König „heruntergekommen“ – 34. Sonntag im Jahreskreis B / Christkönigssonntag

Aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 18
In jener Zeit
33b ließ Pilatus Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
34 Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt?
35 Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
36 Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.
37 Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

Autorin:
Dr. Ulrike Altlherr Dr. Ulrike Altherr, Pastoralreferentin in Herrenberg

 
Die Predigt:
König „heruntergekommen“

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Der Kunde ist König“ ist in manchen Geschäften zu lesen oder es ist die Firmenphilosophie vieler Dienstleister. Meist geht es einfach nur darum den Kunden ein gutes Gefühl zu vermitteln, um an ihr Geld zu kommen. Aber die Werbung wirkt. Wer wollte nicht gern einmal König oder Königin sein.

Ein König/eine Königin ist nach der üblichen Vorstellung reich und mächtig. Er oder sie wohnt in einem schönen Schloss, trägt prachtvolle Kleider, hat viel Geld und Macht. Eine große Dienerschar steht bereit, um jeden Wunsch zu erfüllen.

In früheren Zeiten herrschten Könige über größere oder kleinere Länder. In vordemokratischen Zeiten war ihr Wort Gesetz, ihr Wille für die Untertanen bindend. Sie führten Kriege, um ihr Gebiet zu verteidigen oder zu vergrößern. Nicht selten schreckten sie nicht vor Verbrechen zurück, um an die Macht zu kommen oder sich an der Macht zu halten.

Wir verwenden die Vorstellung vom König manches Mal auch für Jesus Christus. Ist Jesus wirklich ein König? „Ja und nein“ sagt die Bibel.

Heute haben wir im Evangelium einen Teil aus dem 18. Kapitel des Johannesevangeliums gehört. Da geht es nicht um Huldigung – die Hosanna-Rufe beim Einzug in Jerusalem und die Palmen sind schnell vergessen gewesen- , sondern die Rede vom König ist für Jesus lebensgefährlich. Er ist verhaftet worden und muss sich einem Verhör stellen, das so wissen wir aus dem Fortgang der Geschichte, zu seinem Tod am Kreuz führen wird.

Die Anklage, die Jesus vor Pilatus, den Statthalter des römischen Kaisers, gebracht hat, lautet „König der Juden“. Pilatus, eingesetzt vom römischen Kaiser Augustus, konnte es nicht zulassen, dass irgendjemand „König der Juden“ genannt werden konnte, der nicht vom Kaiser eingesetzt oder mindestens geduldet wurde. Darum ist es Pilatus darum zu tun, diese Anschuldigung bestätigt oder widerlegt zu bekommen. Jesus antwortet zunächst eher ausweichend: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Denn wäre sein Reich von dieser Welt, würden seine Diener für ihn kämpfen und nicht zulassen, dass er den Juden ausgeliefert wird. Also er ist kein König, zumindest kein üblicher.

Und Pilatus will es genauer wissen: So bist du dennoch ein König? Und jetzt bejaht Jesus die Frage, präzisiert aber gleich, was für eine Art König er ist, nämlich, dass er dazu in die Welt gekommen ist, die Wahrheit zu bezeugen. Ja er ist ein König, aber kein üblicher.

Vielleicht könnten wir ihn „König der Wahrheit“ nennen. Es geht Jesus nicht um macht in der Welt, sondern um Wahrheit, um die Wahrheit, die Gott in die Welt bringen will.

Aber ist ein König ohne Macht überhaupt ein König? Jesus wirkt vor Pilatus ziemlich heruntergekommen, ohne Zeichen weltlicher Macht, also ohne Soldaten, ohne prächtige Kleider, ohne Reichtum… Und doch ist er ein König, ein König für die Wahrheit, für alle. Wahrheit ist, das was stimmt, was keinen Einzelinteressen dient, sondern für alle gleich ist.

Wahrheit ist: jeder und jede ist Gottes Kind. Wer reich ist, ist vor Gott nicht besser als wer arm ist. Wer angesehen ist, ist vor Gott nicht besser, als wer verachtet ist und immer übersehen wird. Wer gesund ist, ist vor Gott nicht besser als wer krank ist. Wer klug und tüchtig ist, ist vor Gott nicht besser als wer nichts auf die Reihe bekommt. …

Die Wahrheit ist, Gott will Heil, Lebensmöglichkeiten und Glück für alle. Niemand darf unterdrückt oder kleingemacht werden. Wenn wir glauben, dass Jesus König ist, um die Wahrheit zu bezeugen, müssen wir aufhören mit Falschheiten und Machtmissbrauch, gerade auch in der Kirche. Vielleicht brauchen wir letztendlich gar keine Hierarchie und auf all die vielen Regelungen, wer was in der Gemeinde oder der Kirche tun oder bestimmen darf, könnten wir vermutlich auch verzichten.

Gerade Frauen werden auch heute noch in unserer Gesellschaft und Kirche zu Untertanen gemacht oder lassen sich dazu machen. Das ist nicht im Sinne Jesus.
Es ist meines Erachtens auch nicht im Sinn des Königs für die Wahrheit, dass wir in der „ersten“ Welt mit unserem Lebensstil oft auf Kosten der anderen in der Welt leben. Die Beispiele ließen sich beliebig erweitern.

Wo Jesus König ist, werden alle zu Königen und Königinnen, bekommen alle eine königliche Würde. In der Lesung aus dem Buch der Offenbarung hießt es: er hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott, seinem Vater. (Offenbarung 1,6). Damit ist Gottes Königtum heruntergekommen zu den Kleinen, zu uns.
Und auch das feiern wir am Christkönigsfest.

Das Christkönigsfest ist das jüngste der Christusfeste – es wurde 1925 eingeführt, nachdem König- und Kaiserreiche mit dem Ende des Ersten Weltkrieges untergegangen waren. Eine besondere Bedeutung gewann das Fest in den 1930er-Jahren besonders für die katholische Jugend: Der Christkönigssonntag wurde zum Bekenntnissonntag; mit Feiern und Prozessionen setzten die jungen Christen ein Zeichen gegen die Nazi-Ideologie. Denn kein weltlicher Herrscher und keine Partei kann absolute – totalitäre – Macht beanspruchen. Christus ist der wahre Herrscher der Welt, der Heil und Wahrheit in die Welt bringt.

Wenn Jesus unser König ist, brauchen wir uns nur vor ihm zu beugen, aber vor niemandem sonst, vor keiner Macht der Welt. Als Königinnen und Könige können wir stolz und aufrecht durchs Leben gehen.
Wir können dankbar sein, dass in Jesus das Königtum Gottes heruntergekommen ist, herunter bis zu uns. Amen.

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