Unter dem Schutzmantel der Himmelskönigin – Zum Hochfest „Mariä Aufnahme in den Himmel“ am 15. August

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 1
39 In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
40 Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet.
41 Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44 In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
45 Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
46 Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, /
48 Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. /
Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
49 Denn der Mächtige hat Großes an mir getan /
und sein Name ist heilig.
50 Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht /
über alle, die ihn fürchten.
51 Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: /
Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
52 er stürzt die Mächtigen vom Thron /
und erhöht die Niedrigen.
53 Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben /
und lässt die Reichen leer ausgehen.
54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an /
und denkt an sein Erbarmen,
55 das er unsern Vätern verheißen hat, /
Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
56 Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.

Autorin:
5054fa60Marita Rings – Kleer, Gemeindereferentin in der Gemeinde St. Josef, Saarbrücken – Malstatt, Bistum Trier

 
Die Predigt:
Unter dem Schutzmantel der Himmelskönigin

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Aber Mama, ich brauche die Jacke nicht, ich bin doch nicht aus Zucker!“, so oder so ähnlich reagieren Kinder und Jugendliche, wenn sie von Eltern ermahnt werden, sich gegen Regen oder Kälte schützen. Sie lehnen dies entrüstet ab, weil sie sich in einer Lebensphase befinden, in der das eigene Bewusstsein nur so strotzt von Stärke und dem Gefühl der Unzerbrechlichkeit. Junge Menschen agieren oft unbesorgt, unbeschwert und in den Augen von uns Erwachsenen auch oft unvorsichtig. In Schule und Freizeit machen sie ihre vermeintliche Stärke oft durch waghalsige sportliche Aktionen deutlich, die wir „Großen“ dann mit angehaltenem Atem verfolgen, weil wir schon wissen und erfahren haben, wie zerbrechlich und verwundbar unser Körper und unser Dasein ist.

Wir Erwachsene haben nämlich im Laufe unserer Jahre gelernt, dass es unendlich viele, meist unverhoffte Schläge des sogenannten Schicksals gibt, die uns verletzen und einschränken können, die uns mitunter ein Leben lang beeinträchtigen oder gar ganz aus der Spur werfen können. Nicht umsonst ist bei uns in Deutschland die Versicherungsbranche ein Wirtschaftszweig mit hohen Zuwachsraten, in manchen Bereichen sogar zweistellig. Wir Menschen lernen, dass die jugendliche Selbstüberschätzung nicht lange anhält und niemand alles selbst im Griff hat, sondern vieles einfach passiert und zuweilen großen Schaden anrichten kann. Die täglichen Nachrichten präsentieren uns jeden Morgen eine kleine Auswahl davon. Und wenn ich ein Unglück schon nicht verhindern kann, dann will ich wenigstens die Folgen abmildern und darüber freuen sich eben die Versicherungen.

Früher, in der Zeit vor den großen Versicherungen, und in all den Teilen der Welt, in denen es keine Versicherungen gibt, da gehen Menschen die Frage nach dem Schutz vor Schicksalsschlägen noch anders an. Da versuchen sie, mit unendlich viel Kreativität einem Schaden vorzubeugen, es nicht erst zum Schaden kommen zu lassen. Wir als Glaubende versuchen das auch. Selbst wenn wir zuhause Versicherungspolicen haben, versuchen wir doch uns gegen Schicksalsschläge zu wappnen, indem wir uns z.B. durch Gebete und Rituale dem Schutz einer größeren und höheren Macht anvertrauen. Heute, am Fest Maria Himmelfahrt denken wir genau daran: auch wir als Glaubende versuchen uns unter den Mantel einer so mächtigen Fürsprecherin wie Maria zu stellen, um uns von ihr „beschirmen“ zu lassen. Wir suchen keinen Unterschlupf unter den Flügeln des Löwen oder einem stabilen Ritterschild, wozu große Versicherungen uns ermutigen. Wir suchen vielmehr Schutz unter dem weiten Mantel der Himmelskönigin und bitten sie, diesen wie einen Schirm über uns aufzuspannen.Und dann? Dann wundern wir uns, wenn es nicht funktioniert! Denn der Gedanke, der sowohl hinter dem Abschluss von Versicherungen als auch im Gebet zur Schutzmantel-Madonna steckt ist der gleiche: wir denken, unter einem Schild oder einem Schutzmantel könnten wir vor Unheil bewahrt bleiben.

Aber das klappt so nicht, das schafft niemand. Kein Mensch hat die Macht oder die Kraft, den Schutz für sein Leben selbst zu organisieren, weder mit Geld oder Gewalt, noch mit Gebeten. Umgedreht aber wird ein Schuh draus: Dann nämlich, wenn das Unglück passiert ist, dann kann mir aus der Beziehung zu Gott, zur Gottesmutter, Kraft und Hilfe zufließen, dann kann mir ihre Macht helfen, dass ich das, was mir zugemutet wurde, verarbeiten, verkraften und verwandeln kann. Dann sind Gebete und Rituale eine wichtige und auch mächtige Quelle, die mich stärken oder trösten können. Dann kann der Glaube daran, dass wir nicht allein mit unserer Last sind, eine ungeahnte und positive Wirkung entfalten.

Der Schutzmantel Marias ist also kein altmodischer Blitzableiter, der alles Unheil von uns ableitet, er ist vielmehr wie ein Netz, in das wir fallen, wenn uns das Leben stolpern lässt und aus der Bahn wirft. Aus diesem Auffangnetz können wir dann wieder aufstehen, selbst wenn es mühselig und etwas wackelig ist.

Es gibt dazu eine Geschichte, die Sie vielleicht schon kennen:
In einem Fischerdorf war das Leben mühsam und schwer und deshalb war es unabdingbar wichtig, dass sich alle an Regeln hielten, die die Gemeinschaft stützten. Wer sich nicht an die Regeln hielt und der Gemeinschaft einen Schaden zufügte, wurde mit dem Tode bestraft. Alle glaubten, auf diese Weise ihr kleines Dorf zu schützen. Eines Tages wurde eine Fischersfrau, deren Mann schon einige Wochen auf dem Meer zum Fischfang unterwegs war, beim Ehebruch ertappt und dann zum Tode verurteilt. Das Dorf wollte aber mit der Vollstreckung warten, bis ihr Mann zurück war, um ihm Gelegenheit zu geben, ein letztes Mal mit seiner Frau zu sprechen. Als der Fischer nun nachhause kam und hörte, was geschehen war, wurde er sehr traurig, sprach mit seiner Frau und ging dann schweigend zu seinem Haus. Das Urteil sollte am nächsten Morgen vollstreckt werden. Man wollte die Frau über die Felsen stoßen und sie würde tief unten auf den Klippen zerschellen. Am nächsten Morgen fehlte von dem Fischer jede Spur, also wurde das Urteil ohne ihn vollstreckt und die Frau über den Felsrand gestoßen. Doch dann blieb es still. Kein Schrei, kein Aufprall. Als die Dorfbewohner nachsahen entdeckten sie, dass der Fischer über Nacht ein Netz unter den Felsen gespannt hatte, in das die Frau hineingefallen war. Er half ihr nun aus dem Netz und wortlos gingen beide davon.

Der Fischer konnte das Unheil, das über ihn und seine Frau hereingebrochen war, nicht aufhalten, die Untreue nicht und auch nicht das Urteil. Kein Schutzzauber und auch kein Schutzmantel hatten ihn davor bewahrt. Aber er konnte die Folgen des Unheils beeinflussen. In seinem Fall war es die Kraft der Liebe, die ihn zu jener waghalsigen Rettungsaktion ermutigte. Für viele glaubende Menschen ist es hingegen die Kraft, die ihnen aus der Beziehung zu Gott und aus dem Gebet zuwächst und die sie stark macht, mit den Folgen manch unheilvoller Schicksalsmacht umzugehen. Auch der Glaube an Maria und ihren Schutzmantel hat genau die gleiche starkmachende Wirkung.

Kinder und Jugendliche trauen sich noch selbst zu, gegen Unheil gewappnet zu sein, sie haben noch keine Angst, denn sie fallen noch in die Netze ihrer Eltern. Wir anderen aber, wir brauchen unseren Herrgott und wir brauchen Maria, die immer wieder Netze und Mäntel unter uns ausspannen, in die wir fallen können und die uns auffangen.
Und am Ende fallen wir dann tatsächlich nie tiefer als in die Hand Gottes, wie es einmal Margot Käsmann formuliert hat, die so ganz tief gefallen war und doch nicht auf den Klippen des Lebens zerschellt ist

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort auf Unter dem Schutzmantel der Himmelskönigin – Zum Hochfest „Mariä Aufnahme in den Himmel“ am 15. August

  1. Kähny sagt:

    …betriebsblind…!

    Angst macht „betriebsblind „: wir verhalten uns wie die 3 Affen
    – nichts sehen/hören/reden-kommunizieren…
    Der „Nürnberger Trichter“ hinterlässt eine Spur der emotionalen Verwüstung, die sich in Sucht und Amok manifestiert.
    Wahrscheinlich m.H. der Versicherungen und des Mrd.-schweren Sozialen Netzes haben wir -Ausdruck des Religionsverlusts – verlernt die Angst als Freundin/Gottesbotin anzunehmen:
    Angst soll uns „Hören/Sehen/Sprechen “ lehren – mit dem Einzigen…!
    Das zeigt mir die Geschichte von Maria.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 1 = 8

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>