Schätze sammeln, die wirklich glücklich machen – 19. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 12
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern – und Jüngerinnen:
32 Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.
33 Verkauft eure Habe und gebt den Erlös den Armen! Macht euch Geldbeutel, die nicht zerreißen. Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst.
34 Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
35 Legt euren Gürtel nicht ab und lasst eure Lampen brennen!
36 Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft.
37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen.
38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie.
39 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht.
40 Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
41 Da sagte Petrus: Herr, meinst du mit diesem Gleichnis nur uns oder auch all die anderen?
42 Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr einsetzen wird, damit er seinem Gesinde zur rechten Zeit die Nahrung zuteilt?
43 Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt!
44 Wahrhaftig, das sage ich euch: Er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen.
45 Wenn aber der Knecht denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht zurück!, und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen; wenn er isst und trinkt und sich berauscht,
46 dann wird der Herr an einem Tag kommen, an dem der Knecht es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen.
47 Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen.
48 Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man um so mehr verlangen.

Autorin:
Margret Schäfer-Krebs Margret Schäfer – Krebs, Pastoralreferentin,
Leiterin des Referates Liturgische Dienste am Institut für Fort- und Weiterbildung der Diözese Rottenburg – Stuttgart

 
Die Predigt:
Schätze sammeln, die wirklich glücklich machen

Liebe Leserin, lieber Leser,
gelungene und böse Überraschungen – gerade jetzt in der Ferien- und Urlaubszeit – stellen sie sich gerne häufiger ein. Die Fluglotsen streiken, das Auto hat eine Panne, das Kind wird krank, die Handtasche wird gestohlen, ein heftiges Gewitter verwandelt den Abwasserschacht im Keller in eine sprudelnde Quelle… plötzlich steht man in einer Situation, die schöne Pläne durcheinander bringt und erst einmal zwingt, sich auf etwas einzustellen, das man so nicht erwartet und auch nicht gewollt hat.
Aus der Ruhe bringen können aber auch schöne Überraschungen: eine Einladung, mit der man nicht gerechnet hat; etwas, das man schon so lange gesucht hat, plötzlich sieht man es beim Bummeln in einem Basar; ein Freund ist auf der Durchreise und steht plötzlich vor der Tür… Nach einer kurzen Besinnungspause ist man gerne bereit den Tagesplan über den Haufen zu werfen.
Gegen so manche Gefahr und manches Unvorhergesehene kann man Vorsorge treffen, sich zum Teil auch versichern, aber immer in der Hoffnung, dass man die Vorkehrung lieber nicht braucht.
Im Evangelium heute schwingt diese Ambivalenz, die Überraschungen an sich haben, mit: „Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet“(Vers 40). Damit dies keine böse Überraschung wird, mahnt Lukas, wie auch Matthäus, eindringlich zur Wachsamkeit, als bester Vorsorge.

Der geschichtliche Hintergrund ist leicht auszumachen. Die ersten Christengemeinden lebten in der Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu in Bälde. Die zunehmende Verfolgung nährte die Hoffnung auf ein baldiges Ende dieser bedrohlichen Situation durch Jesus selbst. Doch das Wiederkommen ihres Herrn bleibt aus. Nichts passiert. Enttäuschung und Resignation machen sich breit. Aufgeben oder durchhalten? Diese Frage stellten sich viele.
Lukas deutet das Ausbleiben der Wiederkunft Christi als Verzögerung. Die Christen leben in einer Zwischenzeit, und da gilt es nicht untätig auf den Sankt Nimmerleinstag zu warten, sondern Schätze zu sammeln, mit dem Vermögen des Verwalters treu und klug umzugehen, das Gesinde zu achten und ihm zu geben, was es an Nahrung zur rechten Zeit braucht.

Trost- und Mahnworte, Bilder und ein Gleichnis, das auf den ersten Blick nur männliche Mitspieler kennt: Der Herr, die Knechte und den Verwalter – Mägde tauchen erst in Vers 45 als Geschlagene auf. Laufen vor allem die Männer mit Verantwortung in der frühen Kirche Gefahr, sich mit dem abwesenden Herrn abzufinden, nicht mehr mit ihm zu rechnen und sich stattdessen selbst wie die Herren im Haus aufzuführen, in einer Art, die dem Auftrag des Herrn widerspricht? Ich will nicht ins Spekulative abdriften, aber zumindest werden hier Gefahren beschrieben, denen sowohl der Herr im Haus (Vers 39), als auch Knechte (Verse 45.46.47) erliegen können. Vertrauen kann missbraucht werden; eigentliche Aufgaben können aus dem Blickfeld geraten; Der eigene Nutzen kann in den Vordergrund rücken; man kann gewalttätig werden und auch absaufen.
Wer warnt, wer greift ein, wer wehrt sich gegen solchen Machtmissbrauch und solche Gott-Vergessenheit? In unserem Gleichnis liegt die Verantwortung bei den Akteuren selbst. Sie müssten es wissen, was ihre Aufgabe ist, wie sie zu erfüllen ist bis der Herr kommt und dass sie Rechenschaft ablegen müssen.

Die Zwischenzeit dauert bis heute an. Mit was sind die Akteure in der Kirche heute beschäftigt? Wo sind die wachen Leute, die mit Jesus rechnen, der oft unerkannt kommt und anklopft? Wo lässt man sich noch von ihm und seiner Botschaft überraschen? Wo sind die Leute mit dem langen Atem, die trotz aller Müdigkeit in dieser Kirche, immer wieder zum aufmunternden Wort und zur beherzten Tat schreiten?

„Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt“. Wachheit hat mit Aufmerksamkeit zu tun. Und Aufmerksamkeit wiederum damit, wie und womit ich mich beschäftige, in was ich vertieft bin. Wo mein Schatz ist da ist auch mein Herz.
Welchen Schätzen widme ich meine Aufmerksamkeit?
Ist das im Sinne des heutigen Evangeliums okay?
Hat das, was meine Aufmerksamkeit gewinnt und auf sich zieht einen Wert?
Wird dadurch auch anderen Nahrung zuteil?
Kann ich da jederzeit Rechenschaft abgeben?
Ich für meinen Teil sehe, dass meine Prioritäten frag – würdig gesetzt sind, ich habe zu viele Schätze, an denen Motten ihren Gefallen hätten. Ich glaube auch nicht, dass ich mich herausreden kann mit dem Verweis auf Knechte, die fragwürdige Ziele verfolgen und ein fragwürdiges Handeln an den Tag legen.

Ein prominentes Vorbild, das die Schatzsammlung für die Mottenkiste aufgegeben hat, ist die heutige Tagesheilige Klara von Assisi. Wie Franziskus hat sie den Schatz der Freiheit entdeckt. Diesen Schatz wollte sie sich um keinen Preis mehr nehmen lassen, vor allem nicht durch ängstliche Sorge um Hab und Gut. „Niemals werde ich wünschen, dass man mich vom Glück der Nachfolge des armen Christus befreit“, so antwortete sie dem Papst. Klara wurde dabei keine verhärmte Asketin. Vier Tage vor ihrem Tod am 11. August 1253 betet sie „Herr sei gepriesen, weil du mich erschaffen hast“. Das spricht von dankbarer Lebensbejahung. Das eigene Leben als Schatz in der Schatzkiste Gottes entdecken und sehen können, das nenne ich Glück.

Das heutige Evangelium und das Lebenszeugnis der Heiligen Klara wollen nicht als Überforderung entmutigen, aber als Provokation sehe ich sie sehr wohl: Lebt wie es Gott gefällt und nicht nur euch selbst, in allem wach und neugierig auf Jesu Kommen und Dasein heute unter uns. Bleibt wach und offen für seine guten Überraschungen. Und in den Dingen die quer kommen und Pläne durchkreuzen kann ein Schatz des Himmels verborgen liegen. Lasst euch das, was euch ‚jesus – mäßig’ Hoffnung macht und Sehnsucht weckt, durch keinen Knecht austreiben und verbieten.

Selig, die der Herr wach findet, wenn er kommt“ – Sie werden gut bedient, vom Herrn selbst. Ich gehe davon aus, dass das nicht nur den Knechten verheißen und gesagt ist.

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2 Antworten auf Schätze sammeln, die wirklich glücklich machen – 19. Sonntag im Jahreskreis C

  1. Annemarie Gindele sagt:

    Ich frage mich, wie der kommende Herr das Verhalten derjenigen beurteilen wird,
    die er dabei vorfindet, wie sie uns Frauen nicht genügend Wertschätzung und Beachtung schenken, obwohl sie die christliche Gemeinde mitgestalten und oft genug
    tragen in schwierigen Zeiten der Gottferne und der Glaubensnot?

    • Kähny sagt:

      Wertschätzung ?
      Der Markt bestimmt den Wert… der Frau . Und die Verfügbarkeit.
      Dass die in Deutschland für bald 2 Mrd. EUR verrottenden Lebensmittel-Schätze überwiegend von Frauen zu verantworten sind, lässt die Hl Klara sich heute noch im Grab umherwälzen.
      Wer und welche Schätze treiben die als „Gefährtin “ gedachte und jetzt „emanzipierte “ Frau hin zur Putz-zuttel,Kinder-Taxi-Zuttel,Koch-Zuttel … ?

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