In Gottes Namen, tu das Deine – 26. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 9
38 Johannes sagte zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.
39 Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden.
40 Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.
41 Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen.
42 Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.
43 Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer.
45 Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.
47 Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden,
48 wo die Qual nicht endet und das Feuer nicht erlischt.

Autorin:
Margret Schäfer-KrebsMargret Schäfer – Krebs, Pastoralreferentin,
Leiterin des Referates Liturgische Dienste am Institut für Fort- und Weiterbildung der Diözese Rottenburg –

 
Die Predigt:
In Gottes Namen, tu das Deine

Liebe Leserin, lieber Leser,
„In Gottes Namen“, so klingt es mir noch im Ohr, wenn früher zu Hause etwas nicht unbedingt gerne aber aus einer Notwendigkeit heraus getan wurde. „In Gottes Namen“, das hatte ein leises Stöhnen als Unterton und ebenso den Imperativ: es muss sein.
Es musste sein, dieser oder jener in der Verwandtschaft zur Hand zu gehen; es war notwendig, diesem oder jenem einen Gefallen zu tun, auch ohne eine Dankeschön. „In Gottes Namen“ konnte auch heißen, jemand aus der Familie wird mal großzügiger mit Ausgehzeit bedacht.
„In Gottes Namen“ hieß, nicht allein der eigene Wille, die eigene Lust und die eigene Kraft bestimmen letztlich was geschieht, sondern das Bedürfnis oder die Not eines anderen und man vertraut dabei auf eine Kraft, die gottgeschenkt ist.

Heute hören wir im Evangelium, dass es da jemand gab, der die Not dämonisierter Menschen sah und diese im Namen Jesu befreite. Da war wohl einer, der nicht einfach an diesen Menschen vorbeiging, oder der mit den Achseln zuckte: was soll man machen, jeder hat so seine Zwänge und Bedrängnisse, seine Ticks und Macken. Da war einer, der handelte im Namen Jesu, ohne zu fragen ob er das darf, ohne Aufnahmeantrag in die Gemeinschaft der Jünger Jesu. Einfach so, aus der Situation heraus – in Gottes beziehungsweise Jesu Namen.

Jesus ist mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem. Das Markusevangelium zeigt deutlich, dass dies keine harmlose Wanderung ist. Zweimal kündigt Jesus ihnen an, was in Jerusalem auf ihn wartet: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Die Reaktion der Jünger: Unverständnis. Sie haben andere Themen: Wer von uns ist der Größte? Und während Jesus sich zwischendurch mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg zurückzieht, bringt ein verzweifelter Vater seinen besessenen Jungen zu den Jüngern, aber diese hatten nicht die Kraft den Jungen zu heilen, so wird einige Verse vor unserem heutigen Text erzählt.
Und da ist nun einer, der heilt in der Kraft Jesu und gehört nicht zu den Jüngern.
Peinlich – das gehört verboten. Und genauso reagieren die Apostel, deren Sprecher an dieser Stelle ausgerechnet der Lieblingsjünger Johannes ist.

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem, er hat nicht mehr viel Zeit und seine Jünger, allen voran seine Apostel, haben Jesus immer noch nicht verstanden. Sie haben nicht die Kraft Besessene zu heilen weil sie selber besetzt sind von Konkurrenzdenken und Kompetenzgerangel. Sie wollen sich abgrenzen von denen, die sich nicht in ihr eigenes Wertesystem einfügen. Sie selbst sind nicht in der Lage zu heilen und wollen es nun anderen verbieten. Letztlich ist es eine Machtfrage: Wer darf hier was in wessen Autorität?
Jesu Antwort: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Jesus hat ein freies Herz und einen weiten Blick. Er orientiert sich an der Not anderer, hier der Kranken, und daran, was mit dem Wirken des fremden Mannes zu gewinnen ist, nicht was man verlieren könnte. Er spricht für andere und nicht gegen sie. Entscheidend ist die Grundeinstellung zu ihm, nicht das Verhältnis zur Schar der Jünger. Wer angeregt von ihm Gutes tut, kann vielleicht bei den Jüngern nicht mitreden, aber von Jesus wird er oder sie nicht so leicht schlecht reden.
Gegen alle Intoleranz eines Insiderdenkens stellt Jesus fest: Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört, wird nicht leer ausgehen.

Ist das alles so weit weg, eine Geschichte von damals?
Wo geschieht Heil in unserer Kirche und wer hat das Sagen? Wer darf was? Und um was geht es denen, die etwas zu sagen haben? Geht es wirklich immer um das Heil der Menschen?
Machen nicht manche Gewohnheiten und Traditionen, Diskussionen um Political Correctness und irgendwelche Eitelkeiten auch heute handlungsunfähig?
Natürlich kann man jetzt vieles pauschal sagen und schwarz-weiß malen und auch mit viel ernüchternder Erfahrung unterlegen – Endstation Resignation.
Gleichzeitig geschieht tagtäglich so viel Heilsames durch so viele ‚Jemands’ – viele davon sind Frauen – in und außerhalb der Kirche.

Interessant, dass Jesus Johannes nicht wie Petrus anfährt weg mit dir Satan, sondern einfach und klar mit seiner komplett anderen Denk- und Sichtweise antwortet.
Jesu Antwort ist aber nicht einfach ein Alternativvorschlag zu dem, was Johannes sagt.
Es geht um viel mehr: wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. Der griechische Text spricht hier von denen, auf die in der gesellschaftlichen Werteskala als ‚Kleine’ herabgeschaut wird und von ‚zu Fall bringen’, auf griechisch skandalizein. Leidenschaftlich setzt sich Jesus hier ein, für die, die an ihn glauben und sonst nichts gelten, die Kleinen: Wehe denen, die ihnen Ärgernis geben. Unsere Skandale und Skandälchen sind kein Unterhaltungsspiel. Jeder Skandal schadet vor allem dem Glauben der einfachen Leute und verdunkelt Gottes Willen, der sie zum Heil bringen will. Nach Jesu Worten darf das nicht einfach hingenommen oder gar gepflegt werden. Wie ernst es Jesus ist, lässt sich an seiner scharfen, überzeichnenden Ausdrucksweise ermessen. Abhauen von Hand und Fuß und Ausreißen des Auges: radikaler kann man es nicht sagen, dass die Apostel sich unter allen Umständen davor hüten sollen, andere und sich selbst in der Nachfolge Jesu durch Eigen-arten und Eigen-heiten zu Fall zu bringen.

Wer sich zu Jesu Jüngern und Aposteln zählt muss sich von ihm sagen lassen: Das Streben nach einem gesellschaftlichen Vorrang ist unvereinbar mit Gottes eigenem Streben und Verhalten. Ein derartiges Streben macht zudem engherzig, intolerant und bringt den Einzelnen in Gefahr, die Kleinen in der Gemeinde zu beirren und auszubooten. Wer zum Jünger- oder gar zum Apostelkreis Jesu gehört, darf nicht Heil verweigern und stattdessen Ärgernis geben. Jesus stellt dem natürlichen Streben, zu den Ersten gehören zu wollen, die Aufforderung zum Dienen entgegen. Von der eigenen Eitelkeit zu lassen, Privilegien aufzugeben, sich hinten anzustellen und bei den vermeintlich Letzten zu sein, mag einem wie Selbstverstümmelung vorkommen. Bei diesem ‚Zurechtstutzen’ geht es aber nicht um ein masochistisches Verhalten, sondern darum, dass wir uns von dem trennen, was nicht Reich-Gottes- und damit zukunftstauglich ist.

Was kann das alles um ‚Himmels Willen’ und in ‚Gottes Namen’ für mich, für unsere Gemeinde oder Gemeinschaft und für unsere Kirche heißen? –
Manchmal genügt es, jemanden wahrzunehmen und einen Becher Wasser zu reichen.

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Eine Antwort auf In Gottes Namen, tu das Deine – 26. Sonntag im Jahreskreis B

  1. Wolfgang Schulte Berge sagt:

    Vielen Dank für die klaren, präzise formulierten Gedanken!

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