Jesus und die Macht – Christkönigssonntag

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 18
In jener Zeit
33b fragte Pilatus Jesus: Bist du der König der Juden?
34 Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?
35 Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
36 Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.
37 Da sagte Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

Autorin:
Utta-Hahn-2-150x150Utta Hahn, Gemeindereferentin, Dekanatsreferentin in Schwäbisch-Hall

 
Die Predigt:
Jesus und die Macht

Liebe Leserin, lieber Leser,
wir feiern das Christkönigsfest – in vielen Gemeinden war das ein traditionelles Datum für Jugendgottesdienste. Und das hat vor allem politische, geschichtliche Gründe. Das Christkönigsfest wurde während der Nazizeit ein starkes Zeichen und Manifest der katholischen Jugendbewegung, sich nicht der Diktatur sondern nur Jesus Christus zu beugen. Es war ein machtvolles Zeichen – große Hochachtung für alle, die sich damals öffentlich positioniert haben. Später ging diese Jugend-Aktion auf in der Jahreskreistradition der Kirchengemeinden.

Es lohnt sich, sich dem Fest und seinem Inhalt neu anzunähern. Das Christkönigsfest betont eine Facette unseres Bildes von Gott und Jesus, die selbst schon eine interessante Geschichte hat. Biblisch stand das Bild des Weltenherrschers für den Schöpfergott – ab dem vierten Jahrhundert wurde es auch zunehmend auf Christus hin gedeutet und wunderbaren Stufenportale von spätromanischen und gotischen Kirchen zeigen Christus den Pantokrator – den Weltenherrscher, der auf dem Thron sitzt im Zentrum der Darstellung der Welt und des Glaubens.

Heute mutet das oft seltsam an. Ich stehe vor diesen Abbildungen des Weltenherrschers – übergroß, über-herrlich, prunkvoll mit allen Zeichen von Macht wie Krone, Herrscherstab, und vielen Untertanen. Und im Bemühen, Jesus und seine Botschaft verstehen zu wollen komme ich hier gar nicht weiter.

Königtum steht für Macht und Reichtum.
Macht, Gesetze zu erlassen und Macht, deren Einhaltung zu erzwingen.
Macht, Entscheidungen zu treffen, die viele Menschen betreffen.
Macht, zu richten, zu belohnen und zu bestrafen.

Dass Könige diese Macht oft – wie oft, das soll hier nicht betrachtet werden – willkürlich und auf Kosten der Untergebenen zur eigenen Bereicherung oder zur Ausweitung ihres Machtbereiches und auch unter Einsatz von Gewalt nutzen, war schon zur Zeit Jesu wohl üblich und daran hat sich auch über all die Jahrhunderte und Jahrtausende bis heute nicht viel geändert. Macht erzeugt auch Machtmissbrauch.

Immerhin haben wir mit der Gesellschaftsform der Demokratie den Versuch unternommen, diese Versuchung und Gefahr des Machtmissbrauchs einzudämmen, indem für den Staat definiert wurde, dass die Macht geteilt wird – jene, die richten, sollen unabhängig sein von denen, die Gesetze erlassen und beide von denen, die sie durchsetzen. Auch das ist kein Selbstläufer, sondern muss von allen Beteiligten immer wieder als Wert anerkannt und bewusst gemacht werden.

Doch vermutlich gibt es eine breite Zustimmung, dass königliche Alleinherrschaft für uns heute keine Option mehr ist.

Andererseits gibt es ja doch auch die Vorstellung vom „guten Herrscher“ (ich gender hier bewusst nicht), der seine Untertanen liebt, seine Herrschaft als Dienst versteht und nur das Beste für alle will, Entscheidungen trifft, aus großherziger, ja geradezu allwissender Position heraus handelt und seinen Dienst des Herrschens gar als Last versteht oder kommuniziert.

Doch diese Einstellung erweckt bei mir und vielleicht beim einen oder der anderen auch ein gewisses Misstrauen. Heißt das doch für die andere Seite, dass die Menschen eben nicht entscheiden können oder sollen, sondern einzig darauf vertrauen, dass er es schon richtig machen werde.

Wenn ich das heutige Evangelium – den Dialog von Pilatus mit Jesus – auf dem Hintergrund des ganzen Johannesevangeliums betrachte und all das mit bedenke, was Jesus dort zuvor als seine Frohe Botschaft verkündet und gelebt hat, dann führt mich Jesu Wort: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt noch auf eine ganz andere Spur, als die bisherigen Überlegungen.

Jesus und die Macht, würde ich dabei titeln.

Immer wieder wurde von den Evangelisten versichert: Jesus tritt mit Macht auf – er spricht und handelt mit Vollmacht. Er spricht vom Reich Gottes – es ist schon angebrochen – überall, wo Menschen einander Würde und Gerechtigkeit zuerkennen und achten, wo Gottesliebe und Menschenliebe gelebt werden und einander befruchten. Macht, wie Jesus sie lebt und verkündet, ist nicht exklusiv auf einen männlichen Herrscher konzentriert, sondern zielt auf ein Miteinander.

Das Königtum Jesu bescheinigt allen Menschen – Männern und Frauen – die königliche Würde. Alle sind wir Schwestern und Brüder, Gottes Kinder.

Der Evangelist Johannes erzählt uns im vorangegangenen Kapitel von der Fußwaschung. Auch das eine Manifestation von Macht, wie Jesus sie lebt. Einander die Füße waschen, das könnten wir übersetzen mit – Anteil nehmen am Leben jedes und jeder Einzelnen; einander ganz nah herankommen lassen; Empathie empfinden;
Führen heißt nicht: sich herausnehmen,
sondern: die anderen hereinnehmen.

Jesus hat Macht – Jesus hat Autorität.
Die Begegnung mit ihm beeindruckt.
Die Begegnung mit ihm verändert.
Die Begegnung mit ihm führt die Menschen zu sich selbst und zu Gott, zum Leben und zur Heilung.

Und das alles aus einer wahrhaften Liebe zu Gott und zum Leben heraus. Keine andere Autorität und Zuschreibung braucht Jesus. Alle sehen, viele verstehen an ihm und durch ihn, wie Gott zu uns Menschen ist, wie er uns annimmt, uns Würde gibt, die gleich der Würde aller Könige ist, wie er das Leben für uns will, das Leben in Fülle.

Wir haben ja auch romantische und schöne Bilder vom König in unseren Köpfen, wir alle haben vielleicht auch von Prinzessinnen und Prinzen geträumt, Bilder von Glück und heiler Welt, von Frieden, Wohlstand, Fülle, Fest und Feiern und dem Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein.

Genau hier dürfen wir bei Jesus andocken – dem Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Das sind wir als seine Brüder und Schwestern und das sind wir vor Gott als Gottes Kinder.

Frieder Gutscher, der Liedermacher, hat ein Lied mit dem Titel: „Du bist ein Königskind“ komponiert und auf der gleichnamigen CD veröffentlicht. Wenn Sie irgendwie oder –wo die Möglichkeit haben – viel Freude beim Anhören und vielleicht lassen Sie sich sogar animieren, dazu zu tanzen.

Christkönigsfest – Jesus, der uns an seine Seite holt, damit wir, mächtig und würdig wie er selbst das Reich Gottes aufbauen.
Amen.

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