Wach auf! – 2. Sonntag im Jahreskreis C

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 2
In jener Zeit
1 fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei.
2 Auch Jesus und seine Jünger – und Jüngerinnen – waren zur Hochzeit eingeladen.
3 Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.
4 Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
5 Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut!
6 Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter.
7 Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand.
8 Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm.
9 Dieser kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen
10 und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.
11 So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger – und Jüngerinnen – glaubten an ihn.

Autorin:
_MG_7932-web Birgit DroesserBirgit Droesser, Pastoralreferentin, war tätig in der Gemeindepastoral, in der Klinikseelsorge und im Theol. Mentorat Tübingen, jetzt Pfarrgemeinderätin in St. Bruno, Würzburg

 
Die Predigt:
Wach auf!

Liebe Leserin, lieber Leser,
jetzt hat uns der Alltag wieder nach der besonderen und schönen Advents-und Weihnachtszeit. Ich bin keine Freundin davon, den Alltag schlecht zu reden als wäre er nur mühselig und fad. Der Alltag ist schließlich unser buntes Leben mit allen Höhen und Tiefen: Wir arbeiten, müssen dabei auch ungeliebte Dinge tun, ärgern uns über Kollegen und Vorgesetzte, haben Erfolgserlebnisse und manchmal Misserfolge, sind traurig oder deprimiert, freuen uns, lachen und streiten, haben Stress oder Langeweile, Freude und Sorgen mit der Familie, Schmerzen und Krankheiten. Der Alltag macht den größten Teil unseres Lebens aus.

In dem Vielerlei, oder aber dem Einerlei – je nachdem, vergessen wir allerdings manchmal den größeren Zusammenhang. So wie wir die Luft zum Atmen als selbstverständlich hinnehmen – sie ist einfach da und immer verfügbar – so ist es auch mit der Gegenwart unseres Gottes, dem tiefsten Urgrund von Allem und Jedem. Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass was wir erleben, tun und lassen in einem tiefsten Punkt zusammenhängt, einen Sinn hat, den wir nicht überschauen. Wir empfinden unser Leben ja nicht als eine Ansammlung von vielen Tagen, sondern als ein Ganzes, unsere einmalige Geschichte. In der Apostelgeschichte drückt es Petrus in seiner Rede auf dem Areopag in Athen so aus: In Gott leben wir, bewegen wir uns und sind wir. (Apg 17,28) Gott ist die alles umfassende Wirklichkeit, die wir gerade deshalb nur im Ansatz erkennen können. Sie hält alles zusammen. Sie umgibt uns, wie die Fruchtblase im Mutterleib das werdende Leben umhüllt.

In Gott leben wir, bewegen wir uns und sind wir. Die Wirklichkeit Gottes, die unser Leben erst ermöglicht, seine Schönheit und Herrlichkeit tritt in unserem E r leben oft in den Hintergrund. Im Johannesevangelium von der Hochzeit zu Kana heißt es deshalb am Schluss: So tat Jesus sein erstes Zeichen … und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger – und Jüngerinnen – glaubten an ihn. Dem Evangelisten ist es sehr wichtig, das Besondere, das im Leben Jesu und durch sein Wirken geschehen ist, als ein Zeichen zu verstehen, als einen Weckruf, der uns aufrütteln will: Erkennt doch die Größe und Zuneigung Gottes, der alles trägt und erhält.

Der heilige Augustinus sah es so: weil wir nicht aufmerksam genug sind, das Wunder zu erkennen, das sich z.B. im Wachsen der Weinstöcke jedes Jahr aufs Neue ereignet, wurde uns ein Zeichen dafür geschenkt. Und das sind seine Worte:
„Dies Wunder des Herrn, in dem er das Wasser in Wein verwandelte, ist für jene nicht verwunderlich, die um seine Gottheit wissen, denn er, der an jenem Tag in den Wasserkrügen Wein machte, bewirkt das Gleiche jedes Jahr in den Weinstöcken. Da aber die ständige Erscheinung das Erstaunliche verlor, so bewahrte Gott die ungewöhnlichen Werke dafür auf, um die gleichsam schlafenden Menschen auf wunderbare Weise zu seiner Verehrung aufzuwecken.“*

Ein Wort, wie für eine Weingegend, wie Franken es ist, gesprochen. Dazu kommt noch das Datum des heutigen Sonntags, der 20. Januar, Gedenktag von Fabian und Sebastian. Eine Bauernregel lautet: „An Fabian und Sebastian fängt der Saft zu steigen an.“ Die Tage werden spürbar länger, Pflanzen, Bäume und Sträucher erwachen langsam aus dem Winterschlaf. – Wie Augustinus sagt, nehmen wir die natürlichen Abläufe gerne einfach als Tatsachen hin, als „ständige Erscheinung, die das Erstaunliche verloren hat“, und vergessen darüber, dass kein Mensch wachsen lassen kann. Auch die künstlichen Intelligenzen der Zukunft werden das nicht können. Wer schon einmal Saatgut in Erde gelegt hat, sanft angedrückt und gewässert, weiß, wie spannend es ist, bis der Same keimt und sich das erste zarte Grün zeigt. Welches Potential liegt doch in dem winzigen Samen verborgen. Wir können nur günstige Bedingungen für Wachstum schaffen, aber das Wachsen selber entzieht sich uns. Wir können es nicht machen. Wir können es nur mit Staunen beobachten.

Am Beginn dieses Jahres dürfen wir die Geschichte vom Zusammenwirken Jesu mit seiner Mutter Maria auf der Hochzeit zu Kana wie einen Weckruf verstehen: Wach auf! Erkenne doch die Zeichen, die dir in deinem ganz persönlichen Leben geschenkt werden und dich darauf hinweisen, wie dich Gottes Liebe und Sorge jeden Tag aufs Neue umgibt. Ganz besonders können wir solche Zeichen in den Beziehungen zu Menschen entdecken, die es gut mit uns meinen. Von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Danken und Glauben an Gott, in dem wir leben, uns bewegen und sind. Amen
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*Aurelius Augustinus, Bischof von Hippo, 354 – 430, nach Thomas von Aquin, Catena Aurea. Kommentar zu den Evangelien im Jahreskreis, St. Ottilien, ² 2012, S.623, gefunden im Monatsheft Magnificat, Januar 2019

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