Mittendrin in Seiner Liebe – 6. Sonntag der Osterzeit C

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 14
In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern:
23 Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.
24 Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.
25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.
26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
27 Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.
28 Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück. Wenn ihr mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.
29 Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.

Autorin:
Silke WeihingSilke Weihing, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Schwäbisch Gmünd, verheiratet, zwei Kinder

 
Die Predigt:
Mittendrin in Seiner Liebe

Liebe Leserin, lieber Leser,
Nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt. Hm, als ich das gelesen habe, habe ich mich gefragt, welchen Frieden die Welt uns denn gibt oder anbietet. Was genau meint Jesus da? Tja, und wo findet man den – einen Frieden, den die Welt uns gibt?
Wahrscheinlich schau ich da am besten mal in der aktuellen Tagespresse nach, oder?

Schlagen wir mal die Zeitung auf und suchen ihn, den Frieden:
– Einigung im öffentlichen Dienst
– Präsident Obama wünscht sich Einigkeit und Engagement in Krisen
– Land bekämpft Motorradlärm
– Freizeitsektor optimistisch
– Zeiss verdoppelt zum Halbjahr den Gewinn

So sieht er also aus, der Frieden, den die Welt uns gibt. Mal ehrlich, spüren Sie einen inneren Frieden, wenn Sie das so hören?

Mit Blick auf die politische Lage kann von Frieden in dieser Welt ja wohl keine Rede sein. Selbst in unserem Land bekommen wir die Auswirkungen der vielen aktuellen Konflikte zu spüren. Und das bringt auch unser Leben hier – vermeintlich – ganz schön aus dem Gleichgewicht – von den Menschen in den betroffenen Gegenden einmal ganz zu schweigen.

Und mit Blick auf die wirtschaftliche Lage, da kommt bei mir auch kein Friedensgefühl hoch – klar leben wir alle hier in einigermaßen sicheren Verhältnissen, aber ob ich dieses Gefühl als Frieden bezeichnen würde? Und mit Blick auf die Arbeitssituation vieler Menschen macht sich eher ein angetriebenes „Schneller“, „Besser“, „Billiger“, „Mehr“ breit. In der Welt von Angebot und Nachfrage gilt der pure Wettbewerb und das Recht des Stärkeren – und da müssen wir mithalten, Stärke zeigen, keine Schwäche aufkommen lassen, immer weiter die Karriereleiter hinauf. Und vor allem – bei allem immer auf dem neusten Stand sein und viel konsumieren.

Und wenn ich dann noch auf unseren sonstigen Alltag und da vor allem unseren Medienkonsum schaue, spätestens dann ist auch das letzte Fünkchen Friede weg. Da gilt die Devise: am besten rund um die Uhr erreichbar sein – so lautet das Mantra der sozialen Netzwerke – und via facebook, What’s App, Twitter usw. die Welt ständig über meinen Status, meine Aktivitäten und am besten auch noch über mein Essen auf dem Laufenden halten. Alles wird gepostet, ein Selfie jagt das nächste, alles muss kommentiert, geliked und geteilt werden.

Ohne Spaß – ich habe bewusst kein Smartphone, denn wenn ich sehe, wie auch mir nahestehende Freunde unter dem Diktat dieser Dinger stehen – das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Das stresst mich schon beim Zuschauen. Und den allermeisten fällt ein bewusster Umgang damit schwer.

Welchen Frieden meint Jesus also, wenn er sagt: Nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt! Also er behauptet damit ja, dass die Welt uns Frieden gibt oder geben könnte. Aber meine Analyse ist da weniger optimistisch: ich kann gar nicht erkennen, dass diese Welt in der Lage wäre uns Frieden zu schenken – weder Frieden im Sinne von Kein-Krieg, noch so etwas wie inneren Frieden oder Zufriedenheit.

Bin ich da jetzt zu pessimistisch? Keine Ahnung, aber vor allem denke ich wirklich, dass wir allein mit einer innerweltichen Logik auf keinen grünen Öl-Zweig kommen, was den Frieden angeht.

Aber da bin ich jetzt ja wieder ganz bei Jesus – denn er bietet uns ja bewusst einen anderen Frieden an. Und ich glaube tatsächlich auch, dass es da so etwas wie eine spirituelle Kraft braucht. Allein aus mir selber heraus oder aus innerweltlichen Zusammenhängen kann ich nicht zu einem inneren Frieden finden und schon gar nicht mit Hilfe der üblichen Systeme und Mechanismen dieser Welt. Zumindest kann ich mir das nicht vorstellen, beziehungsweise zeigt mir das auch ein Blick auf die Menschen meiner Umgebung und ein Blick in die Zeitung.

Ich denke, um zu einem echten inneren Frieden zu kommen, kann es sehr hilfreich, ja vielleicht sogar unabdingbar sein anzuerkennen, dass es außerhalb dieser Welt eine Kraft gibt. Als Christen nennen wir diese Kraft Gott. Und für mich verbindet sich damit, dass ich damit anerkenne, dass ich von diesem Gott geschaffen und getragen bin. Wenn ich schon einmal erleben und spüren durfte, dass es eine Kraft gibt, die mich liebt und annimmt, so wie ich bin – das bringt Frieden.

Denn dann kann ich erleben, dass ich auch in Situationen, in denen ich nach den Gesetzen dieser Welt draußen bin, immer noch mittendrin bin – nämlich mittendrin in seiner Liebe. Z.B. wenn ich krank bin oder behindert oder aus anderen Gründen vielleicht nicht mehr in der Leistungsgesellschaft mithalten kann. Da sagt mir mein Glaube an Gott dann, dass meine Würde eben nicht von meiner Leistung abhängt, sondern mir allein auf Grund meines Daseins geschenkt ist – und mir auch von niemand genommen werden kann.

Oder wenn ich allein nach den Werten dieser Welt ticke – wobei ich jetzt nicht in so ein Schwarz-Weiß-Schema verfallen will wie der Evangelist Johannes, der ja immer zwischen dieser Welt und der geistlichen, spirituellen Welt unterscheidet – aber wenn ich eben eher nach den Werten einer Welt ohne Glauben lebe, woher kann ich dann meine Selbstbestätigung und mein Selbstwertgefühl bekommen? Doch wohl vor allem aus den beiden großen Bereichen Macht/Erfolg/Karriere oder Konsum/Statussymbole. Aber wenn ich mich eben von einer göttlichen Macht getragen und geliebt fühle, dann muss ich nicht immer das Sagen haben, dann muss ich vor allem keine Macht auf andere ausüben. Und dann muss ich auch nicht immer alles haben, weil dann das Sein viel wichtiger ist.

Natürlich überspitze ich hier ganz bewusst mit Absicht, denn es gibt durchaus auch Menschen, die sich z.B. über Beziehungen Bestätigung holen, die z.B. ihre Familie als einen Pol des Friedens und Zur-Ruhe-Kommens sehen würden. Aber für mich hat bereits so eine tiefe Beziehung schon so etwas wie eine spirituelle Dimension. Bzw. glaube ich, dass es z.B. für eine Ehe gut sein kann, wenn ich mir nicht immer nur von meinem Partner oder meiner Partnerin das Glück erwarte, sondern wenn auch in diesem Fall etwas außerhalb der beiden dazu hilft, ein zufriedenes Dasein zu erleben.

Ein anderer Themenbereich ist der des Schuldigwerdens. Zum Glück wird Papst Franziskus nicht müde, unseren Gott als eine große Kraft der Versöhnung und der Barmherzigkeit herauszustellen. Weil damit klar wird: natürlich machen wir Menschen Fehler und verletzen andere. Aber als gläubige Menschen dürfen wir glauben und wissen: es gibt dennoch nichts, was uns von Gott entfernt – wenn wir uns seine Vergebung schenken lassen wollen. Ohne Glauben bleiben wir auf den Goodwill des Verletzten oder Geschädigten angewiesen.

Sie sehen: ich bin fest davon überzeugt, dass Jesus uns ein großes Geschenk macht, wenn er uns seinen Frieden schenken will. Und wie das mit Geschenken eben so ist: man muss sie auch annehmen.

Ich glaube fest daran, dass Menschen, die versuchen ihr Leben am Glauben und dem Vorbild Jesu auszurichten, einen Frieden finden können – wobei das selbstverständlich kein Automatismus ist:
Einen echten Frieden – der mir dabei helfen kann auch dann noch ruhig und zu-frieden zu sein, wenn nicht alles rund läuft, weil ich weiß: ich bin geliebt.
Einen echten Frieden – der mir dabei helfen kann auch dann noch ruhig und zu-frieden zu sein, wenn ich etwas falsch mache, weil ich weiß: mir wird verziehen.
Einen echten Frieden – der mir dabei helfen kann auch dann noch ruhig und zu-frieden zu sein, wenn die Kraft ausgeht, weil ich weiß: die Liebe Gottes geht sogar über diese Welt und Zeit hinaus.
Das gibt Kraft und Zuversicht und Hoffnung.

Und damit – das ist mir beim Lesen eines neuen Buchs von Paul Zulehner aufgegangen, das den wunderbaren Titel „Entängstigt euch!“ trägt – also mit diesem Geschenk des Friedens seiner Welt erfüllt Jesus nun eigentlich eine Verheißung vom Beginn seines irdischen Lebens. Denn in der Weihnacht verheißen die Engel den Hirten: Und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade! Jetzt wird dieses Weihnachtsgeschenk also wirklich eingelöst – und als Schleifle obendran gibt es jetzt auch noch zusätzlich einen ganz besonderen Beistand – den Tröster, den Heiligen Geist. Der kann uns immer wieder diesen verheißenen Frieden einhauchen.
Na da kann Pfingsten ja ruhig kommen.
AMEN

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Eine Antwort auf Mittendrin in Seiner Liebe – 6. Sonntag der Osterzeit C

  1. Walter sagt:

    SEIN Frieden…
    von SEINEM Nehmen u n d Geben,von SEINEM Schlagen u n d Verbinden wussten wir.
    Seit Ostern wissen wir auch von SEINEM Mitleiden u n d SEINER allumfassenden und durch nichts aufhebbaren Barmherzigkeit: „… denn sie wissen nicht, was sie tun…!“.

    Vielleicht könnte die täglich erfahrbare existenzielle Unsicherheit mitten “ im Frieden“ der Stolperstein sein, der uns auf die Erbarmungslosigkeit uns selbst gegenüber aufmerksam machen will.

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