Gewinne Klarheit und handle – 13. Sonntag im Jahreskreis A

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 10
Jesus sprach zu seinen Jüngerinnen und Jüngern:
37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.
38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.
39 Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.
40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.
41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten.
42 Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.

Autorin:
Foto_Jutta_Schnitzler-Forster-225x300Jutta Schnitzler – Forster
verheiratet, zwei Söhne,
Gemeindereferentin in Ulm,
Bildungsreferentin und Gemeindeberaterin

 
Die Predigt:
Gewinne Klarheit und handle!
Liebe Leserin, lieber Leser,
Wann haben Sie zum letzten Mal eine wichtige Entscheidung getroffen?
Wie mühsam oder leicht fiel es Ihnen sich darüber klar zu werden, was Sie wollen?
Es gehört zu unserem Leben, dass wir immer wieder vor Wahlmöglichkeiten stehen und neu die Weichen stellen müssen. Manchen Menschen fällt das eher leicht, andere tun sich schwer und nicht wenige vermeiden es zu entscheiden, weil sie fürchten, die Wahl könnte falsch sein.
Wer selber keine aktiven Entscheidungen trifft, über den wird entschieden oder alles bleibt beim Alten – auch das ist eine Entscheidung.
Klarheit zu gewinnen ist gerade bei weitreichenden Entscheidungen eine Herausforderung. Aber erst die Eindeutigkeit bringt uns weiter.
Es hat etwas sehr Befreiendes, weil endlich die Ausrichtung klar ist, wie es weitergeht. Unser Leben ist in vielen Dingen so, wie wir es entschieden haben.
Auch in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben, derzeit auch besonders in unseren Kirchen, braucht es wegweisende Entscheidungen.
Dinge, die nicht mehr funktionieren, die sich negativ auswirken, müssen anders gesteuert werden. Es ist ein Zeichen von Stärke und Verantwortung, wenn Entscheidungen hinterfragt und notfalls neu und anders getroffen werden.
Ein eindrückliches Beispiel dafür ist der Atomausstieg unserer Regierung. Die Katastrophen von Fukushima haben die Welt verändert und auch bei uns zu Veränderungen geführt. Das macht Mut! Es zeigt, was möglich ist, wenn es Klarheit und den Willen zum Handeln gibt.

Das heutige Evangelium führt uns in die Zeit der ersten Christen. Ihr Leben war geprägt durch eine große Entschiedenheit Jesus nachzufolgen. Für die Jünger war klar: Jesus ist als Auferweckter unter ihnen und das Himmelreich ist da! Hier und heute! Um das zu sichtbar zu machen, galt es Kranke zu heilen, Tote zu erwecken, Dämonen auszutreiben und auf alte Sicherheiten zu verzichten.
Mit ihrer Klarheit und ihrem Handeln haben sie viele Menschen begeistern und mit auf den neuen Weg nehmen können.

Wer Jesus nachfolgt, damals und heute hat eine große Aufgabe: Gelegenheiten und Menschen zu finden, die dem Himmelreich „würdig“ sind.
Dieses Wort lässt Sie vielleicht stolpern. Bei Meinrad Limbeck habe ich eine anregende Übersetzung dazu gefunden: Würdig im Sinne von „gleichem Wert“, „dazu passend“. Es gibt Situationen und Menschen, die passen besonders gut zum Himmelreich. Sie sind seiner ausgesprochen „würdig“.

Zum Himmelreich passen für mich Menschen, die klar sind. Die sich zeigen und die sich positionieren. Und es sind Menschen, die aus Entschiedenheit handeln. Die im richtigen Moment genau das Richtige tun. Und oft ist das Richtige nichts anderes, als das, was gerade möglich und sinnvoll ist.

Der Weg zu Klarheit führt über die Auseinandersetzung und erfordert Entscheidungen. Das gilt für die persönliche Lebensgestaltung, für die Politik, für die Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft.
Wer gute Entscheidungen treffen will, muss sich seiner Werte und Ziele bewusst sein.
Das Himmelreich ist untrennbar verbunden mit der Frage nach Gerechtigkeit, nach gutem Leben für alle. Das Kleine und das Große werden gebraucht, Unterschiede können fruchtbar werden und sich ergänzen. Achtsamkeit miteinander und mit den Lebensressourcen gehören dazu.
Menschen dürfen und sollen hier und jetzt „Leben in Fülle“ erfahren.

Wenn wir zum Himmelreich beitragen wollen, so sind wir nicht allein auf uns gestellt.
Wir dürfen uns führen und leiten lassen von der heiligen Ruah, der Geistkraft Gottes, für deren Wirken wir uns besonders in der Pfingstzeit öffnen.
Sie ist es auch, die Menschen in fruchtbarer Weise zusammenführt.
Wenn wir die Möglichkeit nutzen Andere zu fragen, wenn wir uns Anregungen holen und uns gegenseitig beraten, um dadurch Klarheit zu gewinnen und verantwortlich zu handeln.

In Momenten, wo wir gute Entscheidungen treffen können, wo wir überzeugt sind, eine Sache positiv voran zu bringen, wo wir das Gefühl haben:“ Ja, genau, das ist es“, da sind wir dem Himmelreich ganz nah.

Das gilt auch für scheinbar unlösbare Widersprüche! Zugegeben, es fordert manchmal alles, aber genau dann, wenn wir alles gegeben haben, zeigt sich oft auch eine Perspektive und ein gangbarer Weg. Wir sind beflügelt und da ist es dann wieder, das Gefühl, dem Himmel ganz nahe zu sein.

Es sind immer nur Momente, in denen wir intensives Leben spüren. Wir sehnen uns nach Erlebnissen und Erfahrungen, die uns Sinn geben, die uns Verbundenheit spüren lassen und zu Veränderungen führen. Wir alle können viel dazu beitragen und dürfen uns auch immer wieder reich beschenken lassen.
Das Himmelreich ist da! Ich wünsche es uns allen immer wieder in überraschender Weise.
Amen

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2 Antworten auf Gewinne Klarheit und handle – 13. Sonntag im Jahreskreis A

  1. Zivilisation

    „Ich glaube – und hoffe – auch, dass Politik und Wirtschaft in der Zukunft nicht mehr so wichtig sein werden wie in der Vergangenheit. Die Zeit wird kommen, wo die Mehrzahl unserer gegenwärtigen Kontroversen auf diesen Gebieten uns ebenso trivial oder bedeutungslos vorkommen werden wie die theologischen Debatten, an welche die besten Köpfe des Mittelalters ihre Kräfte verschwendeten. Politik und Wirtschaft befassen sich mit Macht und Wohlstand, und weder dem einen noch dem anderen sollte das Hauptinteresse oder gar das ausschließliche Interesse erwachsener, reifer Menschen gelten.“

    Arthur C. Clarke (Profile der Zukunft)

    Die sinnfreie Beschäftigung hochgradig Verwirrter (Politiker und Theologen) ist der halbwegs zivilisierten Menschheit noch immer wichtiger als der eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation. Ob der Prophet Jesus von Nazareth geahnt hat, dass es so lange dauern würde, bis die Menschheit erwachsen wird, ist im Nachhinein schwer zu sagen; sicher ist, dass der kollektive Wahnsinn der Religion erst dann überwunden wird, wenn die reale Angst vor der größten anzunehmenden Katastrophe der Weltkulturgeschichte (globale Liquiditätsfalle nach J. M. Keynes, klassisch: Armageddon) größer geworden ist als die vor Urzeiten eingebildete Angst vor dem Verlust des „Schnullers“ (der „liebe Gott“).

    Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert:
    http://www.deweles.de/willkommen.html

    • Birgit Droesser sagt:

      Wer sind die Akteure der menschlichen Zivilsation Ihrer Meinung nach? Und was bitte haben Ihre Texte mit der ausgewählten Predigt zu tun?

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