Wann ist es genug? – 1. Fastensonntag B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 1
12 In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste.
13 Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.
14 Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes
15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!

Autorin:
Dr. Ulrike AltlherrDr. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Guter Hirte – Kolumban in Wendlingen mit Oberboihingen und Köngen mit Unterensingen, verheiratet, eine Tochter

 
Die Predigt:
Wann ist es genug?

Liebe Leserin, lieber Leser!
Haben Sie sich auch zu Beginn der Fastenzeit gefragt, auf was Sie dieses Jahr verzichten. Da schließt sich dann grundlegender die Frage an: Was brauche ich? Was brauche ich nicht?
Und erliege ich manchmal der Versuchung mehr Dinge einzukaufen als ich eigentlich brauche,
mehr zu Essen als mir eigentlich gut tut,
mehr Alkohol zu trinken als meiner Gesundheit zuträglich ist,
mehr wegzufahren als mir wirklich bekommt,
mehr zu arbeiten, als ich verkrafte…..?
Wie viel Besitz, wie viel Haben ist notwendig, um ein glückliches zufriedenes Leben zu führen?
Jede und jeder von uns ist bei bestimmten Dingen anfällig für ein zu viel. Dabei sind „süße Versuchungen“ meiner Meinung nach noch das kleinste Übel.

Selbst Jesus, so erzählt uns die Bibel, wurde vor seinem öffentlichen Wirken in der Wüste in Versuchung geführt. Aber es wird nichts davon gesagt, dass er irgendeiner Versuchung erlag. Er brauchte nichts für sich selbst. Denn er hatte alles, was er brauchte. Er „hatte“ das, was ihm und eigentlich allen Menschen zum Leben genügen kann: das Reich Gottes.

Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! So ist der griechische Text in der Einheitsübersetzung übersetzt. Meines Erachtens wäre der griechische Text besser übersetzt mit: „Der günstige Augenblick ist da, das Reich Gottes ist nahegekommen und schon da. Ändert euer Denken und vertraut der guten Nachricht Gottes.“ Das Reich Gottes kommt nicht irgendwann einmal in ferner Zukunft oder am Ende der Welt, nein: es hat bereits begonnen. Es gibt überall Spuren davon. Und das Evangelium erzählt davon. „Evangelium“ heißt wörtlich aus dem Griechischen übersetzt die „gute Nachricht“, nämlich die gute Nachricht.

Reich Gottes heißt, es wird alles gut. Das Reich Gottes wird verwirklicht mit Gottes Macht und verändert Leben. Es gibt die Hoffnung auf neue ungeahnte positive Lebensmöglichkeiten auch in scheinbar aussichtslosen Situationen. Das Volk Israel hat es immer wieder erfahren, die Menschen um Jesus auch und seither immer wieder Menschen. Manchmal, wenn nichts mehr zu gehen schien, hat sich alles doch noch zum Guten gewendet. Im Reich Gottes verbinden sich Hoffnung und Wirklichkeit. Die Hoffnung weiß, dass alles von Gott abhängt. Menschen können aus diesem Vertrauen heraus handeln, als ob alles von ihnen abhinge.

Oft ist von Reich Gottes und seinen positiven Möglichkeiten nichts zu spüren. Menschen wollen immer mehr. Die einen häufen Geld, Dinge, Einfluss und Macht an, für die anderen bleibt immer weniger. Es gibt immer mehr Menschen, die nicht genug haben, die in irgend einer Weise „hungern“. Die Hungertücher, die in der Fastenzeit in den Kirchen aufgehängt werden, regen zum Nachdenken über eine Form von „Hunger“ an. Dieses Jahr wurde das Hungertuch von Dao Zi aus China gestaltet. Der Titel lautet: Gott und Gold – wie viel ist genug? Inspiriert wurde Dao Zi von der Bergpredigt: Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz.
Die Darstellung wirkt durch die Reduktion auf wenige Formen und Farben. Der schillernde Gesteinsbrocken verkörpert das Gold, die Güter nach denen die Menschen verlangen.
Um das leuchtende Gold sind 7 kleine Goldkörper wie Tupfen gestreut. Sie stehen für Gottes Schöpfung mit all seinen reichen Gaben für uns Menschen.
Offenkundig ist genug für alle da. Doch wie viel ist genug … für mich und meine Familie, für die vielen die Flüchtlinge, für all die Menschen auf der Welt?

Es ist nicht zwangsläufig so, dass einige sich alles nehmen müssen auf Kosten der anderen. Denn letztlich gehören alle Güter dieser Welt nicht Menschen sondern Gott, und Gott schenkt positive Lebensmöglichkeiten, die nicht ausschließlich vom Besitz abhängen. Wer materielle Güter benötigt, soll das Lebensnotwendige ohne großen Aufwand bekommen. Wer das Lebesnotwendige hat, kann frei werden von den Versuchungen der Gier nach immer mehr. Mit Christus kann er oder sie Versuchungen überwinden: widerstehen und teilen. Vielleicht heißt Reich Gottes auch für uns: Gott gibt uns genug, wir brauchen nicht immer mehr.

Wann ist es genug? Wenn ich so handle, als hinge die Gerechtigkeit in der Welt von mir ab, und meine Güter teile. Und vor allem, wenn ich in dem Vertrauen lebe, dass ich alles bekomme, was ich wirklich brauche. Dann merke ich, wann ich genug habe: genug zu essen, das mich nährt und das ich genießen kann. Dann höre ich auf, wenn ich satt bin.
Genug zu trinken. Dann höre ich auf, wenn es kein Genuss sondern Zudröhnen wird.
Genug Möglichkeiten wegzufahren, aus dem Alltag herauszukommen. Dann kann ich dableiben, wenn es nur Flucht wäre und vorher und nachher nur Stress bedeutet.
Genug zu arbeiten. Ich mache auch mal Pause, weil ich weiß, dass nicht alles von mir abhängt …? Amen!

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2 Antworten auf Wann ist es genug? – 1. Fastensonntag B

  1. Kähny sagt:

    zerschlagt endlich den Sozial-und Immobilienkonzern Kirche…! Es ist genug ! Jetzt !

    Ich kann im kleinen noch so sehr Verzicht üben- um des Reiches Gottes Willen willen…

    Solange SEINE D i e n e r in der Versuchung durch den Mammon versagen, die Gemeinden leerpredigen und kaputtsparen, solange verraten sie den Gekreuzigten von Golgotha.
    Schon längst drängt die Frohbotschaft weg von der „üblichen Sakramentenpastoral“ hin zu den von der Leistungsgesellschaft an der Teilhabe am Leben Ausgestossenen.
    (höchste Suizidrate in D in den „katholischen Bundesländern“!)

    So mancher Theologe könnte in den verschiedenen Beratungsstellen der öffentlichen Wohlfahrtsverbände sein Geld verdienen z.B.mit Zusatzausbildung als Sozialpädagoge, Psychotherapeut,etc :

    seine Frohbotschaft bekäme endlich Gewicht…!

  2. u.hahn sagt:

    Danke, dass dieses faszinierende Hungertuch uns gleich von Anfang an in die Fastenzeit hineinführt. Es bietet genug Impulse für jeden Tag der Fastenzeit und ich hoffe und wünsche, dass es viele Menschen betrachten und anregen wird.

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