Meine Hoffnungsgeschichte in diesem Advent – 1. Adventssonntag C

Mit dem neuen Kirchenjahr am ersten Adventssonntag beginnt auch das Jahr des Lukasevangeliums, das Lesejahr C. Deshalb hier einige Gedanken zur Einführung:
Anders als bei Markus spüren wir bei Lukas deutlich seine gestaltende Kraft. Pater Anselm Grün vergleicht ihn in seinem gut lesbaren Band „Jesus – Bild des Menschen, das Evangelium des Lukas“, mit einen begabten Erzähler, der mit Worten malt. Nur bei Lukas finden wir ausgestaltete Geschichten, wie z.B. die von der Geburt des Jesuskindes oder das Gleichnis vom verlorenen Sohn, die Teil unserer Kulturgeschichte geworden sind und in unserer Phantasie auch heute noch Bilder von prägender Kraft entstehen lassen. Dabei will Lukas „der Wahrheit auf den Grund gehen und Unsichtbares sichtbar machen, nämlich die Liebe Gottes, die sich in Jesus von Nazareth gezeigt hat“ (Meinrad Limbeck).

Lukas war ein gebildeter Grieche, mit der Philosophie vertraut, und gilt in der Tradition als Arzt, dem es um das Heilwerden des Menschen geht. Dazu muss der Mensch seine innere Zerrissenheit überwinden, um zur Einheit mit sich finden zu können. Dieser Weg verläuft über den Ausgleich der Gegensätze. Typisch für Lukas ist, dass seine Erzählungen häufig zwei Pole haben; oft wird einem Mann eine Frau an die Seite gestellt: Simeon und Hanna, Simon von Cyrene und die weinenden Frauen, zwei Schwestern, zwei Brüder, Maria und Elisabeth, Männer- und Frauengleichnisse. (Grün S. 15) Lukas ist auch der Anwalt der Armen und gesellschaftlich Benachteiligten. Wichtig für uns Frauen: Nur er berichtet im 8. Kapitel von den Frauen, die Jesus zusammen mit den Jüngern gefolgt sind, und nennt ihre Namen.

Je mehr wir in dieser Zeit von den Gesellschaften des nahen und mittleren Ostens erfahren, umso mehr muss es uns doch immer wieder erstaunen, wie Jesus vor 2000 Jahren die Frauen als gleichwertige und gleichberechtigte Menschen in Wort und Tat anerkannt hat. Und wo stehen wir heute in unserer Kirche?

Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 21
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern:
25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
27 Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.
28 Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht,
35 so wie man in eine Falle gerät; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter, Gemeindereferentin in Filderstadt, verheiratet, vier Kinder

 
Die Predigt:
Meine Hoffnungsgeschichte in diesem Advent

Liebe Leserin, lieber Leser,
wir stehen am Anfang des Advents und die Liturgie mutet uns einen Text zu, der gefühlsmäßig so gar nicht passt. Das Evangelium heute ähnelt stark dem, den wir vor zwei Wochen vom Evangelisten Markus gehört haben. Da ist von Himmelskatastrophen die Rede. Die Menschen haben Angst und sind ratlos. Und das am ersten Advent, wo wir uns doch auf Weihnachten freuen?

Wenn wir diese Texte wortwörtlich nehmen, dann kann einem schon Angst und Bange werden. Die Erzählungen aus der Bibel sind aber keine Nachrichten, wie wir sie in der Zeitung lesen können. Die Erzählungen in der Bibel sind auch keine Märchen, die frei erfunden wurden. In der Bibel wird von Erfahrungen von Menschen berichtet, von ihren Sorgen und Nöten, von ihrem Leid, aber auch von ihrer Freude und ihrer Hoffnung. Sie künden vom Vertrauen, dass Gott da ist, wo Leid und Unrecht herrscht, dass er einen Weg mit den Menschen geht, dass er der Immanuel – der Gott mit uns ist.

Warum dann diese Erzählung am Anfang des Advents? Advent heißt übersetzt Ankunft. Wir bereiten uns darauf vor, dass Jesus an Weihnachten als kleines Kind in der Krippe zur Welt kommt. Wir bereiten uns aber auch auf eine andere Ankunft vor. Jesus wird einmal wiederkommen – am Ende der Zeit – wie es in der Bibel heißt. Dann wird das Reich Gottes endgültig Wirklichkeit sein. Davor brauchen wir keine Angst zu haben – dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe, so schreibt es Lukas. Gleichzeitig ruft uns das Evangelium auf, wachsam, bereit und vorbereitet zu sein. Wir sollen die Zeichen der Zeit erkennen und uns nicht ablenken lassen durch die Sorgen des Alltags oder so manches unnützes Tun.

Für viele von uns sind die Wochen des Advents zum einen eine Zeit, in der die Vorbereitungen für Weihnachten getroffen werden, zum anderen aber auch eine Zeit, in der wir unsere Wohnungen schmücken, uns bewusst Zeit in der Familie nehmen, um gemeinsam zu singen, basteln und vielleicht auch miteinander beten. Weihnachtsgeschichten und Gedichte werden erzählt – warum nicht auch Geschichten von unserer Erfahrung mit Gott, von unseren Wünschen, unseren Hoffnungen?

Vielleicht können ihnen die folgenden Fragen helfen, dem ein wenig nachzuspüren:

Was begleitet Sie durch die vier Wochen des Advents?
Zünden Sie nach und nach die Kerzen am Adventskranz an?
Haben Sie einen Adventskalender?
Ist er selbst gebastelt oder gekauft?

Haben Sie Wünsche für Weihnachten?
Haben Sie schon Ideen für Weihnachtsgeschenke?
Sind Sie neugierig, angespannt, oder gehetzt?

Wie ist es im letzten Jahr gewesen? Wie ist Advent in Ihrer Familie?
Denken Sie zurück an den Advent des letzten Jahres, an die vielen Zeiten des Advents, die Sie erlebt haben.

Im Advent denken wir auch daran, dass Jesus einmal wiederkommen wird – welche Erwartungen und Wünsche haben Sie an ihn?
Wenn Sie sich in den nächsten Tagen mit Freunden, Arbeitskollegen oder Nachbarn darüber unterhalten, was Advent ist, wie Advent gefeiert wird, was werden Sie beschreiben?
Was ist ihnen wichtig?
Was ist für Sie in dieser Zeit besonders?
Was ist Ihre Adventsgeschichte?

Vielleicht kann der Advent in diesem Jahr für Sie eine Zeit sein, in der sie ihre eigenen Hoffnungsgeschichten von Gottes Ankunft schreiben? Vielleicht kaufen Sie sich ein schönes Heft oder Notizbuch und notieren Ihre Gedanken und schreiben so an der großen Geschichte von Gottes Weg mit uns Menschen mit.

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Die Fragen sind in Anlehnung an eine Fantasiereise aus einem Familiengottesdienstvorschlag zum ersten Advent entstanden.

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Eine Antwort auf Meine Hoffnungsgeschichte in diesem Advent – 1. Adventssonntag C

  1. Walter sagt:

    2. Ankunft…
    nicht nur die Chronisten der Bibel lieben dieses Untergangsszenario:
    es impliziert Angst,Ohnmacht und – Macht über die Seelen.
    Der Christus warnt uns vor ihnen…
    Denn- der mit SEINER Auferstehung Wiedergekommene bleibt bei uns “ bis an der Welt Ende „. (Matth. 28.20).

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