Geduldsprobe und Heilszeichen – 33. Sonntag im Jahreskreis B

Aus dem Evangelium nach Markus, Kapitel 13
In jener Zeit sprach Jesus:
24 In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht mehr scheinen;
25 die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
26 Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen.
27 Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.
28 Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.
29 Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.
30 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.
31 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
32 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

Autorin:
C-Bettin-komprimiert-200x300Christina Bettin, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach – Süd im Bistum Aachen

 
Die Predigt:
Geduldsprobe und Heilszeichen

Liebe Leserin, lieber Leser,
sind Sie ein geduldiger Mensch? Wenn ich es recht bedenke, dann bin ich wohl eher weniger geduldig und kann nur schlecht warten.

„Fünf Minuten vor der Zeit, das ist die rechte Pünktlichkeit“ – Vielleicht kennen Sie den Spruch auch, so liegt sie mir jedenfalls im Blut, diese traditionelle deutsche Tugend der Pünktlichkeit. Als Studentin lernt man dann schnell, dass „c.t.(lat.: cum tempore)“ 15 Minuten nach der vollen Stunde ist und bedeutet, dass auch dieser Beginn noch pünktlich ist. Verabredungen mache ich persönlich aber lieber pünktlich und ich freue mich, wenn etwas mit dem Glockenschlag beginnen kann. Ein bis zwei Minuten warte ich dann noch recht geduldig und auch die 5-10 Minuten Verspätung bei der Bahn kalkuliere ich mittlerweile mit Gelassenheit ein, doch danach wird es schon schwieriger! – Andere Kulturen sind mit ihren Zeitangaben eher großzügig oder vage. Da heißt es lapidar: „Wir treffen uns nachmittags“, oder einfach: „Ich komme am Mittwoch“. Das ist eine arge Herausforderung für mein Zeitgefühl. – Ich fange schon an mich zu ärgern, wenn ich von einem Lieferanten höre: „Ihre neue Waschmaschine kommt am Donnerstag zwischen 8.00 und 13.00 Uhr“. Wann genau kommt sie? Genauer kann der Mann es natürlich nicht sagen, weil er nicht exakt disponieren kann, wie lange die anderen Auslieferungen am Vormittag dauern werden oder ob auf der Fahrtstrecke Verzögerungen eintreten. Das kann ich durchaus nachvollziehen, aber es bereitet mir den ganzen Vormittag lang eine heftige Unruhe. –

Wann genau? – Das interessiert mich schon sehr! Denn so schön manchmal Überraschungen sind, ich bereite mich auch gerne auf ein Ereignis vor und möchte nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden. „Wann genau“, das sagt auch die Bibel im Hinblick auf die Endzeit nicht. „Es werden Zeichen da sein“, das bleibt zeitlich sehr vage und ungenau.

Schon im Ersten Testament, im Buch Kohelet, lesen wir beim Prediger, dass es für alles Geschehen unter der Sonne eine bestimmte Zeit gibt. (Koh 3,1ff Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen…) Überdies hat Gott in alles seine Ewigkeit hineingelegt. Wann genau welche Zeit ist, steht auch da zwar nicht, doch dass Gott in jedem Fall immer mit dabei ist, beruhigt mich wirklich sehr. Es gibt also keine Un-zeit oder gar eine gottlose Zeit. Jede Zeit, ist Gottes Zeit! –

Viel mehr noch, seit Jesu Tod und Auferstehung, ist jede Zeit auch Heilszeit! Mit Jesu Auferstehung ist ja eine ganz neue Zeitrechnung angebrochen. Die Auferstehung ist kein einmaliges Geschehen, nur damals, sondern es ist ein Geschehen „ein für alle Mal“; uns allen zugesagt. Wir alle sind schon erlöst und mitten drin in der neuen Zeit!

Mein Ansatzpunkt diese heutige Bibelstelle aufzuschließen lautet also: Warten wir nicht nur ungeduldig auf Zeichen der Endzeit, die noch kommen sollen, sondern entdecken wir Zeichen der Heilszeit mit offenen Sinnen und Augen schon jetzt. Setzen wir sogar selber Heilszeichen, an denen andere ablesen können: „Die Menschheit ist erlöst“. Der neue Himmel und die neue Erde beginnen schon jetzt.

Heilszeichen, die ich entdecke sind vielleicht eher Kleinigkeiten, mir kommen sie aber durchaus bedeutsam vor. Aus meinen Erlebnissen und Begegnungen der vergangenen Woche möchte ich dazu benennen: Die Busfahrerin, die noch auf den heraneilenden Fahrgast wartete; eine zupackende Hand, die hilft den Kinderwagen im Bahnhof die Treppe herunter zu tragen; ein Lächeln, das ich verschenke; ein herzliches Dankeschön; das friedvolle Gesicht eines Sterbenden; eine Umarmung, die Halt gibt und von Versöhnung spricht. – Ich bin mir sicher, auch bei Ihnen finden sich entsprechend vielfältige Heilszeichen, die von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, die vom Erlöstsein der Menschheit künden.

Menschen, die in ihrem Leben davon auch ganz praktisch etwas umgesetzt haben, sind oftmals die Heiligen, die wir verehren. Morgen erinnern wir uns zum Beispiel an die Heilige Elisabeth von Thüringen. Sie war eine gläubige und fromme Frau des frühen 13. Jahrhunderts. Mich beeindruckt an ihr, dass sie neben strenger asketischer Bußpraxis, sehr entschieden eine Frau der Tat war. Sie lebte großherzig das, was sie für sich als wesentlich erkannt hatte. Ihr Einsatz für die Kranken und Armen war auf´s Engste verknüpft mit ihrem christlichen Glauben. Was sie in der Bibel über Nächsten- und Gottesliebe las, fand in ihrem Einsatz an den Menschen seinen praktischen Ausdruck. Das waren für die Menschen damals deutliche Heilszeichen und sie können es bis heute hin sein. Sie kennzeichnen die neue Zeitrechnung und wir sind eingeladen, ganz egal ob geduldig oder ungeduldig, darin aktiv mitzuwirken.

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Eine Antwort auf Geduldsprobe und Heilszeichen – 33. Sonntag im Jahreskreis B

  1. Walburga sagt:

    „29 Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.“
    Soeben habe ich gelesen, dass die Übersetzung „dass das Ende vor der Tür steht“ falsch übersetzt ist, denn im Griechischen steht das“ Ende“ nicht. Es muss heißen:“ dass
    er nahe ist vor den Türen!“ gemeint ist der „Sommer“ nicht das Ende. Es soll ein Hofnungszeichen sein. Dann ist die Predigt viel besser zu verstehen. Die kleinen Heilszeichen entsprechen den Blätzern am Feigenbaum.

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