Das Geschenk der Gnade – 4. Fastensonntag B

Zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Epheser, Kapitel 2
Schwestern und Brüder,
4 Gott, der voll Erbarmen ist,
5 hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet.
6 Er hat uns mit Christus Jesus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben.
7 Dadurch, dass er in Christus Jesus gütig an uns handelte, wollte er den kommenden Zeiten den überfließenden Reichtum seiner Gnade zeigen.
8 Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt -,
9 nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann.
10 Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat.

Autorin:
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Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach-Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Das Geschenk der Gnade

Liebe Leserin, lieber Leser,
können Sie sich noch an das letzte Geschenkpaket erinnern, dass Sie bekommen haben? – Wie ist es mit Geschenken und wie fühlt es sich an?
Bei mir ist es noch gar nicht so lange her; das war im vergangenen Monat zu meinem Geburtstag. Also, ich bekam standardmäßig, wie jedes Jahr, Gutscheine von der Bücherei; ist ja auch nett, weil ich gern lese. Die hab ich mir ja auch gewünscht, doch es ist nichts Überraschendes. Viel neugieriger machte mich da schon das bunt verpackte Päckchen, das ich von meinem 15jährigen Sohn bekommen habe. Was mochte da wohl drinnen sein? Ich ahnte nichts. Welche Gedanken hatte er sich für mich gemacht? Womit wollte er mir eine Freude machen?

So richtige Geschenke kann man sich nämlich nicht aussuchen, – vielleicht wünschen, aber manchmal bekommt man auch ganz etwas anderes -. Und die bunte Verpackung von außen verrät auch nicht immer, was sich dahinter verbirgt. Es könnte auch mal eine Enttäuschung sein. Doch oft sind unerwartete, überraschende Geschenke mit Sorgfalt und Liebe ausgesucht und lassen etwas von der Beziehung zum Schenkenden erkennen.
Geschenke, nett verpackt, verbergen geheimnisvoll ihre Gabe. Sie sind ein Zeichen für die Beziehung zum Geber, machen neugierig, überraschen, erfreuen uns – und festigen schließlich die Beziehung. Manche Geschenke begleiten uns lange Zeit, wir wollen sie nie wieder hergeben. Geschenke wachsen uns ans Herz, sind kostbar, werden uns lieb und teuer. Geschenke bekommen wir zu bestimmten Anlässen, manchmal auch aus heiterem Himmel, doch man kann sie sich nicht verdienen.

Alle diese Gedanken und Assoziationen kamen mir, als ich an „….Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet“ dachte. Gott ist hier der Geber eines nie aufhörenden riesengroßen Geschenkes. Etwas, das wir uns nicht verdienen können, ohne das wir aber nicht frei und froh leben können. Das Geschenk der Gnade, der Möglichkeit zum Neuanfang ist für uns Menschen lebensnotwendig. Ohne diese Gnade, ohne Vergebung und Rechtfertigung wären wir doch ununterbrochen belastet, beladen, bedrückt. Es ist ein ganz unverdientes Geschenk seiner Liebe. Großherzig und unendlich. Wir ahnen: es gilt immer und ewig! Gott wird es nicht zurückziehen. Das kann uns wirklich so was von froh machen. Es befreit uns, wir können singen, jubeln, tanzen; es macht uns rundherum so richtig glücklich!

Diese unverdiente Gnade kann uns zuweilen beschämen angesichts unseres manchmal kleinmütigen, kleinkarierten Lebenswandels. Sie ist dann aber auch der Antrieb für verzeihenden, rücksichtsvollen Umgang mit den Mitmenschen. Wenn ich selbst, in meiner Bedürftigkeit, Gottes Zuwendung erfahren habe, kann ich leichter auch die anderen Menschen als von Gott geliebt erkennen und als Geschwister akzeptieren. „…. Aus Gnade gerettet“ Nicht aufgrund von Taten und guten Werken. Wir können es uns nicht verdienen oder erkaufen. Das entlässt uns aber keineswegs aus der Verantwortung eines solidarischen Blickes auf alle schwächer Gestellten. Es mahnt uns zu diakonischem Dienst und zum Teilen.

Was kann ich nun mit diesem Geschenk Gottes anfangen? Auf den ersten Blick sieht es vielleicht unscheinbar aus, oder es schillert von außen; doch was verbirgt sich dahinter? Was meint „Gnade“?
Wenn wir uns den griechischen Begriff für „Gnade“ im Neuen Testament anschauen, so hat er verschiedene Bedeutungen und kreist um Wortverwandtschaften wie: Dank, Dankbarkeit, Anmut, Lieblichkeit, Gunst, Huld, Wohlwollen und Fürsorge. Paulus benutzt das Wort Gnade besonders häufig, nämlich 100mal – im gesamten übrigen Neuen Testament kommt es nur noch 55mal vor -, da er sein Damaskus Erlebnis entsprechend deutet. Paulus verwendet das Wort „Gnade“ in einem weiten Spektrum: als Segenswunsch, als Dank für Erlösungsgnade, als besondere Gnadengabe für einzelne, als Rechtfertigungsgnade, als neue Heilsordnung, sowie bei der Taufe, als Ort der geschenkweisen Begnadigung. Gemeinsam ist darin jeweils der Universalismus – Gnade gilt allen ohne Ausnahme – , der Geschenkcharakter, der grundlose Erbarmungswille Gottes, worin auch seine Freiheit zum Ausdruck kommt sowie der Sieg über die Todesmacht der Sünde. Hier wird deutlich, dass es sich um etwas wirklich Wesentliches im Christentum handelt. Es bildet gleichsam eine Religion der Gnade, einzigartig sichtbar geworden nämlich in Jesus Christus und seinem Heilswerk. Die rettende Gottesgnade erscheint in seiner Person. Was könnte es Größeres geben?

Es tut mir gut solche Gedanken in der Fastenzeit zu entwickeln. Einer Zeit, die ja nüchterner, spartanischer ausgerichtet ist. Wo es in unseren Kirchen karger und schmuckloser zugeht. Eine Zeit, die auf eine Besinnung auf das Wesentliche abzielt. Warum nicht auch als wesentlich diese überreiche Gnade neu für sich entdecken, dieses großartige Geschenk, diese Befreiung erkennen, als Zeichen der Liebe Gottes zu uns?

Zu vorgegebenen Anlässen Geburtstag, Namenstag, Weihnachten, Jubiläen, da schenken ja alle. Ich plädiere für kleine Geschenke zwischendurch, unverdiente, unerwartete Geschenke. Uns selbst und andere immer mal positiv überraschen lassen. Das tun wir in unserer nüchternen Welt irgendwie viel zu selten. Dazu braucht es keinen Anlass nur einen Grund: Liebe!

PS: Und falls Sie neugierig geworden sind, was das Geburtstagsgeschenk meines Sohnes war? Es war ein Schutzengelchen aus Ton in dem Päckchen drin. Das steht jetzt auf meinem Schreibtisch und lächelt mich an.

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Eine Antwort auf Das Geschenk der Gnade – 4. Fastensonntag B

  1. W. sagt:

    Das ist eine wirklich gelungene Predigt zum Sonntag: Laetare!Freue dich!
    Ich freue mich schon auf Morgen. „…kleine Geschenke zwischendurch, unverdiente, unerwartete Geschenke. „Diese Idee ist wie eine neue Brille, mit der ich meine Mitmenschen anders ansehen werde, um herauszufinden, womit ich sie beschenken kann. Gleichzeitig entdecke ich bereits jetzt, dass ich heute schon von Gott vielfältig beschenkt wurde, vor allem auch durch diese Predigt!

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