Gottes Wort in unseren Herzen – 5. Fastensonntag B

Erste Lesung aus dem Buch Jeremia, Kapitel 31
31 Seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn -, in denen ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde,
32 nicht wie der Bund war, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägypten herauszuführen. Diesen meinen Bund haben sie gebrochen, obwohl ich ihr Gebieter war – Spruch des Herrn.
33 Denn das wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – Spruch des Herrn: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein.
34 Keiner wird mehr den andern belehren, man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den Herrn!, sondern sie alle, Klein und Groß, werden mich erkennen – Spruch des Herrn. Denn ich verzeihe ihnen die Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.

Autorin:
Regina-Zimmermann1-225x300Regina Zimmermann, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Gäu und in der Klinikseelsorge in Herrenberg

 
Die Predigt:
im Krankenhaus in Herrenberg
Gottes Wort in unseren Herzen

Vielleicht waren Sie etwas verwirrt, als sie vorhin hierher in die Kapelle kamen. Üblicherweise hängt hier keine medizinische Erklärungstafel. Ich habe sie mir bei den Kardiologen, bei den Herz-Spezialisten hier im Haus ausgeliehen. Natürlich nicht, weil ich Ihnen etwas über den Aufbau unseres Herzens erzählen will. Nein, sie ahnen, es hat etwas mit der Lesung zu tun, die wir eben hörten. Dieser Hingucker für unsere Augen hier an der Wand soll eine Brücke schlagen zu den Worten des Propheten Jeremia des Alten Bundes.

Ist unser Herz organisch krank, dann braucht es die Fachleute hier in der Klinik, die sich unter anderem um den richtigen Rhythmus des Herzens sorgen. Krankt die Beziehung zwischen Gott und Mensch, dann – so die Botschaft Gottes, die er durch Jeremia verkündet – dann sorgt sich Gott um uns und wendet sich auf seine ganz eigene Art unserem Herzen zu.

„Denn das wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – Spruch des Herrn:
Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.
(Jer 31, 33)

Eigentlich steht der Bund Gottes mit seinem Volk. Der Regenbogen am Ende der großen Flut, der Bund, den Gott mit den Vätern geschlossen hat, als er sie mit starker Hand aus Ägypten herausführte. Auf dem Berg Sinai erhält Moses die Gesetzestafeln, die 10 Gebote.
Eigentlich steht der Bund Gottes. Aber dieser Bund hatte die Lebendigkeit und Farbenpracht des Regenbogens verloren, das Volk suchte andere starke Hände, und dass die Gebote „Du sollst …, du sollst nicht …“ als Ausgangspunkt die Befreiung aus Gefangenschaft und Enge haben, drohte verloren zu gehen.
Wüsten- und Exilzeiten, Kriege und Zeiten der Abhängigkeit und Unterdrückung haben das Volk Israel in große Not und auch in die Erfahrung der Gottesferne gebracht.
Und in genau diese Situation hinein meldet sich der Prophet Jeremia mit seiner guten Botschaft eines neuen Bundes, den Gott mit seinem Volk schließen will.
Gott sucht sich offensichtlich nicht neue Ver-„bündete“, er bleibt den Seinen treu, aber scheint zu ahnen, dass es etwas anderes braucht als den Stein, um die Weisungen für gutes Leben festzuhalten.

Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz.

Nicht in Stein gemeißelt, sondern auf das Herz des Menschen geschrieben.
So – sagt Jeremia – spricht und handelt Gott. Da wird etwas Äußeres innerlich und doch kommt es nicht aus dem Menschen selbst: Gott legt das Gesetz, seine Weisungen, die ja schon immer bestehen in den Menschen und schreibt es auf ihr Herz. Kein neuer Bund, denn der Bund Gottes mit seinem Volk steht. Aber in diesem „Hineinlegen in den Menschen“ und in diesem „auf das Herz schreiben“ will Gott in ganz neuer Weise nahe sein. Gottes Wort berührt, es streift nicht nur unser Herz, sondern hinterlässt Spuren. Was uns ins Herz geschrieben ist, lässt sich nicht so leicht beiseite legen, nicht so einfach ignorieren oder ausradieren.

Gottes Weisungen, Gottes Wort ist in uns, er selbst hat es dort hineingelegt. Diesen Schriftzug Gottes auf unserem Herzen immer wieder gut zu spüren und aus ihm zu leben, dazu laden uns die Worte des Jeremia unserer heutigen Lesung, die Teil des so genannten „Trostbüchleins“ sind, ein.
Aber wie kann dies gelingen? Brauchen wir nicht immer wieder Lesehilfen, um diesen Schriftzug Gottes auf unserem Herzen spüren zu können?

Immer wieder laden wir zu Segnungs- und Salbungsgottesdiensten hier in die Kapelle unseres Krankenhauses ein. Und es ist für mich immer wieder ein ganz großes Geschenk, eine Art Lesehilfe, wenn ich bei mir selbst spüren oder auch bei anderen Menschen ahnen kann, wie sehr das Wort Gottes, als Segens- oder Trostwort innerlich spürbar ist, wenn in meine Hände mit einem wohlriechendem Öl ein Kreuz gezeichnet wird oder wenn mir als Segenszeichen zart die Hände aufgelegt werden.
Gottes Wort will berühren, unter die Haut gehen. Für mich ist es ein ganz besonderes Erkennungszeichen unseres Gottes, dass er ein Gott der Nähe, ein „ich bin für dich da – Gott“ sein will. Diesen ganz besonderen Schriftzug hat er ins Herz geschrieben – seinem Volk, mir:

„Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“
„Ich werde dein Gott, und du wirst mein Kind sein.“

Und jetzt fällt mir noch ein, dass wir heute Misereor-Sonntag feiern. Und meine eher „innerlichen“ Gedanken, dass Gott auf jedes Herz schreibt, haben schon bei Jeremia ganz praktische Auswirkungen auf unser Miteinander:

„Keiner wird mehr den anderen belehren“, hieß es in der Lesung – „man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den Herrn!, sondern sie alle, klein und groß, werden mich erkennen.“

Faszinierend oder auch erschreckend einfach und klar: Ein Umgang auf Augenhöhe, weil Gott die Weisungen in jedes Herz schreibt.

Faszinierend und befreiend einfach und klar, dass es Gottes Volk, seiner Kirche demnach so gar nicht gut zu Gesicht steht moralinsauer den Griffel in die Hand zu nehmen und Gebote und Verbote – nicht selten auch jenseits der Weisungen Gottes – festzulegen.
Der entscheidende Schriftzug ist der auf unserem Herzen. Wir sollten diesen Linien trauen und vertrauen.
Amen.

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