Ringen um eine Beziehung zu Gott – Dreifaltigkeitssonntag B

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 28
16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.
17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel.
18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.
19 Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngerinnen und Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Autorin:
Silke Weihing Silke Weihing, Pastoralreferentin im Schuldienst, verheiratet, zwei Kinder, immer wieder als Aushilfe bei Gottesdiensten in der JVA für Frauen in Schwäbisch Gmünd tätig

 
Die Predigt: in der Frauenvollzugsanstalt Gotteszell
Ringen um eine Beziehung zu Gott

Liebe Mitfeiernde,
als Schwester Sabine mich für den heutigen Gottesdienst angefragt hat, habe ich in den Kalender geschaut und als da nichts drin stand, habe ich ihr wirklich gerne zugesagt. Später dann habe ich in den Kalender geschaut, der mir sagt, welches Thema und welche Bibelstelle heute dran sind. Und da habe ich schon schnell gedacht „Oh na, hätte ich vielleicht lieber doch nicht machen sollen!“ Denn heute feiert die Kirche den Sonntag der Dreifaltigkeit. Sie denkt also daran, dass für uns Christen das Wesen Gottes nicht nur aus einer Person besteht, sondern gleich aus dreien. Und da hab ich persönlich ehrlicherweise so ein wenig meine Schwierigkeiten. Aber dazu später.

Christen glauben also, dass Gott für uns zugleich Vater – Sohn und Heiliger Geist ist.
Auf diese Glaubensaussage „Gott ist drei Personen, die sich in einem Wesen vereinen“ sind wir Christen zumindest alle getauft. Und das kommt nicht von ungefähr. Denn schon in der Bibel gibt Jesus seinen Jüngern den Auftrag genau das zu tun. Hören wir deshalb jetzt die Schriftlesung des heutigen Sonntags:
– Evangelium siehe oben –
Jesus gibt also den Auftrag, Menschen, die zu seiner Gemeinschaft gehören, auf den dreieinen Gott zu taufen. Ob dieser Auftrag vielleicht nicht direkt aus Jesu Mund stammt, sondern vielleicht erst später so aufgeschrieben und reingeschrieben wurde, als der Glaube an die Dreifaltigkeit festgelegt war, dazu habe ich nun ehrlicherweise nicht recherchiert. Und das hat auch seinen Grund: denn ich muss ganz offen gestehen: ich kann mit dieser Idee – und genau das ist es für mich, eine Idee, die im Laufe der Kirchengeschichte entwickelt wurde – sehr wenig anfangen.

Ich sehe das so: da war dieser Jesus auf der Welt, erzählte den Menschen vom Reich Gottes, also von einem Leben, in dem Menschen miteinander leben, wie Gott sich das vorstellt. Und er selber lebt dieses Reich Gottes schon vor, indem er sich den Ausgegrenzten zuwendet, die Kranken heilt und mit allen, die das wollen, an einen Tisch setzt und Gemeinschaft lebt. Und er eckt an die gängigen Konventionen und religiösen Überzeugungen an und wird dafür kritisiert und irgendwann sogar verfolgt und aus dem Weg geräumt. Und Jesus stirbt und dann passiert etwas Unfassbares: die Jünger, die sich vor Angst versteckt hatten, tauchen plötzlich auf und erzählen etwas von Auferstehung. Sie sagen, sie glauben daran, dass dieser Jesus nicht mehr tot ist, sondern lebt. Und dass er jetzt bei Gott ist. Und sie erzählen von Pfingsten, dem Fest, das wir letzte Woche gefeiert haben. Dass sie die Kraft, den Geist Gottes erlebt haben und ihn in sich spüren. Dass dieser Geist sie förmlich drängt, an die Öffentlichkeit zu gehen und allen von Jesus und ihren Erlebnissen mit ihm zu erzählen. Und das tun sie und so wächst die Gemeinschaft.

Und nach und nach sterben diejenigen, die Jesus selber gekannt haben. Aber die Geschichten leben weiter und sie werden festgehalten, aufgeschrieben; sie sollen nicht verloren gehen. Und der Glaube geht weiter, es wird gebetet und das Mahl gefeiert. Es entstehen Riten und Abläufe. Und dann werden Christen verfolgt. Aber nach einer Zeit wendet sich das Blatt und das Christentum wird vom Kaiser zur Staatsreligion ernannt. Und so entsteht eine ganz andere Lage. Und es kommen dann auch Fragen auf: „Wie genau ist das nun mit diesem Jesus? Und mit dem Geist? In welchem Verhältnis stehen diese drei Vater-Sohn-Geist zueinander?“ Und weil ja nicht alle drei einzelne Gottheiten sein können – wir sind ja eine monotheistische Religion, weil Jesus aber doch auch mehr ist als nur ein besonderer Mensch, entsteht irgendwann die Idee der Trinität, der Dreifaltigkeit – Gott ist einer in drei Personen. Für mich das Ergebnis eines langen theoretischen Prozesses.

Aber ganz ehrlich: mit meinem persönlichen Glauben hat das wenig zu tun, ich kann mir das einfach nicht vorstellen: ein Gott, drei Personen. Und ich denke, es ist für meinen persönlichen Glauben auch gar nicht so entscheidend. Da kommt es auf etwas anderes an: wie ich zu diesem Gott stehe, welche Beziehung ich zu ihm habe, wie ich meinen Glauben in meinem Leben umsetze. Und: wie ich mir diesen Gott überhaupt vorstelle.

Denn mit allen drei Personen der Trinität einzeln kann ich gut etwas anfangen:
Gott als der Vater, der die Schöpfung erwirkt und begleitet, der für diese Welt und uns Menschen einen Plan hat, auch wenn wir diesen nicht verstehen.
Und Jesus, einer, der mir zeigt, wie Gott sich das mit uns Menschen vorstellt, der die Liebe Gottes bringt und lebt und mir ein Leben in großer innerer Freiheit vorlebt.
Und der Heilige Geist, diese Kraft Gottes, die mich immer wieder aufrüttelt und mir Mut schenkt. Aber dass diese drei gemeinsam ein Wesen sind? Das kann ich nicht nachvollziehen.

Und vor allem drängt sich mir da immer auch die Frage auf: wer will denn wissen, wie dieser Gott ist? Wer kann sich erlauben, solche Festlegungen zu treffen? Wer und wie ist Gott? Ist das nicht vielmehr ein großes Geheimnis? Etwas, nach dem ich suchen muss, dem ich in meinem Leben immer wieder nachspüren muss? Für mich ist und bleibt Gott vor allem ein großes Geheimnis, das ich manchmal spüre, dem ich mich oft nahe fühle, das ich aber nie werde fassen können. Und ich finde: das ist auch gut so.

Dieses Ringen um eine Beziehung zu Gott, dieses Ringen darum, wer dieser Gott eigentlich ist und wie er ist, wie er sich in meinem Leben zeigt und eben auch nicht, das kommt in einer schönen Litanei aus dem Gotteslob zum Ausdruck, die wir miteinander singen und meditieren wollen.

Lied zur Meditation: Gotteslob 557
Litanei von der Gegenwart Gottes
– in Auszügen –
Sei hier zugegen, Licht unsres Lebens.
Sei hier zugegen, in unsrer Mitte.
Lös unsre Blindheit, dass wir dich sehen.
Mach unsre Sinne wach für dein Kommen.
Zeig deine Nähe, dass wir dich spüren.
Weck deine Stärke, komm und befreie uns.

Sei hier zugegen, damit wir leben.
Sei hier zugegen, stark wie ein Feuer.
Flamme und Leben, Gott bei den Menschen.
Zeig uns dein Angesicht, gib uns das Leben.
Oder bist du, o Gott, ein Gott der Toten?
Komm, sei uns nahe, damit wir leben.

Oder bist du, o Gott, kein Gott der Menschen?
Komm und erleuchte uns, komm und befreie uns.
Du Licht am Morgen, komm und befreie uns.
Gott für uns alle, heute und morgen.
Tausend Geschlechter währt deine Treue.
Du bist auch heute ein Gott für die Menschen.

Du bist uns nahe seit Menschengedenken.
Gott du bist heilig, wer kann dich sehen?
Unendlich fern von uns und doch so nahe.
Doch bist du nicht der Gott, den wir uns denken;
lässt dich nicht finden, bist wie ein Fremder
und deine Torheit ist weiser als Menschen.

Wenn du nicht da bist, was soll ich auf Erden?
Sei du uns gnädig und hab Erbarmen.
Sei unser Atem, sei Blut in den Adern.
Sei unsre Zukunft, sei unser Vater.
Denn in dir leben wir, in dir bestehen wir.
In deinem Licht können wir sehen.

Lass uns nicht fallen zurück in den Staub.
Send deinen Geist aus, Neues zu schaffen.
Flamme des Lebens, Licht unsres Lichtes.
Send deinen Geist aus, neu uns zu schaffen.
Tiefe des Herzens, Licht unsres Lichtes.
Send deinen Geist aus, neu uns zu schaffen.

In dieser Stunde, Gott, sei uns nahe.
In unsern Häusern wohne der Friede.
Auf unsern Tischen Brot für den Frieden.
Für unsre Kinder sei du die Zukunft.
Licht der Verheißung, Menschen in Frieden.
Auf dich vertrauen wir, auf den Lebendigen.
Könntest du jemals Vertrauen enttäuschen?

Autor: Huub Oosterhuis

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