Größer als alles – 4. Sonntag der Osterzeit C

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 10
Übersetzung: Elmar Rettelbach
In jener Zeit sprach Jesus:
27 Meine Schafe hören meine Stimme, d.h. ich kenne sie, und sie folgen mir.
28 Und so gebe ich ihnen immerwährendes Leben, d.h. sie gehen nicht zugrunde für immer, denn keiner wird sie aus meiner Hand rauben.
29 Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und so kann keiner es aus der Hand des Vaters rauben.
30 Ich und der Vater, wir sind eines.

Autorin:
Greiner-Jopp Gabriele 2017Gabriele Greiner-Jopp, lebt in Wendlingen, war als Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin und Geistliche Begleiterin tätig

 
Die Predigt:
Größer als alles

Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Predigt wird in einem Klinikgottesdienst in Esslingen gehalten.

Ganz schön selbstbewusst, dieser Jesus war mein erster Gedanke, als ich das heutige Evangelium gelesen habe. Ich und der Vater sind, wir sind eines oder anders gesagt: Ich und Gott, wir sind eines. Wer von uns würde sich trauen, das zu sagen oder auch nur zu denken? Vermutlich niemand von uns.

Das Evangelium des Johannes ist spät entstanden, ca. 90 Jahre nach Christi Geburt. Jesus war mindestens 60 Jahre tot, Jerusalem war zerstört und die jüdischen Bewohner*innen, egal ob Christen oder nicht, in alle Welt zerstreut. Christliche Gemeinden waren damals von zwei Seiten bedroht: von den römischen Kaisern und Statthaltern, weil sie den Kaiser nicht als Gott verehrten und von jüdischen Gläubigen, weil sie Jesus Christus als Messias, als Gesalbten Gottes verehrten. Keine leichte Situation also, in der sie sich befanden. Und in diese Situation hinein wird das Johannesevangelium geschrieben. Es will den bedrohten Christen Mut machen und ihren Glauben stärken.

Schwierige Situationen allerdings kennen wir heute auch: schwere oder unheilbare Krankheiten können das sein; Trennungen und Verluste von lieben Menschen, Arbeitslosigkeit, Armut, Flucht oder Krieg. Je auf ihre eigene Weise konfrontieren uns solche Situationen mit Angst, Ohnmacht, mit Schmerz und/oder Wut. Was kann uns helfen, in solchen Situationen durchzuhalten, was kann uns helfen, daran nicht zu verzweifeln?

Damals wie heute gilt: Wer auf jemanden oder etwas fest vertraut, wer einen starken Glauben entwickelt, wer Hoffnung hat auf eine bessere Zeit danach, wer sich für etwas einsetzt und nicht nur gegen etwas ist oder gegen etwas kämpft, bleibt stärker und zuversichtlicher, verzweifelt nicht.

Immer am Sonntag des guten Hirten – und der ist heute – hören wir in Bildern, wie Jesus der gute Hirte für die Menschen ist. Dieses Jahr heißt die Zusage: alle, die Jesus kennen und auf seine Stimme hören gehen nicht zugrunde. Auch der Tod, egal ob leiblich, seelisch oder sozial, kann sie nicht aus der Liebe und Gegenwart Gottes rauben. Egal was geschieht, innerlich bleiben wir mit Gott verbunden, wie Jesus innerlich mit der Quelle des Lebens, Gott, verbunden war.

Die sichtbar und die unsichtbare Wirklichkeit gehören dabei für das Johannesevangelium zusammen. Sichtbar für uns ist nur das Zeitliche, unsere Wirklichkeit. Immer da jedoch ist die göttliche Wirklichkeit, auch wenn wir sie jetzt nicht sehen, aber hoffentlich können wir sie immer wieder spüren oder darauf vertrauen.

Wer auf den guten Hirten, Jesus Christus, hört und ihm nachfolgt, vertraut auf das Leben, liebt die Schöpfung, liebt die Menschen und weiß, dass die sichtbare Welt nur ein Teil davon ist. Größer als alles, ist die göttliche Wirklichkeit, ist das göttliche Leben, das niemals endet.

Wie wir zu einem solchen Vertrauen, einem solchen Glauben kommen? Ich hoffe, wenn wir auf die Botschaft Jesu hören, danach leben und handeln. Das wünsche ich Ihnen und mir, heute am Sonntag des guten Hirten und immer wieder neu; besonders wenn das Leben schwer ist. Amen.

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