heilige Geistkraft der Wahrheit. Ich assoziiere damit Energie; Dynamik; Mut; einen Anstoß, um in Bewegung zu kommen; eine innere Kraft, die mich antreibt.

Ein so simples Mittel, wie das Austauschen des Artikels, kann solch eine große Wirkung haben. Denn schlicht dadurch werden in meinem Kopf und in meinem Herzen neue Bilder lebendig. Von daher bin ich sehr froh, dass mir auch diese Bibelübersetzung angeboten wird. Sie darf ruhig öfter mal gelesen werden, um aufmerksamer die vertrauten Texte auf sich wirken zu lassen.

Welche Worte und Bilder finden Sie, liebe Leserinnen und Leser? Kommen wir darüber ruhig mal in einen Austausch. Ich bin überzeugt, dass wir alle interessante Erfahrungen machen können, wenn es gelingt über unser persönliches Gottesbild mit den Menschen in unserem Umfeld ins Gespräch zu kommen. Es kann dabei natürlich nicht um ein „richtig“ oder „falsch“ gehen, vielmehr stellt es eine Bereicherung dar, sich offen auf das einzulassen, was die anderen als Wahrheit für sich entdeckt haben. Und im heutigen Schrifttext werden wir genau dazu ermutigt, denn die Heilige Geistkraft der Wahrheit ist den Freundinnen und Freunden Jesu, uns allen, zugesagt durch Taufe und Firmung.

Vielleicht ist die ein oder der andere von Ihnen in der nächsten Woche beim Katholikentag in Leipzig mit dabei. Die Zusammenkunft mit mehreren tausend Christinnen und Christen aus ganz verschiedenen Gegenden Deutschlands bietet ja nun wirklich ein wunderbares Forum, um über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. Neben theologischen Vorträgen oder Podiumsdiskussionen, geben besonders Workshops und Kleingruppen eine intensive Gelegenheit zum Austausch. Dabei rückt uns dann das Motto dieses Katholikentages noch einmal die Brille zurecht, durch die wir unsere Gedanken zum Gottesbild und zur Dreifaltigkeit betrachten: „Seht, da ist der Mensch“. Das ist für mich das Kriterium und gleichsam die Folie, auf der sich die Tragfähigkeit meines Gottesbildes bewährt: Hat es den Menschen im Blick? Wenn das zutrifft, fühle ich mich persönlich gestärkt in einer lebendigen, dynamischen Glaubensbeziehung, zu der wir eingeladen sind.

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3 Antworten auf Und dein Gottesbild? – Dreifaltigkeitssonntag C

  1. Walter sagt:

    Der Menschensohn und die Frauen…
    vielleicht m u s s t e ich alt werden,um der Dogmatik,dem Katechismuswissen zu entwachsen.Ich habe darüber beinahe meine Familie verloren.
    Die Predigten,der Z u s p r u c h in der Hl. Geistkraft sind mir ein Synonym geworden für die Freiheit im Denken u n d Handeln des Menschensohns :
    nur IHN anschauen und nur IHN hören
    – in den Menschen…, in der Schöpfung…

  2. clara a sancta abraham sagt:

    Liebe Frau Bettin!
    Ich freue mich mit Ihnen über die Aussagen Ihrer Firmkandidaten, wer denn Jesus für sie sei – das zu lesen tut so gut.
    Mir wurden so ähnliche Antworten vorige Woche im Religionsunterricht geschenkt, wofür sie denn brannten….
    Da war wohl viel Heilige Geistkraft dabei, die sie angetrieben hat, oder.. :-)
    Danke für Ihre Gedanken,
    clara

  3. Andrea sagt:

    Wir haben in unserem Familiengottesdienst aus der konkreten Situation heraus eine Aktualisierung versucht. Ich habs – nach langer Zeit mal wieder – verbloggt: http://kircheinderheide.blogspot.de/2016/05/familiengottesdienst-zum.html

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