In Jesus ist Heilung – 4. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 1
21 In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte.
22 Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.
23 In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien:
24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.
25 Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn!
26 Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.
27 Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl.
28 Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

Autorin:
Sabine Mader 2Sabine Mader, Pastoralreferentin in Esslingen, verheiratet, zwei Kinder,
Mitglied im Diözesanrat, Delegierte bei der Auftaktveranstaltung zum Dialogprozess der Deutschen Bischofskonferenz

 
Die Predigt:
In Jesus ist Heilung

Liebe Leserin, lieber Leser,
zur Zeit läuft im Kino ein Film mit dem Titel: Ziemlich beste Freunde. In ihm bewirbt sich ein gerade aus der Haft entlassener junger Schwarzer bei einem reichen Adeligen, der vom Hals ab gelähmt ist, als Betreuer. Ja, eigentlich bewirbt er sich gar nicht richtig, sondern will nur eine Bestätigung, dass er sich erfolglos beworben hat. Der Adelige stellt ihn aber trotzdem ein. Das Experiment gelingt, wie der Titel schon sagt. Die beiden nähern sich aneinander an und haben eine Menge Spaß zusammen. Und was das Berührende ist, sie tun einander wirklich gut und helfen sich dabei, ihre verschiedenen „unreinen Geister“ zu überwinden. Philippe lernt dank seinem neuen Betreuer wieder, wie unbeschwert und glücklich auch für ihn Leben immer noch sein kann und wagt es, sich wieder auf Menschen einzulassen. Und Driss lernt dank Philippe, dass Arbeit auch Spaß machen kann, dass es sich lohnt, sein Leben anzupacken. Beide bekommen eine Ahnung davon, wie für sie ein gelingendes Leben aussehen kann, trotz einer schweren Behinderung und trotz schwieriger sozialer Verhältnisse.
Ich glaube, auch jeden von uns hindert so einiges am Leben in Fülle – viel zu viel schränkt uns ein und hält uns klein. Als Dämonen oder unreine Geister personifiziert die Bibel das Böse, das uns am Leben hindert.

Und viel zu oft tauchen in unserem Alltag, in unserem Zusammenleben diese bösen Geister auf: Z. B. wenn über andere hinter ihrem Rücken böse geredet wird, statt liebevoll auf blinde Flecken oder Fehler hinzuweisen. Da werden Menschen klein gemacht, zurecht gestutzt, ihr Engagement als falsch und selbstsüchtig hingestellt. Natürlich immer mit den besten Argumenten, immer als bescheiden getarnt. Der stärkste Verbündete dabei ist die Angst, denn wer sich fürchtet, selber dran zu kommen, widerspricht nicht.
Auch unter dem Deckmantel der Wahrheit sind oft genug unreine Geister unterwegs. Wahrheit macht ja bekanntlich frei, aber allzu oft erschöpft sie sich in Lieblosigkeit oder Rechthaberei. Wahrheit kann auch zerstören, die Angst vor Fehlern übergroß machen.
Wenn sich die unreinen Geister viel zu sehr in gefühlter Überlegenheit breitmachen, teilen sie unsere Gesellschaft ein in die, die mitmischen dürfen und die Außenseiter, die den Ansprüchen der Gesellschaft nicht entsprechen – Behinderte, sozial Schwache wie im Film, aber auch einfache oder arme Menschen, Ausländer oder Alte, manchmal auch Frauen gehören schnell nicht mehr dazu.

Wenn der Evangelist Markus am Anfang seines Evangeliums von Dämonenaustreibungen und Heilungen berichtet, dann zeigt er ganz klar, wie heilsbedürftig die Welt ist. Aber auch, dass Jesus als einer kommt, der mit göttlicher Vollmacht wirkt, der zeigt, dass das Reich Gottes angebrochen ist, der Menschen mit seiner Liebe und Hinwendung zu ihnen heil werden lässt, wenn sie sich auf ihn einlassen, wenn sie für sich sagen können: Ich weiß, wer Du bist, Du bist der Heilige Gottes. Ich finde, Markus stellt die Austreibung sehr plastisch – realistisch dar. Es ist Schwerarbeit, böse Geister zu vertreiben. Menschen werden vom Kampf gegen sie ganz schön geschüttelt und oft genug sogar verletzt. Es fordert großen Mut.

Im Film verliert auch Driss den Mut, weiter seinen Platz in der Gesellschaft zu fordern und kündigt, doch bald merkt er, dass sein altes Leben seinen Sinn verloren hat und kehrt zurück – zum wunderschönen Happy End des Filmes.
Auch in unserem Leben kann es dieses „Happy End“ eines Filmes geben. Viele mutmachende Geschichten von diesem guten Ende gibt es schon.
Immer dann, wenn z.B. Versöhnung möglich ist, wenn tiefe Gräben der Verletzungen überwunden werden können.

Eine besondere Geschichte schreibt für mich gerade unsere Kirche – überall brechen gerade Versuche, Dialog zu führen, aus dem Boden. Viele Menschen haben begriffen, dass es an ihnen liegt, die unreinen Geister aus der Kirche zu treiben. Wie hier z. B. in Esslingen, wo letzten Samstag der Auftakt statt gefunden hat, um ein neues pastorales Konzept zu entwickeln – ein Konzept, bei dem die Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht Ängste, Zwänge oder Strukturen, die nicht mehr mit Leben erfüllt werden können.
Oder auch auf Diözesanebene, wo am Montag der Auftakt für ein großes Gemeindeprojekt statt gefunden hat – auch da wollen und dürfen viele Menschen gemeinsam daran bauen, dass unsere Gemeinden, unsere Kirche wieder zu einem Ort werden, wo Leben in Fülle möglich ist – wo der Geist Gottes wieder spürbar wird.

Die Bibel erzählt viele Geschichten von Heilungen, von Aufbruch aus der Erstarrtheit, aus der Angst. Sie sollen uns Mut machen, jedem von uns, dass wir Gottes guten Geist immer mehr in uns wirken lassen – in den kleinen Dingen des Alltags, aber auch in unseren großen Träumen und Visionen. Und diese Geschichten zeigen, wie wertvoll jeder von uns in den Augen Gottes ist – Erniedrigung, Angst, Hinterhältigkeit, sollen keinen Platz mehr haben in dem Reich, das Gott unter uns bauen will, schon zu bauen begonnen hat.
Eine wunderschöne Vision auch für Menschen, die das Leben verbittert hat, denen es nicht gut geht in ihrem hartherzigen, besserwisserischen Gefängnis. Er kann auch sie verändern und die bösen Geister austreiben. Lassen wir ihn wirken in uns, er kann uns befreien und heilen.
Amen.

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Eine Antwort auf In Jesus ist Heilung – 4. Sonntag im Jahreskreis B

  1. Julia Reiering sagt:

    Danke für diese Predigt, die frohmachende Botschaft des Evangliums. Julia Reiering

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