Katharina von Siena – Zeugin für Christus / 5. Sonntag der Osterzeit C

Erste Lesung aus der Apostelgeschichte, Kapitel 14
21b In jenen Tagen kehrten Paulus und Barnabas nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück.
22 Sie sprachen den – Jüngerinnen – und Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben fest zu halten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen.
23 In jeder Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste und empfahlen sie mit Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten.
24 Nachdem sie durch Pisidien gezogen waren, kamen sie nach Pamphylien,
25 verkündeten in Perge das Wort und gingen dann nach Attalia hinab.
26 Von dort fuhren sie mit dem Schiff nach Antiochia, wo man sie für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes empfohlen hatte.
27 Als sie dort angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.

Zweite Lesung aus der Offenbarung des Johannes, Kapitel 21
1 Ich, Johannes, sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.
2 Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.
3 Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein.
4 Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.
5 Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 13
In jener Zeit
31 als Judas hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht.
32 Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen.
33 Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch.
34 Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
35 Daran werden alle erkennen, dass ihr meine – Jüngerinnen und – Jünger seid: wenn ihr einander liebt.

Autorin:
Utta-Hahn-2-150x150Utta Hahn, Gemeindereferentin, Landpastoral Schönenberg in Ellwangen

 
Die Predigt:
Katharina von Siena – Zeugin für Christus

Liebe Leserin, lieber Leser,
am 29. April ist der Gedenktag der Heiligen Katharina von Siena, einer Frau aus dem 14. Jahrhundert. Sie wurde kaum 100 Jahre nach ihrem Tod heilig gesprochen, Papst Paul VI. erhob sie 1970 zur Kirchenlehrerin, eine Ehre, die sie mit nur ganz wenigen Frauen in der bisherigen Kirchengeschichte teilt, und Papst Johannes Paul II. ernannte sie gar noch zur Patronin Europas. Grund genug, sich einmal näher mit dieser Frau zu beschäftigen.

Katharina wurde vermutlich 1347 in Siena geboren.
1347 das war etwa 150 Jahre nach Franz von Assisi.
1347 das war eine Zeit, in der in Italien die Städte reich und mächtig waren. Siena baute seinen imposanten Dom, Florenz, Mailand, Venedig und nach und nach auch der Kirchenstaat waren die führenden Mächte in der Region. Doch diese Führungsrollen waren nicht unumstritten. Immer wieder kam es zu Kriegen und auch Bürgerkriegen um die Vorherrschaft in Städten und Regionen.
1347 das war eine Zeit, in der das Papsttum stark von Machtinteressen geprägt war. Seit Anfang des Jahrhundert residierten die Päpste in Avignon und standen dem französischen König näher als den italienischen Mächtigen.

Katharinas Eltern waren Adelige, aber ohne großen Reichtum. Der Vater verdiente mit dem Färben von Pelzen, Wollen und Stoffen den Unterhalt der Familie, und Katharina war das 24. von 25 Kindern. Viele dieser Kinder starben schon früh, nur wenige erreichten das Erwachsenenalter und auch Katharinas Leben endete mit nur 33 Jahren.

Wie sieht ein Kind die Welt? Was lernte Katharina kennen und lieben?
Katharina erhielt keine Schulausbildung. Später lernte sie lesen, aber mit dem Schreiben tat sie sich schwer und hatte dann immer auch Männer um sich, die ihre Sekretäre waren. Sie hatte eine Mutter, die viele Kinder geboren hatte und viele hatte sterben sehen. Sie erlebte den Tod von älteren Geschwistern. Wir wissen, dass sie sich früh den Raum des Gebets erschloss, mit sechs Jahren, so wird erzählt, hatte sie ihre erste Vision, in der sie Christus, Petrus, Paulus und Johannes sah.

Woher hatte sie den Impuls zum Gebet, zur Askese, zur Mystik? Entstand er im Tun?
Jedenfalls, so wird berichtet, hatte sie wohl schon sehr früh für sich den Entschluss gefasst, nicht heiraten zu wollen, sondern ihr Leben ganz dem Gebet zu widmen. Sie hatte dann Kontakt zum Dominikanerorden, dem ein Vetter beigetreten war, und fand wohl dort eine Spiritualität, die ihr entsprach. Mit zwölf Jahren sollte sie heiraten, widersetzte sich aber erfolgreich dem Druck der Eltern und gewann schließlich deren Zustimmung zu ihrer Art zu leben. Sie hatte im Haus ein eigenes Zimmer, in dem sie die meiste Zeit in Gebet und Selbstkasteiungen und strenger Askese verbrachte. Einige Jahre später konnte sie schließlich dem Laienzweig des Dominikanerordens beitreten – nach den Regeln des Heiligen Dominikus -, aber nicht in einer Klostergemeinschaft sondern zu Hause, in der „weltlichen“ Umgebung leben. Es war ihre Art der radikalen Gottsuche und dies blieb nicht verborgen, so dass sich andere Frauen und Männer, Laien und Religiöse ihr anschlossen. Ein kontemplatives Leben.

Doch dann kam eine Wende. Sie erkannte, dass der Dienst für Gott auch den Dienst für die Menschen bedeutet und mit der gleichen Hingabe und Radikalität, mit der sie sich bis dahin dem Gebet und der Anbetung gewidmet hatte, wandte sie sich nun Kranken und Armen zu, die sie pflegte und versorgte. Sie schaute genau hin und suchte nach Wegen der Veränderung. Sie zog mit ihren Anhängerinnen und Anhängern durch das Land, pflegte die Kranken, half den Armen und predigte, ermahnte, schlichtete Streit zwischen Familien, sorgte sich um das Heil für alle Seelen und um das Heil der Kirche, die sie sehr stark als den mystischen Leib Christi erlebte. Heil und Erlösung hingen für sie eng mit Büßertum und Umkehr zusammen und so sah sie auch, dass die Kirche insgesamt und die Autoritäten in unmittelbarer Umgebung für einen Weg zu Gott dringend der Buße und der Umkehr bedurften und sie erhob ihre Stimme, dies anzumahnen.

Sie schrieb Briefe – ca. 180 sind uns erhalten – an Freunde, an Adelsfamilien, an Königinnen und Könige, an Ordensleute, Bischöfe und auch an den Papst, der in ihr durchaus eine Ratgeberin sah. Katharina wurde gehört, und wird bis heute von den kirchlichen Autoritäten geschätzt und geehrt. Sie hatte zu Lebzeiten Erfolg, wenn es um ihr Friedensengagement ging, doch im Bereich kirchlicher Reformen, musste sie auch Scheitern und Rückschläge ertragen. Und doch wurde und wird sie seitens der offiziellen Kirche zur Kirchenlehrerin erhoben und zuletzt gar als Patronin Europas ausgerufen.

Bevor Katharina überhaupt öffentlich auftrat oder sich zu Wort meldete oder gar gefragt wurde, hatte sie schon einen spirituellen Weg beschritten, der sie prägte, und ihr diesen unerschütterlichen Mut und eine große Gewissheit gab. Sie war auf der Suche nach Gott, nach dem Heil für sich selbst, aber dann auch für die, die sie liebte, schließlich aller. Und sie wählte den Weg des Gebets und der Askese. Sie kam zur Erkenntnis, dass Gott nur in uns selbst zu finden ist. Gleichzeitig stehen wir uns mit unserer Persönlichkeit auch im Weg, um Gott zu finden, daher der Weg, sich innerlich frei zu machen von aller Ablenkung, um offen zu werden, Gott in sich selbst zu entdecken. Sicherlich waren es zutiefst mystische Momente der Erkenntnis, die Katharina dahin führten, dass dieser Dienst an Gott, die Suche nach Gott, die Suche nach uns selbst, eben auch den Dienst am Menschen bedeutet und dass Gott so gut im eigenen Selbst als auch in der Bedürftigkeit und Heil-Losigkeit des anderen zu finden ist. Und die Verbindung ist jeweils die Liebe.
Die Liebe zum anderen Menschen ist die Liebe Gottes, die sie entdeckt und erfahren hat. Und diese Liebe in der Welt zu zeigen und zu bezeugen ist in Katharinas Augen die erste und wichtigste Aufgabe jedes Menschen und vor allem auch der Kirche.

Diese Erkenntnis wurde nicht aus argumentativen und theologischen Reflexionen gespeist sondern immer wieder und wieder durch die Rückbindung an Gott im Gebet. Daher konnte sie mit Mut und ohne Rücksicht auf Stand und Ansehen ihrer Gesprächspartner diese dazu drängen, die eigenen Machtinteressen und Vorlieben hintan zu stellen und zuallererst nach dem Willen Gottes, nach seiner Liebe und einer barmherzigen Gesellschaft zu fragen.

Katharina,
eine unverheiratete Frau mit wahrscheinlich wenig Schulbildung,
mit einer großen mystischen Erfahrung und tiefen Erkenntnis,
mit einem starken Willen und beseelt von der Aufgabe,
den Menschen ihrer Zeit zu helfen, auf dem Weg zu Gott voran zu kommen,
eine Frau, die sich dem Nächsten zuwandte, der Hilfe brauchte,
diakonisch tätig war, durch und durch,
eine Frau, die Gehör fand und anerkannt wurde,
als Ratgeberin und Gesprächspartnerin.
eine Frau, die auch Misserfolge und Scheitern ihrer Bemühungen aushalten musste.

Was macht diese Frau für die Kirche so wertvoll? Was macht sie für uns Frauen so wertvoll?

Mut und Beharrlichkeit,
Überzeugung und tiefe Erkenntnis,
Offenheit für die Welt,
Hinwendung zur Not, die um uns ist,
Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, die sich als Familie bezeichnen,
unermüdliches Gebet als tiefe Religiosität im wahrsten Sinne des Wortes – denn re–ligio ist die „Rück-Bindung“ an den Ursprung und die Liebe, die uns das Leben schenkt.

Katharina gab mit ihrem Leben ganz konkret auch Antwort auf die Worte der Heiligen Schrift. Wenn wir die Lesungstexte des heutigen Sonntags betrachten, dann scheint in jedem von ihnen auch ein Aspekt auf, der in Katharina lebendig wird.

Da sind Paulus und Barnabas unterwegs, Monat für Monat, immer neue Orte, immer neue Menschen, immer neue Gemeinden mit der immer wieder neu erzählten Botschaft vom Leben und lebendigen und liebenden Gott. Sie sprachen den – Jüngerinnen und – Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben festzuhalten. War Katharina und ihre „Familie“ nicht auch unermüdlich unterwegs und sprach den Menschen Mut zu, half den Kranken und Armen und ermahnte alle, treu am Glauben festzuhalten?

Da ist die Offenbarung des Johannes, der in großer Notzeit der Christen die Vision der Hoffnung niederschreibt, dass Gott unser Leid durchträgt und dahinter etwas anderes, eine veränderte Welt, ein neues Jerusalem hervorgeht… Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu. War es nicht die Sehnsucht nach Heil, nach Gott, nach Erlösung, die Katharina von klein auf zum Gebet hin drängte, aus dem heraus sie zur Gewissheit kam, dass Gott wirklich alles neu machen kann. Heißt das vielleicht auch, dass Vergebung wirklich möglich ist, dass die Tür der Umkehr uns nicht verschlossen wird?

Und schließlich das schöne Evangelium von Johannes, in dem Jesus den Freundinnen und Freunden das Liebesgebot schenkt. Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine – Jüngerinnen und – Jünger seid: wenn ihr einander liebt. Nichts anderes schreibt und predigt Katharina ihren Mitmenschen. Als Christen sollen sie vor allem dadurch zu erkennen sein, dass sie sich umeinander, um alle Menschen kümmern, dass man sie an der Liebe erkennen soll – den Bettler auf der Strasse genauso wie den Papst oder die Adelsfamilien. Es gibt doch keinen Unterschied zwischen den Menschen vor Gott und das allein zählt.

Lassen wir uns anstecken von Katharinas Art. Satz für Satz die Schrift meditieren und betrachten und dann mit der Kraft aus dieser Quelle tatkräftig und mutig handeln – in die Welt und in die Kirche hinein.

Der KDFB – der Katholische Deutsche Frauenbund hat 1998 den Tag der Katharina von Siena als Tag der Diakonin ausgerufen. Mit Nachdruck fordert er den Diakonat für die Frauen, die ja in vielen Bereichen diakonisch tätig sind, aber dies nicht im Auftrag der Kirche mit Amt und Kompetenz versehen tun dürfen. Katharina als Schirmherrin, ungerechte Strukturen immer wieder anzumahnen und vor Augen zu führen und als Vorbild einzufordern, was im Sinne Jesu Not-Wendig ist. Und teilen wir mit Katharina die Hoffnung, dass auch für die Verantwortlichen in der Kirche Umkehr möglich ist, so dass Veränderung möglich wird. Amen.

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2 Antworten auf Katharina von Siena – Zeugin für Christus / 5. Sonntag der Osterzeit C

  1. Gindele, Annemarie sagt:

    Inzwischen wird der Tag der Diakonin auch von der kfd (Kath. Frauengemeinschaft Deutschlands) gefeiert. Es war ein wunderschöner Gottesdienst, den wir am Fest der Hl. Katharina v. Siena gefeiert haben. Es ist in unserer Zeit wirklich im wahrsten Sinn des Wortes „Not-wendig“, dass Frauen in den katholischen Gemeinden eine offizielle Beauftragung und Weihe bekommen. Denn es sind doch neben den immer weniger werdenen Priestern in unserer Kirche vor allem die Frauen, die in den Gemeinden einen wertvollen Dienst leisten. Es ist überfällig, das Amt der Diakonin einzuführen.
    Man nehme sich ein Beispiel an den urchristlichen Gemeinden, wo von Frauen als
    Diakonin und Apostolin gesprochen wird.
    Doch lieber lässt man unsere Gemeinden „verhungern“, sprich immer weniger Gottesdienste vor Ort, die Priester fast überall überlastet, Gemeinden werden zu großen Seelsorgeeinheiten zusammengelegt, immer weniger persönliche Kontakte…
    immer weniger echte Seelsorge… es lässt sich beliebig fortsetzen.

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