Aufblühen im Lichtkreis Gottes – 4. Fastensonntag B

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 3
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus:
14 Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden,
15 damit alle, die an ihn glauben, in ihm das ewige Leben haben.
16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht zugrunde gehen, sondern das ewige Leben haben.
17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.
19 Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.
20 Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.
21 Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.

Autorin:
_MG_7932-web Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindeseelsorge, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen

 
Die Predigt:
Aufblühen im Lichtkreis Gottes

Liebe Leserin, lieber Leser,
wohin wir auch schauen in diesen Frühlingstagen, Winterlinge, Schneeglöckchen, Krokusse, erste Scilla … überall öffnen sich Blüten den wärmenden Sonnenstrahlen. In den noch kalten Nächten ziehen sie sich wieder in sich selbst zurück.

Im übertragenen Sinn spricht auch das heutige Evangelium von Licht und Finsternis, auf den ersten Blick kompliziert, aber eigentlich doch ganz einfach: Gott selbst ist erhellendes und wärmendes Licht. Aus Liebe zur Welt gibt er seinen Sohn her, um die Welt aus ihrer Finsternis zu sich ins Licht zu holen. Retten heißt das Stichwort. Es ist Gottes Wille, dass die Welt gerettet wird und nicht auf rasanter Talfahrt ins Verderben bleibt. Diese Rettung geschieht im Herzen jedes einzelnen Menschen. Es genügt, dass er auf Jesus schaut, der sich bis in den Tod hinein hergegeben hat. Der Sieg des Lichtes über die Finsternis geschieht für den Johannesevangelisten nicht erst mit der Auferweckung, sondern schon am Kreuz. Jesus ist am Kreuz erhöht. In seinem Sterben tritt Gottes Herrlichkeit zutage. Zu Jesus aufschauen und zu verstehen versuchen, das ist bereits Glaube. Mehr ist gar nicht notwendig. Und wer glaubt, ist gerettet und hat schon jetzt Anteil am ewigen Leben. Punkt!

Aber Halt: es kommt ein zweiter Gedanke dazu. Es geht hier nicht um eine Frömmigkeit fern vom wirklichen Leben. Denn auf Jesus schauen bedeutet, ihn auch nachahmen: beten, wie er; sich von allen bösartigen Gedanken fernhalten, wie er; nicht auf den eigenen Vorteil bedacht sein, wie er; heilen, wie er; die eigenen Fähigkeiten einsetzen, wie er; sich in jeder Hinsicht um Gerechtigkeit bemühen, wie er; mutig sein, wie er. Es wird in unserem Evangelium noch zugespitzt: da ist eine Wechselwirkung zwischen Handeln und Glauben. Wenn ich helfen möchte und grundsätzlich so eingestellt bin, dass alle Geschöpfe gut leben können, dann wächst mein Glaube, dann erwidere ich die Liebe, die Gott mir schenkt. Wenn ich aber lüge und betrüge und sei´s nur im Kleinen, wenn ich gewalttätig und übergriffig bin, wenn ich nur auf mein eigenes Wohlergehen bedacht bin, dann kann ich auch nicht an Jesus glauben. Dann ist Gott wie ein Liebhaber, der nicht erhört wird. Beides geht einfach nicht zusammen. Auf der einen Seite der Lichtkreis, in den ich mich stellen darf, in dem ich aufblühen darf, auf der anderen Seite die Macht der Finsternis, die mich trotz aller Versprechungen letztlich vom Leben wegzieht. Es ist meine Entscheidung, wohin ich mich orientieren will.

Es ist meine Entscheidung, eine Entscheidung allerdings, die sich im täglichen Leben als nicht so einfach herausstellt. Wir leben nicht nur in einer Marktwirtschaft, in der alle auf ihren Profit aus sind, – ob eine Marktwirtschaft nur so funktionieren kann wäre ein eigenes, aber wichtiges Thema – , unser ganzes Leben ist ein Markt der Möglichkeiten. Vom Stromanbieter und der Krankenkasse, die wir ständig nach den günstigsten Bedingungen für uns wechseln sollen, um Wettbewerb zu erzeugen, bis zur Auswahl der billigsten Flugreise, die Wahl der Kleider und der Ernährung, die Wahl der Ausbildung und so weiter. Immer geht es darum, wie wir uns am besten stellen, was am günstigsten und vorteilhaftesten ist. Die Betriebe stellen die billigsten Arbeitskräfte ein. Von mehreren Anbietern, z.B. für einen Bauauftrag, wird der bevorzugt, der den niedrigsten Preis ansetzt. Was für eine Versuchung, zu täuschen und zu tricksen. Diese Mentalität beherrscht immer mehr unser Denken und unser Lebensgefühl. Wenn jemand anders handelt, wird er als „blauäugig“ und naiv hingestellt. Bedenken wir heute, wohin das führt.

Was die Bibel als Finsternis bezeichnet, wird in der Gesellschaft uns in den schillernsten und verführerischsten Farben angepriesen. Aber es ist ein falsches, ein trügerisches Licht. Das Leben scheint unendlich vielfältig bunt und toll zu sein; alles ist möglich – für die, die Geld haben, immer mehr Geld, für die, die angeblich auf der Sonnenseite des Lebens stehen, die ohne Skrupel andere ausnützen oder sich zur Selbstausbeutung verleiten lassen. Ja, wir können uns ein erfolgreiches, angenehmes und schönes Leben gestalten, aber oft nur auf Kosten der Familie, unserer Gesundheit und der Menschen, die bereit sind alles zu tun, um irgendwie zu überleben, und: letztlich auf Kosten unserer Seele. Denn das Gewissen wird immer leiser, bis es irgendwann gar nicht mehr zu vernehmen ist.

Gott, wie wir Christen ihn kennen, ist dagegen keiner, der rafft und sich nimmt, was er will, sondern einer, der hergibt, verschwenderisch hergibt. Aus Liebe, um zu retten, gibt er sogar seinen Sohn in die finstere Welt. Aus Liebe, um zu retten, setzt Jesus sein Leben für das Reich Gottes ein, bis zur letzten Konsequenz des Todes am Kreuz. Auf ihn sollen wir schauen und von seiner Mentalität sollen wir uns anstecken lassen. Es reicht, wenn wir uns in sein Licht stellen und vor der Finsternis der eigenen Sünden nicht die Augen verschließen. Das wird uns heute gesagt! Wenn wir bereuen, was uns von Gott trennt, und es besser zu machen versuchen, werden wir in der wärmenden Liebe Gottes aufblühen trotz aller Schwächen und Fehler. Dann spüren wir schon jetzt etwas vom Glück des ewigen Lebens. Amen

Der Engel in dir
freut sich über dein Licht
weint über deine Finsternis

Aus seinen Flügeln rauschen
Liebesworte Gedichte Liebkosungen

Er bewacht deinen Weg
lenkt deinen Schritt engelwärts

Rose Ausländer

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