Neue und andere Wege gehen – Hochfest der Erscheinung des Herrn

Aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 2
1 Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem
2 und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.
3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem.
4 Er ließ alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle.
5 Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es geschrieben bei dem Propheten:
6 Du, Betlehem im Gebiet von Juda, /
bist keineswegs die unbedeutendste /
unter den führenden Städten von Juda; /
denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, /
der Hirt meines Volkes Israel.
7 Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war.
8 Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach dem Kind; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige.
9 Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.
10 Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.
11 Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.
12 Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Autorin:
def9d78cf6Gabriele Greiner-Jopp, verheiratet, lebt in Wendlingen, zur Zeit als Dekanatsreferentin, Gemeindereferentin und Beraterin tätig

 
Die Predigt:
Neue und andere Wege gehen

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ach ginge auf dem langen Weg zu Gott doch nicht so viel Glauben verloren“, so lautet ein Stoßseufzer von Nikolaus Cybinski.
Ja, auf einem langen Weg kann viel verloren gehen – an äußerem Hab und Gut und an innerem, wie Hoffnung, Geduld, Liebe, und eben auch Glaube.
Was aber bringt Menschen dazu, sich überhaupt auf einen Weg zu machen? So wie z. Bsp. die Sterndeuter aus dem Evangelium? Noch dazu auf einen Weg dessen Ziel sie nicht kennen? Einen Weg, von dem sie nicht wissen wie lange er dauert, welche Gefahren auf ihm drohen?

Ihr Sternsinger habt euch vor drei Tagen auf den Weg durch unseren Ort gemacht, zu den Menschen, um ihnen den Segen Gottes in die Häuser zu bringen. Was hat euch dazu gebracht? Wofür tut ihr das?

Im Wesentlichen, so bin ich überzeugt, gibt es zwei Gründe oder Motivationen für Menschen, um sich auf den Weg zu machen, zumal wenn dieser lange ist, oder gefährlich, oder ungewiss oder mühsam:
Menschen haben viel verloren; ihre Heimat z.B. ihr Hab und Gut, ihre Familie oder sie sind in Gefahr dies alles zu verlieren – dann machen sich Menschen auf den Weg und flüchten. Die meisten Menschen, die heute als Asylbewerber bei uns leben, sind auch solchen Gründen hier. Immer wieder werden Menschen auch gezwungen ihre Heimat zu verlassen, sie werden regelrecht vertrieben. Das haben Deutsche z.B. vor ca. 70 Jahren erlebt.

Der zweite Grund ist: Menschen haben viel zu gewinnen: Ehre, Berühmtheit, Ansehen, Reichtum, Arbeit und Auskommen, eine neue Familie, eine große Liebe, auch dann brechen Menschen auf in andere Länder, zu anderen Menschen, in eine fremde Kultur, „zu neuen Ufern“ wie wir sagen.

Die Sterndeuter, denen unsere Sternsinger ja nacheifern, sind aus dem zweiten Grund aufgebrochen: Sie wollten den neuen König finden – mit ihm haben sie sicher große Erwartungen und vielleicht auf Hoffnungen verbunden. So starke, dass sie aufgebrochen sind in eine ungewisse Zukunft.

Ihr Sternsinger habt euch auf den Weg gemacht für Kinder in Ländern, die oft keine gute Zukunft haben, die um ihr Überleben kämpfen müssen, die in Flüchtlingslagern leben, oder eben – wie dieses Jahr – mit einer Behinderung. Der Film, der bei diesen Kindern gedreht wurde, hat mich sehr beeindruckt. Wie das gehbehinderte Mädchen sich mit Geschwistern und Mutter auf den Weg in die Schule macht und wieder zurückgetragen wird und nicht aufgibt; wie die Kinder mit geistiger Behinderung voll Freude lernen und spielen, sich ihren Weg ins Leben erobern, auch wenn manche sie nicht willkommen heißen.

Für solche Kinder seid ihr unterwegs auf unseren Straßen, bei Kälte und Nässe; auch ihr wisst oft nicht, wie ihr in den Häusern empfangen werdet – trotzdem bringt ihr das Geschenk eures Segens mit und jeden Tag die Geschenke der Menschen, die die vielen Kindern helfen, ihr Leben leichter zu machen. Dafür danken wir euch von Herzen.

Das große Wunder im Evangelium ist für mich jedoch nicht, dass die Sterndeuter aufgebrochen sind, schließlich wollten sie ja einen König finden, sondern dass sie in einem Kind in einem Stall, bei einfachen Menschen diesen König entdeckt haben. Und bereit waren umzudenken, Neues zu lernen, weiter oder tiefer zu sehen als bisher. „Mit dem Herzen sehen“ sagen wir dazu. Erkennen, dass Gott uns mitunter neue und andere Wege führt als gedacht und uns darauf einlassen – dazu braucht es viel Vertrauen in Gott, in das Leben und in uns selbst.

Die Weisen aus dem Morgenland haben das gehabt und danach gehandelt.

Herodes hatte nicht so viel Vertrauen. Er hatte Angst um seine Macht, sein Ansehen, seinen Reichtum; er hatte viel zu verlieren. Das wäre seine Motivation gewesen, sich auf den Weg zu machen.

Wenn wir auf unser Herz hören, unseren Träumen folgen, Gott Überraschendes zutrauen, können wir andere Wege einschlagen. Die Sterndeuter sind einen anderen Weg nach Hause gegangen und haben so mitgeholfen, das Kind zu retten. Das wünsche ich jeder und jedem von uns auch: Dass wir lernen, neue Wege zu gehen, andere Wege ausprobieren, wenn wir merken, der alte Weg schadet. Uns oder anderen Menschen. Gott geht diese anderen und neuen Wege mit. Dann geht auf dem langen Weg zu Gott der Glaube nicht verloren – davon bin ich überzeugt.
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Diese Predigt wird im Dank- und Abschlussgottesdienst mit Sternsinger*innen gehalten.

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