…und sie bewegt sich doch – Pfingstmontag

Zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom, Kapitel 8
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
14 Alle, die sich von der göttlichen Geistkraft leiten lassen, sind Töchter und Söhne Gottes.
15 Denn ihr habt ja nicht eine Geistkraft erhalten, die euch zu Sklaven und Sklavinnen macht, so dass ihr weiterhin in Angst leben müsstet. Ihr habe eine Geistkraft empfangen, die euch zu Töchtern und Söhnen Gottes macht. Durch sie können wir zu Gott schreien: „Du Ursprung allen Lebens, sei unser Schutz!“
16 Die Geistkraft selbst bezeugt es zusammen mit unserer Geistkraft, dass wir Kinder Gottes sind.
17 Wenn wir aber Kinder Gottes sind, dann bekommen wir auch einen Anteil von dem, was ihr gehört. Wenn wir einen Anteil vom Reichtum Gottes erhalten, verbindet uns das mit dem Messias, so gewiss wir sein Schicksal teilen, auf dass auch wir zusammen mit ihm von Gottes Glanz erfüllt werden.

Autorin:
Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindeseelsorge, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen

 
Die Predigt:
…und sie bewegt sich doch!

Liebe Leserin, lieber Leser,
seit fünf Jahren gibt es dieses elektronische Logbuch, die katholischen Frauenpredigten. 302 Predigten wurden bis jetzt veröffentlicht. Über 102tausendmal haben Sie eine Seite in diesem Blog aufgerufen. Manche von Ihnen haben uns in 378 Kommentaren ihre Meinung wissen lassen oder mit eigenen Gedanken an der Predigt weitergeschrieben. Dafür möchte ich mich auch im Namen aller Predigerinnen herzlich bei Ihnen bedanken. Fünf Jahre – das ist für mich Anlass, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Wie geht es den Töchtern Gottes? Wo stehen wir Frauen in der Katholischen Kirche heute und was kann den häufigsten Einwänden gegen die volle Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche erwidert werden?

„Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern das Durchhalten“. Dieser Satz der heiligen Caterina von Siena kam in der Liturgie zum Tag der Diakonin vor und könnte wie ein Motto über der Frauenbewegung in der Kirche stehen. Denn wenn man von außen auf die Katholische Kirche schaut, kann man keine wirklich überzeugende Entscheidung auf eine Änderung hin feststellen. Papst Johannes Paul II. hat die Diskussion um das Priesteramt der Frau für beendet erklärt. Und das steht immer noch so im Raum. Seit fast 20 Jahren setzt sich der Katholische Deutsche Frauenbund für die Einführung des Diakonats der Frau ein. Bis jetzt war – können wir heute sagen – kein Erfolg erkennbar.

Aber … sie bewegt sich doch. Dieser berühmte Ausspruch des Galileo Galilei (1564 – 1641) über unseren Planeten Erde, der bis dahin als fixer Mittelpunkt des Universums angesehen wurde, gilt auch für unsere Kirche. Und wie könnte es anders sein. Die Heilige Geistkraft ist eine unerschöpfliche Antreiberin von Bewegung, ein frischer Wind, der für Lebendigkeit sorgt. Nur was im Wandel ist, ist auch lebendig. In der letzten Woche äußerte sich Papst Franziskus bei einer Audienz: „Im freien Austausch mit 870 Ordensoberinnen aus allen Erdteilen sprach der Papst davon, eine Kommission einzurichten, die die Aufgaben der Diakoninnen der frühen Kirche klärt, um daraus etwaige Schlussfolgerungen für eine zukünftige kirchliche Praxis zu ziehen.“ Diese Meldung von Radio Vatikan am 12. Mai 2016 schaffte es sogar bis in die Tagesschau. Plötzlich ist der Diakonat der Frau ein öffentliches Thema. Was wird daraus werden? So lange schon setzt sich der bereits genannte Frauenbund für das Diakoninnenamt ein zusammen mit dem „Netzwerk Diakonat der Frau“. Dieses wird vom emeritierten Dogmatikprofessor Peter Hünermann unterstützt und arbeitet mit einer Tagung in jedem zweiten Jahr, Präsenz beim Katholikentag und Planungen für einen dritten Ausbildungskurs zur Diakonin beharrlich am Thema weiter.

Ja, es tut sich viel zum Thema Frauen in der Kirche: Im Nachbarland Österreich gibt es ebenfalls eine Predigtinitiative „Was Frauen predigen würden“, die ihre Sammlung in Buchform veröffentlicht und dort auf große Resonanz stößt. In der Schweiz machen sich dieser Tage – mit bischöflichem Segen – Frauen und Männer auf eine Fußwanderung nach Rom unter dem Motto: „Kirche mit* den Frauen“ (s. Verlinkungen). Am 2. Juli wollen sie in Rom eintreffen und hoffen auf eine Begegnung mit dem Papst, um ihr Anliegen zu verdeutlichen: Die Kirchenleitung soll m i t den Frauen, nicht über die Frauen reden. Und nicht zuletzt dürfen wir uns über eine große Bewegung von Ordensfrauen in den USA freuen, die seit vielen Jahren schon für die Rechte der Frau in der Kirche eintreten und im Vatikan für Furore gesorgt haben.

Aber auch auf der Führungsebene der Kirche zeigt sich Bewegung. Immerhin hat die Bischofskonferenz beschlossen, Frauen den Aufstieg in Leitungspositionen zu ermöglichen. Dazu ein Beispiel: Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat schon seit einigen Jahren drei Ordinariatsrätinnen im Domkapitel und die Direktorin der Diözesanakademie mit beratender Stimme, also vier Frauen. Und vom Vatikan gibt es außerdem zu berichten, dass Papst Franziskus für den Monat Mai folgende Gebetsmeinung den Gläubigen ans Herz legt: „Wir beten zu Gott, unserem Vater, dass die Frauen in aller Welt geehrt und respektiert werden und dass ihr wichtiger Beitrag zur Gesellschaft Beachtung und Anerkennung findet.“ In seiner Videobotschaft fügte er hinzu: „Wir haben herzlich wenig für Frauen getan, die sich in sehr schweren Lagen befinden, wo sie verachtet, ausgegrenzt und sogar in Sklaverei gedrängt werden.“ Alle Hindernisse seien aus dem Weg zu räumen, die die volle Eingliederung der Frauen „in das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leben verhindern.“ – Wie steht es aber mit der v o l l e n Eingliederung der Frauen in das kirchliche Leben? Die katholische Kirche kann nur dann glaubwürdig für Frauenrechte eintreten, wenn sie diese selbst praktiziert. Diese Anfrage werden wir immer wieder stellen! Und wir halten durch im Warten auf eine Antwort.

Als Hauptargument gegen ein kirchliches Amt für Frauen wird in der innerkirchlichen Debatte immer wieder darauf verwiesen, Jesus habe nur Männer in den Kreis der 12 Apostel berufen und im Abendmahlssaal seien nun einmal ausschließlich Männer zugegen gewesen. Man fühle sich an diese Praxis Jesu gebunden und sei zu einer Änderung nicht berechtigt. Diese Begründung hat keinerlei Überzeugungskraft. Schon Paulus, der Verfasser der heutigen Lesung, hat sich aufgrund seiner Begegnung mit dem Auferstandenen zum Apostel berufen gefühlt, ohne Jesus persönlich gekannt zu haben. Und Maria von Magdala, nach dem einstimmigen Zeugnis aller vier Evangelien, der erste Mensch, der dem auferweckten Jesus, dem Christus begegnet ist, wurde in der frühen Kirche mit dem Ehrentitel „Apostelin der Apostel“ bezeichnet. Nur hat man sie – ganz unhaltbar – sehr schnell mit der namenlosen sogenannten Sünderin identifiziert, die Jesus beim Gastmahl des Pharisäers Simon die Füße salbte. Fortan wurde Maria von Magdala ins Vergessen gestoßen und es ist Aufgabe von uns Frauen heute, ihr wieder den gebührenden Platz in der Kirche als engste Vertraute Jesu, als Heilige und Fürsprecherin einzuräumen. Auch ist an die von Paulus im 16. Kapitel des Briefes an die Gemeinde in Rom genannte Apostelin Junia zu erinnern. Sie wurde kurzerhand von den Abschreibern der heiligen Schriften in einen Apostel Junias umgewandelt, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Dafür wurde der männliche Namen Junias einfach erfunden.

Dass sich im Zwölferkreis nur männliche Apostel finden, konnte gar nicht anders sein, weil für Jesus und seine Jüngerschar das Reich Gottes unter einer konkreten Gestalt vorgestellt wurde: Als Wiedererrichtung des Reiches Israel mit seinen 12 Stämmen. Deshalb fragen die Apostel in der Apostelgeschichte (Kapitel 1, Verse 6-8) vor seiner Erhebung in den Himmel: „Herr stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?“ Er sagte ihnen: „Nicht euch kommt es zu Zeiten und Zeitpunkte zu kennen, die der Vater in eigener Souveränität festgesetzt hat. Ihr werdet vielmehr Kraft empfangen, wenn die heilige Geistkraft über euch kommt, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und und in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Erde. – An dieser Textstelle und vielen anderen wird erkennbar, dass Jesus die Vorstellung von einer Wiederherstellung des Reiches Israel teilte, in dem die Apostel Führungsrollen übernehmen sollten, die damals nur von Männern ausgefüllt werden konnten. Und zugleich wird in der Antwort Jesu diese aus der Tradition übernommene Vorstellung umgebrochen in das Reich, in dem Gottes Wille gilt und die Botschaft Jesu verkündet und gelebt wird, wo es nicht mehr jüdische und griechische Menschen, Sklaven und Freie, Männer und Frauen gibt, sondern freie Menschen, Töchter und Söhne Gottes. –

Es kommt also sehr darauf an, mit welchen Augen wir auf die Texte des Neuen Testamentes schauen, was wir darin entdecken w o l l e n: Gründe dafür, dass die Strukturen so bleiben müssen, wie sie in der Kirchengeschichte geworden sind, oder Gründe dafür, in Bewegung zu kommen, unter dem Anschub der Heiligen Geistkraft Veränderungen anzustoßen, die längst überfällig sind. Es ist eine Frage des Standpunktes. Angst vor dem, was Änderungen mit sich bringen können, ist immer ein schlechter Ratgeber. Es ist allerhöchste Zeit, Frauen in der kirchlichen Arbeit angemessen, nämlich gleichberechtigt, zu beteiligen.

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4 Antworten auf …und sie bewegt sich doch – Pfingstmontag

  1. Annemarie Gindele sagt:

    Auch ich habe mich von Herzen über die Nachricht gefreut, dass Papst Franziskus den Diakonat der Frau zur Diskussion stellt. In einer Zeit, wo immer mehr Gemeinden zusammengelegt werden auf Grund des Priestermangels, ist es eigentlich fast schon
    zu spät, Frauen zum Amt des Diakons zuzulassen. Viele Frauen sind in ihren Gemeinden seit vielen Jahren diakonisch tätig. Ohne sie würde oft der sonntägliche Gottesdienst ausfallen oder in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung und in vielen anderen Feldern der kirchlichen Caritas wenig
    geschehen. Junge Frauen haben den Gemeinden oft schon längst den Rücken zugekehrt. Trotzdem freuen wir uns als Generation „60 +“, dass sich nun doch noch
    etwas bewegt. Wir dürfen nicht nachlassen, die Heilige Geistkraft um ihren Beistand zu bitten.

  2. clara a sancta abraham sagt:

    Ich finde es weiterhin schön, dass diese Nachricht so knapp vor Pfingsten kam – und hoffe auf die Heilige Geistkraft, dass sich etwas bewegt.

    „Die wichtigste kirchliche Gruppe, die von dem kulturtheoretisch verordneten Positionskrieg betroffen ist, stellen jene Frauen dar, die seit Jahren aktiv in der Kirche mitarbeiten und auch etliche Ämter innehaben. Deren Hoffnungs-, aber auch Leidenspotential stellt für das kirchliche Lehramt eine große Herausforderung, für die kirchliche Gemeinschaft aber eine große Chance dar: Es verlangt geradezu danach, in die sakramentstheologische Dimension des Ordo integriert zu werden. Welche Nöte kann eine solche Integration wenden? Wie soll sie vor sich gehen, gerade angesichts des päpstlichen „Nein“ zur Priesterweihe der Frau?
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    1. Die Zeit ist reif
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    Das Missionsdekret des Zweiten Vatikanums verankerte vieles von der durch die Laien faktisch geleisteten Arbeit im sakramentstheologischen Kontext, indem es das ständige Diakonat einführte:
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    „Es ist angebracht, dass Männer, die tatsächlich einen diakonalen Dienst ausüben, sei es als Katechisten in der Verkündigung des Gotteswortes, sei es in der Leitung abgelegener christlicher Gemeinden im Namen des Pfarrers und des Bischofs, sei es in der Ausübung sozialer oder karitativer Werke, durch die von den Aposteln her überlieferte Handauflegung gestärkt und dem Altare enger verbunden werden, damit sie ihren Dienst mit Hilfe der sakramentalen Diakonatsgnade wirksamer erfüllen können“ (Ad gentes 16).

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    Mit dieser Entscheidung integrierte das Konzil verschiedene Ordnungen und Strukturen, die die konkreten Nöte und Bedürfnisse in den Lokalkirchen hervorgebracht haben, in die sakramentale Dimension des Ordo und anerkannte diese als wesentlich für die Kirche. Die Fixierung der Perspektive auf die Männer ist aus der Situation der Sechzigerjahre verständlich. Heute ist es allerdings nicht mehr einsehbar, warum diese Logik nicht auch für jene Frauen gelten soll, die einen ähnlichen Dienst leisten. Zahlreiche Frauen üben ja viele Tätigkeiten aus, die eigentlich in den sakramentstheologischen Kontext vom Ordo gehören und als „diakonale“ Aufgaben zu bezeichnen sind. Die Zahl der mitarbeitenden Frauen ist in den letzten Jahrzehnten gewachsen und der Aufgabenbereich, in dem sie die Verantwortung wahrnehmen, wurde – nicht zuletzt in der Folge der konziliaren Erneuerung – radikal (bis hin zur Partizipation an der „Gemeindeleitung“1) erweitert. Die Akzeptanz der in der Seelsorge arbeitenden Frauen ist in den Pfarreien, Diözesen und in der Universalkirche gewachsen.“
    Zitat https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/texte/1152.html
    J Niewiadomski ist Dogmaitikprofessor an der Universität Innsbruck.

    Er erwähnt, für mich erfreulich (auch wenn dieser per se nicht erfreulich ist), den Leidensdruck der Frauen, die sich berufen fühlen.

    Ich spüre in mir wieder eine stärkere Hoffnung – und werde mich weiterhin bemühen, die Plätze zu sehen, an denen ich jetzt schon wirken kann, diese wahrnehmen. Vielleicht nach Beendigung meines Studiums auch einmal hier aktiv…. :-)

    clara

    Happy birthday Frauenpredigten – ad multos annos!

  3. Walter sagt:

    …also – was hat der evang.-protest. , auch der anglik.Kirche die Frauenordination gebracht !
    Wird das untersucht ?
    Wählen nicht wie auf dem Hühnerhof/der Politik/der Gewerkschaft/Betriebsrat/etc., die Hühner lieber den Hahn anstatt d i e Henne…?
    Und scheitern nicht auch die verheirateten Männer/Frauen an der -familiären/beruflichen Doppelbelastung ?
    Vielleicht lohnt einmal das Nachdenken über den Willen der Herde: wo will d i e hin ?
    Hält nicht das vollkommene Ausblenden des „Instinktiven“ gegen das „Rationale“- der „Muff unter den Talaren „- 95 % der Getauften vom Gemeindeleben fern ? -:
    „Der Muff unter den Talaren“ …!!!

  4. clara a sancta abraham sagt:

    Lieber Bruder vor Gott, Walter!

    Ich denke schon eine gewisse Zeit über Ihre Frage nach – was macht es denn aus, dass Menschen in der Verkündigung ernst genommen werden?
    Für mich ist das nicht von der Konfession abhängig, sondern von der Authentizität der oder des Betreffenden, wie sehr wir merken, dass diese Person von Gott in diesem Fall durchdrungen ist, brennt für die Sache Gottes.
    Das Wort Person an sich ist ja schon ein bisschen sprechend.
    Per Sonare : durch Tönen, was aus mir tönt, was mich ausmacht :-)
    Da ist dann egal, mit welchen Worten gesprochen wird, ob Frau oder Mann, welche Konfession oder Religion an sich – hauptsache das Herz spricht!
    Dann wird die Botschaft verstanden, dann kommt sie an.
    Mit der Geistkraft, dies zu tun, sind wir ausgestattet – seit der Taufe. Jedes Jahr zu Pfingsten dürfen wir uns ganz intensiv daran erinnern.

    Ich grüße Sie am Weg des Sprechens in der Sprache des Herzens,
    clara

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