Die Welt mit Osteraugen sehen – Osternacht 2023

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 28
1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.
2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.
3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee.
4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot.
5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.
6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag.
7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.
8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.
9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße.
10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

Autorin:
Susanne-WalterSusanne Walter, Gemeindereferentin in Filderstadt-Bonlanden

 
Die Predigt:
An Tagen wie diesen – wünscht man sich Unendlichkeit

    In dieser Nacht der Nächte,
    die uns so viel verspricht,
    erleben wir das Beste!
    Kein Ende ist in Sicht.

Kommen ihnen die Zeilen bekannt vor?
Ist das ein Zitat aus dem Exultet, dem großen Loblied, das in der Osternacht gesungen wird?
Die Osternacht ist doch die Nacht der Nächte.
Nein, es sind Zeilen aus einem Lied der Toten Hosen:
„An Tagen wie diesen“.

Sind die Toten Hosen also österliche Menschen? Darüber wage ich keine Aussage zu machen. Aber in diesem Liedtext finde ich so einige Aussagen, die gut zur Osterbotschaft passen:

    In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht –
    Erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht

Ja, so fühlt es sich auch an, wenn wir gemeinsam Osternacht feiern. Nach drei Jahren Pandemie können wir ohne Einschränkungen miteinander die Auferstehung Jesu feiern. Im Licht der Osterkerze haben wir uns gemeinsam an die Geschichte Gottes mit den Menschen erinnert. Gott ist ein Gott des Lebens. Er begleitet sein Volk durch alle Dunkelheit. Sein Licht leuchtet in jeder Dunkelheit, auch in der Dunkelheit des Todes. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Jesus ist auferstanden. Das ist die Botschaft die wir im Osterevangelium gehört haben.

    An Tagen wie diesen – wünscht man sich Unendlichkeit.
    An Tagen wie diesen – haben wir noch ewig Zeit

So ging es vielleicht auch den Frauen im Evangelium. In einer dramatischen Szene schildert der Evangelist Matthäus wie ein Engel erscheint und den Frauen sagt, dass Jesus lebt. Wie kann das sein? Alle Traurigkeit scheint wie weggewischt. Freude steigt in den Frauen auf. Die Szene steigert sich noch. Auf einmal kommt Jesus selbst den Frauen entgegen. Diesen Moment wollen sie festhalten. Sie werfen sich vor Jesus auf den Boden und halten seine Füße fest.

    An Tagen wie diesen – wünscht man sich Unendlichkeit.
    Wir erleben das Beste – kein Ende in Sicht.

Kein Ende in Sicht? Leider nein. So ist das Leben nicht. Die Frauen und die Freunde Jesu sollen zurück nach Galiläa. Warum denn das? Hier in Jerusalem ist das Grab von Jesus. Hier haben die Frauen die Frohe Botschaft erhalten, dass Jesus lebt. Hier sind seine Jüngerinnen und Jünger. Wieso sollen alle zurück nach Galiläa? Eine lange Fußreise von ca. 120km.

In Galiläa hat alles seinen Anfang genommen. Dort hat Jesus seine Jüngerinnen und Jünger gefunden, mit denen er drei Jahre unterwegs war. Er schickt sie also wieder zurück in ihren Alltag. Aber: er lässt sie nicht allein. Er wird dort auf sie warten.

    Komm‘ dir entgegen
    Dich abzuholen
    Wie ausgemacht
    Zu derselben Uhrzeit
    Am selben Treffpunkt
    Wie letztes Mal

Er schickt sie zurück in ihren Alltag. Er will vielleicht sagen: „Ihr könnt den Augenblick nicht festhalten. Das Leben geht weiter. Macht was draus‘. Ich habe mein Versprechen gehalten. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Ich lebe. Was ich euch erzählt habe ist wahr. Gott ist ein Gott des Lebens und des Friedens. Nehmt diese Hoffnung mit in euer Leben. Erzählt es weiter.“

Auch wir können nicht hier bleiben.
Auch wir kehren nach den Ostertagen in unseren Alltag zurück.
Auch zu uns sagt Jesus: „nehmt die Osterbotschaft mit ihn euren Alltag.
Ich gehe euch voraus. Ich bin da“.

Natürlich können wir Jesus nicht physisch begegnen. Wir können aber mit „Osteraugen“ in den Alltag gehen. In einem kleinen französischen Dorf in Frankreich gibt es zu Ostern einen Brauch. Früh am Morgen laufen die Kinder und Erwachsenen an den Dorfbrunnen und waschen sich die Augen. Damit verbunden ist der Wunsch die Welt mit „Osteraugen“ zu sehen. Sie wollen sehen und verstehen, was sich durch die Auferstehung Jesu im Leben verändert.

Was verändert sich für mich, wenn ich an die Auferstehung Jesu glaube? Was kann ich verändern, wenn ich an die Auferstehung Jesu glaube? Wo kann ich Jesus in meinem Alltag begegnen? Was nehme ich mit Osteraugen wahr?

Wir müssen keine großen Weltveränderer sein. Das erwartet Jesus von uns ja gar nicht. So wie die Jünger und Jüngerinnen damals, schickt er auch uns in unseren Alltag zurück, dahin wo wir leben und arbeiten, lachen und weinen, hoffen und zweifeln. Manchmal begegnet er uns in Anderen, die bei uns sind, wenn es schwierig wird, wenn wir traurig sind, wenn es uns nicht gut geht. Wir können da, wo wir leben, die Welt mit „Osteraugen“ sehen und dazu beitragen, dass das Leben lebenswerter und friedlicher ist.

Es sind nicht immer die großen Taten, die gefordert sind, sondern die kleinen Gesten und Aufmerksamkeiten, die das Leben schöner und friedlicher machen. Und was uns immer bleibt, ist die Erinnerung an diese Nacht der Nächte.

    An Tagen wie diesen – wünscht man sich Unendlichkeit
    An Tagen wie diesen – haben wir noch ewig Zeit
    In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht,
    erleben wir das Beste, kein Ende in Sicht.
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