Was uns berührt und an-geht – 3. Sonntag der Osterzeit A

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 21
In jener Zeit
1 offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.
2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.
3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.
5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See.
8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.
9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen.
10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt.
11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.
12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.
13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.
14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Autorin:
Karin_2016 (3)Karin Stump, Pastoralreferentin im Katholischen Forum Dortmund

 
Die Predigt:
Was uns berührt und an-geht

Einführung
Ihr werdet etwas finden, ist das Versprechen, die Zusage eines Unbekannten an erfolglose Fischer. Das wünschen sich viele auch unter uns. In den Zeiten von Corona geht es besonders darum, etwas zu finden, das diesen Virus stoppt. Und wir alle suchen einen Umgang mit dieser Situation und ihren einschneidenden Folgen.

Etwas finden im Leben, das Sinn und Freude schenkt, das erfüllt und Halt gibt in der Unsicherheit. Etwas, das Sie im Netz Ihres Lebens einfangen und behalten dürfen, das Sie reich macht. Das Sie mit anderen teilen können. Es geht darum, etwas zu finden, das uns berührt und stärkt.

Liebe Leserin, lieber Leser,
das Evangelium erzählt von einer Reihe von Erfahrungen und Gefühlen. Die erste Erfahrung – Frustration: in dieser Nacht fingen sie nichts. Vergeblichkeit, nichts gelingt. So ergeht es jeder und jedem von uns zuweilen. Es erinnert auch an die Situation von Kirche hier bei uns in Deutschland. Viele Menschen drehen Kirche den Rücken zu, für sie ist Kirche oder christlicher Glaube nicht mehr von Bedeutung. – Angesichts von Corona ist auch die Suche nach einer guten Lösung, nach Impfstoff, nach Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen vielleicht eine solche Erfahrung: Nacht der Vergeblichkeit…

Eine zweite Erfahrung – ein Angesprochen-Sein: Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Da ist jemand, der redet mit uns, nimmt Anteil, motiviert. Da wird es langsam hell, erstes Licht. Da finden Menschen neue Wege der Kommunikation in Zeiten der reduzierten Kontakte und der Abstandsvorschriften. Da wagen Menschen neue kreative Versuche in der Pastoral, auch digital, kreativ, symbolisch und sozial verbindend. Menschen geben nicht auf, weil sie sich von Gott dazu berufen wissen und weil andere sie ermutigen.

Und die dritte Erfahrung: Aufbruch! Plötzlich ist alles anders! Nicht nur wie jetzt in der Corona-Krise, wo vieles bisher Selbstverständliche weggebrochen ist. Wo wir neu anfangen, umdenken, anders handeln müssen. Wir alle kennen doch auch Situationen, in denen wir etwas Neues und Überwältigendes erlebt haben: Erfüllung nach einer Durststrecke, Aufatmen nach schwerer Zeit. In der Erzählung aus dem Evangelium ist jemand da. Bittet um etwas zu essen, zeigt sich den Fischern als Bedürftiger. Jemand „am Rand des Geschehens“, ein Unbekannter kann mir einen Wink, einen Tipp geben. Und wenn ich mich trotz aller Skepsis doch darauf einlasse und etwas Neues versuche, kann es passieren, dass ich reich beschenkt, beglückt werde.

Erzählen wir einander von solchen Momenten – nicht nur von dem Negativen, den Sorgen und Nöten. Erzählen wir von dem, was uns berührt hat, was uns an-geht, was uns Hoffnung und Auftrieb, Sinn gab und gibt. Hier einige Beispiele: Wenn jemand überraschend Hilfe anbietet. Wenn alte Bekannte sich melden. Wenn eine Krise, ein Konflikt überwunden wurde. Oder wenn jemand die Liebe seines Lebens kennenlernt. Wenn ein Kind zur Welt kommt. Wenn ich besonderen Besuch erwarte. Wenn ich von einer Krankheit genese. Wenn ein schwieriges Problem endlich gelöst werden kann. Wenn eine Arbeitssuchende eine gute Stelle findet. Da springt jemand vor Begeisterung, vor Freude auf – oder wie Petrus ins Wasser. Da kleidet sich jemand schnell passend, weil er oder sie sich bei einer besonderen Begegnung nicht schämen möchte.

In solcher Freude oder bei solch einem Ereignis, auch in Trauer, die berührt und verbindet, erkennen wir manchmal wie die Jünger, dass es der Herr war. In solchen Momenten kann es gut tun, miteinander Mahl zu halten. Das ist die vierte Erfahrung: ein Zeichen das verbindet, Gemeinschaft stiftet. Jesus lädt ein zu Fisch und Brot – wie bei den gemeinsamen Essen, die er vor seinem Tod mit seinen Freunden hatte. Wie bei den Brotvermehrungen. Oder beim letzten Mahl mit seinen Freunden.

Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. Wir fühlen uns im Wortlaut erinnert an die Worte vom letzten Abendmahl und an die Worte in der Eucharistiefeier. Das Kontaktverbot wegen der Coronapandemie hat uns spüren lassen, was uns fehlt, wenn wir nicht die Eucharistie miteinander feiern können. Die leibliche Gegenwart der Schwestern und Brüder im Glauben, die leibliche Gegenwart Jesu Christi in Brot und Wein. Aber wir dürfen uns daran erinnern und ihn in seinem Wort hören und gegenwärtig erfahren und uns im Gebet verbunden wissen. Wir können uns mit Jesus Christus, seinen Freunden, allen Christinnen und Christen verbunden wissen. Darüber hinaus verbunden mit all den Ereignissen und Personen, die uns aufgehen ließen: Da ist mehr als alles Materielle, da ist mehr, als wir bewirken können. Da hat Gott seine Hand im Spiel. Da hat die göttliche Geistkraft uns berührt, bewahrt, erhört, geführt oder gerettet. Verbunden sind wir auch mit allen, die schon gestorben sind und die gleichsam am verlängerten Tisch mit uns beim himmlischen Mahl versammelt sind.

Stärken wir uns miteinander im Gespräch über unser Leben und unseren Glauben, im Wort der Schrift und – wenn es wieder möglich sein wird, im gemeinsamen Mahl. Feiern wir das Geheimnis, das uns Kraft gibt und staunen lässt und vielleicht auch andere an uns spüren lässt: Sie wussten, dass es der Herr war. Amen.

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