Wo die RUAH ist, da ist Leben – Pfingstsonntag A

An diesem Pfingstfest beginnen wir mit einer Ansprache zum Pfingstsonntag und zum Pfingstmontag unsere Predigtreihe. Wir widmen sie allen Frauen in den Kirchengemeinden, die oft in Familie und Beruf stark belastet sind und sich trotzdem für ihre Kirche einsetzen in den Gemeinderäten, in der Verwaltung, in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Liturgie, in der caritativen Arbeit und in Bibelkreisen.
Wir machen sie allen Christinnen und Christen zum Geschenk, die auf eine Veränderung in der Kirche hoffen, die sie zukunftsfähig macht.

Die Apostelgeschichte, Kapitel 2
Das Pfingstereignis
1 Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort.
2 Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.
3 Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.
4 Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.
5 In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.
6 Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden.
7 Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?
8 Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören:
9 Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien,
10 von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten,
11 Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.

Das Evangelium nach Johannes, Kapitel 20
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.
21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter
Gemeindereferentin in Filderstadt
verheiratet, vier Kinder

 
Die Predigt:
Wo die „RUAH“ ist, da ist Leben

Atemübung
Ich lade ich Sie ein, einen Augenblick zur Ruhe zu kommen und ihrem Atem nachzuspüren.
Setzen sie sich bequem hin, legen sie die Hände auf ihre Oberschenkel.
Sie können die Hände auch ineinander legen oder falten.
Wenn es ihnen möglich ist schließen sie ihre Augen.
Atmen sie langsam und ruhig ein und aus.
Spüren sie, wie der Atem in ihren Bauch strömt.
Wie er weit wird und die Luft aufnimmt – und wie der Atem langsam wieder ausströmt.
Ein- und ausatmen, Jede und Jeder im ganz eigenen Rhythmus.
kurze Stille
Atmen sie weiter ein und aus und hören dabei zu:

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Ruah schwebte über dem Wasser.
Gen 1,1

Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem, die Ruah
Gen 2,7

Jesus trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach: empfangt den Heiligen Geist.
Joh 20,21.22
Atmen sie noch einmal tief ein und aus. Öffnen sie ihre Augen.

Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes
Vielleicht mag es ihnen seltsam erscheinen, dass sie gerade diese Zitate aus der Bibel gehört haben.
Doch sie gehören zusammen und gehören zum Pfingstfest.
In den Lesungen haben wir zwei klassische Texte zu Pfingsten gehört, wie die Evangelisten Lukas und Johannes sie niedergeschrieben haben.
Wenn sie vom Heiligen Geist sprechen, dann tun sie dies in der Tradition ihrer Väter und Mütter, in der Tradition des Alten Testamentes.

Heiliger Geist ist „RUAH“ und bedeutet Wind, Sturm, Atem, Geist, Schöpferkraft, Lebensenergie und prophetisches Wirken.
Heiliger Geist ist RUAH und anders als in der deutschen oder lateinischen Übersetzung weiblich. Und es lohnt sich, dieser weiblichen Seite Gottes nachzugehen.

RUAH – Geist Gottes
RUAH ist der Geist Gottes, der am Beginn der Schöpfung über den Wassern schwebt. Sie ist der Atem Gottes, der den aus dem Erdboden geformten Menschen belebt.

RUAH ist Bewegung, eine dynamische Kraft, die Heilung und Befreiung in Gang setzt.
Erfüllt vom Geist Gottes geht Jesus zu den Menschen und verkündet ihnen eine befreiende, Leben eröffnende Botschaft.
Er heilt Kranke, tröstet Trauernde, befreit Menschen aus ihren Fesseln von Gewalt, seelischen und körperlichen Krankheiten und ermöglicht ihnen ein neues Leben.
So wie es beim Propheten Jesaja geschrieben steht:
Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir;
denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe, einen Tag der Vergeltung unseres Gottes,damit ich alle Trauernden tröste,die Trauernden Zions erfreue. Jes 61,1-3

RUAH ist ein Geschehen, in dem Gott handelt und RUAH ist ein Geschehen, das zum Handeln befähigt.
So z.B. beim Zöllner Zachäus. Durch die Zuwendung Jesu kann er sein Leben verändern. So habgierig er vorher war so freigiebig wird er.
In vielen Heilungserzählungen wird berichtet, dass die Geheilten Gott loben und anderen erzählen was an ihnen geschehen ist. Sie lassen andere an ihrem neuen Leben Anteil haben. Sie nehmen ihr Leben selbst in die Hand.

RUAH sprengt die Mauern der eigenen Angst und Furcht und befreit zu neuem Leben
Den Jüngern im Evangelium wird der Heilige Geist förmlich eingeblasen. Wie zu Beginn der Schöpfung Adam und Eva den Auftrag bekommen, die Erde zu bevölkern, zu bestellen und zu verwalten, bekommen die Jünger Jesu einen Auftrag:
Sie sind gesandt, den Menschen Frieden, Vergebung und neues Leben zu bringen.

RUAH ist überall da, wo Menschen sich einsetzen für ein lebenswertes Leben damals und heute:
RUAH ist überall da, wo Menschen sich friedlich wehren gegen Ungerechtigkeit, sei es in Spanien gegen eine ungerechte Wirtschaftspolitik, sei es im Nahen Osten gegen ungerechte Herrscher oder anderswo.
RUAH ist überall da, wo Menschen einander beistehen und helfen.
RUAH ist überall da, wo Menschen sich wehren gegen ungerechte Behandlung oder Ausbeutung.
RUAH ist überall da, wo Menschen Sorge tragen, dass niemand wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seines Geschlechtes benachteiligt wird.
RUAH ist da, wo wir uns als Kirche und Gemeinde nicht hinter Mauern verstecken.
RUAH ist da, wo wir uns öffnen für neues Leben.
RUAH ist da, wenn wir als Gemeinde immer wieder fragen:
Was eröffnet heute den Menschen Leben?
Was hilft uns als Gemeinde zu leben im und aus der RUAH Gottes?

Da muss für uns als Kirche und als Gemeinde einiges auf den Prüfstand.
Die Jünger damals konnten nicht einfach so weitermachen wie vorher. Die RUAH hat sie ordentlich durcheinander gebracht, wie es in der Apostelgeschichte berichtet wird.
Doch dieser Sturm war kein vernichtender Sturm, es war ein be-lebender Wind.
Ein Wind, der ihnen Mut machte, ihnen neues Leben schenkte.
Ein Wind der sie befähigte, hinauszugehen und Gottes freimachende und Leben schaffende Botschaft zu verkünden.

Das wünsche ich uns heute am Pfingstfest:
Dass wir uns dem Geist Gottes, der RUAH, öffnen.
Dass wir den Atem Gottes spüren und danach unser Leben ausrichten.
Dass wir mit den Worten von Lothar Zenetti beten können:

Ich spüre meinen Atem
Ohne Atem kann ich nicht leben.
Du atmest in mir, Heiliger Geist
Du füllst mich aus
Du bewegst mich
Du gibst mir Lebens-Kraft

Ein Brausen vom Himmel muss es nicht sein,
Sturm über Völkern und Ländern,
nur gib uns den Atem, ein kleines Stück
unsere Welt zu verändern!
Ja, gib uns den Geist, deinen Lebensgeist,
uns und die Erde zu ändern!

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Eine Antwort auf Wo die RUAH ist, da ist Leben – Pfingstsonntag A

  1. Edith Spreer sagt:

    Hallo liebe Frauen!
    ich beglückwünsche sie zu ihrem Schritt, uns allen ihre Predigten zu schenken. Besonders die Pfingstpredigt mit dem „Atem“ hat mir gefallen und gut getan. Machen sie weiter so!
    Ihre (evangelische) Pfarrfrau im Ruhestand Edith Spreer

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